Noble House 02 - Gai-Jin
gegen das Shōgunat siegen würden.
»Würden Sie sich auch mit seinen Eiern zufriedengeben?« fragte er und legte den Plan dar, an dem er seit Monaten getüftelt hatte.
Ogama begann zu lachen.
Die Kolonne der abgelösten Wachen trottete in Viererreihe heimwärts, Yoshi noch immer als Fußsoldat verkleidet unter ihnen. Obwohl sie vorher warnend aufgefordert worden waren, ihn als solchen zu behandeln, fiel es ihnen doch schwer, ihm keine heimlichen Seitenblicke zuzuwerfen oder sich zu entschuldigen, wenn sie ihm zu nahe kamen. Einer der Soldaten war ein Shishi-Informant namens Wataki, hatte aber keine Gelegenheit gehabt, diese einzigartige Chance für einen Hinterhalt vorher zu verraten.
Yoshi war müde, aber zufrieden. Schließlich hatte Ogama allem zugestimmt, so daß er nun Kyōto verlassen konnte, weil sich die Tore in den Händen des Shōgunats befanden und das Shōgunat selbst ebenfalls sicher war.
Für eine Weile – lange genug, dachte er. Mein Einsatz ist hoch und mein Plan voller Löcher, die Ogama Sorgen machen werden, wenn er sie bemerkt. Es spielt keine Rolle, gewiß hat er ohnehin vor, mich zu betrügen. Macht nichts, das war das Beste, was ich tun konnte, und sollte funktionieren. Unmöglich, daß ich die Einladung annehme.
Das Wetter hatte sich jetzt gebessert, aber Yoshi bemerkte das kaum, so beschäftigt war er mit den Einzelheiten seiner Abreise sowie der Frage, wem er davon erzählen sollte, was er bezüglich Koikos und General Akedas unternehmen sollte, wen er mitnehmen sollte und ob er rechtzeitig ankommen würde, um den Schaden in Edo möglichst gering zu halten.
Zuerst ein Bad und eine Massage, danach die Entscheidungen…
Sein Blick konzentrierte sich, und er wurde sich plötzlich der Straßen bewußt, der Fußgänger und Pferde und kagas und Sänften, der Häuser und Hütten und Stände und Kinder und Fischverkäufer und Hausierer und Wahrsager und Schreiber. Es war eine völlig neue Erfahrung für ihn, einer von vielen zu sein, und er begann, diese völlig andere Perspektive zu genießen. Bald nahm er mit offenem Mund wie ein Junge vom Lande die Bilder, Geräusche und Gerüche der Stadt wahr, die er nie zuvor bemerkt hatte, wollte stehenbleiben, wollte sich unter die Menge mischen, um zu erfahren, was die Menschen dachten und taten und wo sie schliefen. »Soldat«, flüsterte er dem jungen Mann neben ihm zu. »Wohin gehst du, wenn du keinen Dienst hast?«
»Ich, Herr?« stammelte der Mann und ließ beinahe den Speer fallen, entsetzt, vom Höchsten angesprochen zu werden. Am liebsten wäre er sofort auf die Knie gefallen. »Ich, ich… gehe und trinke, Herr…«
»Sag nicht ›Herr‹ zu mir«, zischte Yoshi, verblüfft über die plötzliche Verwirrung, die seine Frage bei allen ausgelöst hatte, die in der Nähe waren; einige kamen aus dem Tritt und hätten beinahe die Reihen durcheinandergebracht. »Benehmt euch normal – schaut mich nicht an! Ihr alle!«
Der Soldat entschuldigte sich, und die Männer in der Nähe versuchten zu tun, was er befohlen hatte, doch es war ihnen fast unmöglich, nachdem ihr Herr Yoshi nun den Bann der Unsichtbarkeit gebrochen hatte. Der Feldwebel sah sich um und kam ängstlich zurück: »Alles in Ordnung, Herr? Sind al…«
»Ja, ja, Feldwebel. Kehren Sie an Ihren Posten zurück!«
Automatisch verneigte der Feldwebel sich und gehorchte, und die Soldaten fielen wieder in Tritt und gingen weiter – ihre Kasernen waren nur noch hundert Meter entfernt. Zu Yoshis Erleichterung blieb diese geringfügige Verwirrung von der Menge am Straßenrand, die sich verbeugt hatte, als die Kolonne vorbeizog, unbemerkt.
Nur zwei Männer weiter unten in der Straße hatten sie gesehen: der Shishi auf seinem Posten und seine Ablösung, Rushan, ein junger Tosa-Ronin, der in diesem Augenblick an dem konspirativen Straßenstand angekommen war. »Bin ich betrunken, Rushan? Ein Feldwebel, der sich vor einem Fußsoldaten verneigt? Ein Feldwebel?«
»Ich hab’s auch gesehen, Izuru«, flüsterte der andere. »Schau dir den Soldaten an. Da, jetzt kannst du ihn sehen, den großen ziemlich weit hinten, schau, wie er seinen Speer trägt. Er ist nicht daran gewöhnt.«
»Richtig, aber… Aber was soll das, he?«
»Schau, wie die anderen ihn beobachten, ohne hinzusehen!«
Mit wachsender Erregung sahen sie sich den Soldaten genau an, als die Kolonne näher kam. Obwohl die Waffen des Soldaten, seine Uniform und alles andere wie bei allen anderen waren, war ein großer Unterschied
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