Noble House 02 - Gai-Jin
falschen Gefühl von Sicherheit gewiegt.
»Da, Ogama-sama, sehen Sie, Sie sind schon verlockt. Wer ist in dem Rat? Als ob es eine Rolle spielen würde, was man Ihnen sagt. Sie wären einer gegen die von ihnen Ernannten, genau wie Sanjiro. Der kaiserliche Großkanzler Wakura und seinesgleichen würden die Übermacht haben und regieren.«
»Wir würden nicht zustimmen. Ich würde n…«
»Ich bedaure sehr, Sie würden zustimmen – sie könnten Ihnen große Ehren anbieten, um Sie in Versuchung zu führen. Die größte Versuchung wäre, daß sie so tun würden, als wollten sie das Toranaga-Shōgunat durch das Zehnerrats-Shōgunat ersetzen! Natürlich würde man mir keinen Platz im kaiserlichen Rat anbieten und auch keinem anderen Toranaga, bis auf Nobusada, und der gehört ihnen schon wegen dieser Prinzessin, vor der ich immer gewarnt habe.« Wütend spie Yoshi aus. »Anjo ist der erste Schritt.«
Je mehr die beiden Männer über die Auswirkungen nachdachten, desto besser konnten sie die Widerhaken der zahllosen vor ihnen liegenden Fallen erkennen. Ogama sagte heiser: »Die Festlichkeiten würden Wochen oder noch länger dauern – wir wären gezwungen, an zahllosen Banketten teilzunehmen. Man könnte langsam wirkende Gifte einschmuggeln.«
Yoshi erschauerte. Sein ganzes Leben lang hatte er tiefe Angst davor gehabt, vergiftet zu werden, denn ein Lieblingsonkel von ihm war unter großen Schmerzen gestorben. Zwar hatte der Arzt von ›natürlichen Ursachen‹ gesprochen, aber der Onkel war ein Stachel im Fleisch eines feindlichen Bakufu gewesen, und sein Tod kam diesem sehr gelegen. Vielleicht vergiftet, vielleicht auch nicht. Und dann der Tod des vorigen Shōgun in dem Jahr, in dem Perry wiederkam, an einem Tag noch gesund, am nächsten tot, wieder so bequem für den allmächtigen taikō Ii, der ihn haßte und an seiner Stelle eine Marionette – Nobusada – wollte.
Gerüchte, niemals Beweise, aber Gift war eine alte Kunst in Nippon und China, und Yoshi hatte dafür gesorgt, daß seine Köche vertrauenswürdig waren. Doch das beseitigte die Panik nicht, die ihn hin und wieder ergriff.
Abrupt ballte Ogama eine Hand zur Faust. »Anjo taikō! Ich kann es nicht glauben.«
»Ich auch nicht.« Als Yoshi den Boten geschickt hatte, um dieses Geheimtreffen zu vereinbaren, hatte er an die Ironie des Schicksals gedacht, daß er und Ogama jetzt wirklich zusammenarbeiten mußten, wenn sie überleben wollten. Allein konnten sie nicht länger überleben. Zumindest nicht für den Augenblick.
»Wie verhindern wir das? Ich sehe, daß sie mich in Versuchung führen könnten.« Angewidert spuckte Ogama auf die Tatami-Matte.
»Sie können jeden in Versuchung führen, Ogama-donno.«
»Sie sind wie Wolfs-Kamis, das kann ich verstehen. Wir sitzen in der Falle. Wenn die Göttlichkeit uns einlädt, werden Seine schmutzigen Günstlinge uns zerstören. Lassen Sie uns die zusammenrufen, von denen Sie sprachen… Ich werde nach Basuhiro schicken, er hat einen Verstand wie eine Schlange!«
»Wir sitzen nur dann in der Falle, wenn wir die Einladung morgen annehmen. Ich schlage vor, daß wir beide heute nacht heimlich Kyōto verlassen. Wenn wir nicht hier sind… eh?«
Ogamas plötzliches Lächeln war selig, aber es verging auch ebenso schnell wieder. Yoshi verstand den Grund und sagte: »Ein solcher Schritt erfordert großes Vertrauen zwischen uns.«
»Ja, ja, das würde er. Was schlagen Sie vor, um uns vor irgendwelchen Fehlern zu schützen?«
»Ich kann nicht alle Alternativen abdecken, aber einstweilen dies: Wir beide verlassen heute nacht heimlich Kyōto und einigen uns darauf, mindestens zwanzig Tage wegzubleiben. Ich werde sofort nach Edo gehen und mit Anjo verhandeln oder ihn neutralisieren und dortbleiben, bis das erledigt ist. General Akeda wird wie üblich verantwortlich sein, und er wird sagen, daß ich plötzlich in meine Erbburg zurückkehren mußte, ein Krankheitsfall in der Familie, daß ich aber bald zurückerwartet werde. Sie gehen nach Fujimi und verbringen die Nacht dort. Morgen bei Sonnenuntergang, wenn die Einladung Sie nicht erreicht hat – denn keiner, nicht einmal Basuhiro, weiß, wo Sie sind, ja?«
»Zu gefährlich, es ihm nicht zu sagen. Aber fahren Sie fort.«
»Das überlasse ich Ihnen, aber morgen bei Sonnenuntergang schicken Sie eine Botschaft an Prinz Fujitaka und laden ihn zu einem privaten Treffen am nächsten Morgen ein, sagen wir bei den Monoyama-Ruinen« – einem beliebten Ausflugsziel der
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