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Noble House 02 - Gai-Jin

Noble House 02 - Gai-Jin

Titel: Noble House 02 - Gai-Jin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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die Nacht kalt, und ein leichter Wind ließ die Blätter rascheln. Er grub schnell, trug Schaufeln voll Erde in die Leichenhalle und streute sie auf und um die Leiche und drückte sie fest. Die Lücken füllte er mit einigen Zweigen. Dann hob er zufrieden den Deckel auf den Sarg und nagelte ihn fest. Schwer atmend, verschwitzt, schmutzig und noch besorgter als zu Beginn, lehnte er sich dann gegen den Sarg. Skye hat recht, dachte er, während er sich in einem Eimer die Hände wusch. Wir werden niemals damit durchkommen.
    »Sie sind übergeschnappt, Doc«, hatte Skye mit seinem keuchenden Husten gesagt, »genau wie die Dame und ich, daß wir das mitmachen. Wee Willie wird Zustände kriegen, aber machen Sie sich nichts daraus, morgen abend ist es vorbei.«
    Das war vor ein paar Stunden im Club gewesen, wo es wie immer laut und streitlustig zuging. »Trinken Sie noch einen Whisky.«
    »Danke, ich nehme einen Kaffee, und dann sollte ich mich auf den Weg machen.«
    »Ihre Geschichte hat mich an Nellie erinnert, Doc. Ich hab sie geheiratet, als ich Rechtsreferendar war, mit Sechzehn. Sie war fünfzehn. Zumindest taten wir so, als wären wir verheiratet, und lebten in einer Dachkammer in der Nähe der Fleet Street. Sie starb im Kindbett, und das Balg, es wäre ein Junge gewesen, starb auch.« Er bot Hoag eine Zigarre an und zündete sich selbst eine an. »Ein Armengrab, für ein paar Pence an den nächtlichen Karrenführer. Man sollte seine Toten herausbringen, und die beiden waren die letzten. Die Cholera war schlimm in dem Jahr, die Ruhr auch, und die Friedhöfe waren überfüllt.« Skye spuckte in den Spucknapf. »Habe seit Jahren nicht mehr an die kleine Nellie gedacht. Waren Sie je verheiratet, Doc?«
    »Ja, einmal. Sie starb ebenfalls in London.«
    »Noch so ein Zufall, nicht? Nach Nellie hatte ich nie wieder Lust zu heiraten – hab mir geschworen, daß ich nie wieder so arm sein würde, komme, was da wolle –, war immer unterwegs, bin viel gereist. Ich hatte eine Menge Mädchen, aber ich habe nie die Pocken bekommen. Und Sie, Doc?«
    »Ich auch nicht.« Hoag kreuzte die Finger. »Noch nicht.«
    »He, sind Sie auch so abergläubisch wie ich?«
    »Ja. Sind Sie sicher, daß wir in dieser Sache nicht gegen das Gesetz verstoßen?«
    »So sicher, wie man nur sein kann, so sicher wie Scheiße – aber wenn Wee Willie will, kann er ein Dutzend Anschuldigungen erheben, keine Angst. Hören Sie, was auch passiert, Tess Struan wird außer sich sein, und das bedeutet, daß Sie Ihr Gehalt los sind und ganz schön in der Klemme sitzen.«
    »Nein. Ich kehre nach Indien zurück…«
    Seltsam, wie Schlechtes zu Gutem führt oder Gutes zu Schlechtem. All das hat mich wirklich zu einem Entschluß gebracht. Diesmal kehre ich tatsächlich zurück, zurück nach Cooch Behar in Bengalen, wo ich stationiert war und woher sie stammte. Ich werde ihre Familie suchen, und… und dann werden wir sehen. Ich habe genug Geld, und ich habe noch ein paar Jahre, unser Sohn und unsere Tochter sind jetzt erwachsen, gehören zur Londoner Gesellschaft, so gut erzogen und versorgt, wie ich es mir leisten konnte. Meine Schwester und ihr Mann sind ihre eigentlichen Eltern – beide waschechte Engländer.
    Ich bin ein guter Arzt, und Gott weiß, daß sie Ärzte brauchen in Indien, sogar schlechte, also wer weiß, vielleicht gibt es auch für mich ein bißchen Glück… obwohl ich das nicht mal erwarte, nur ein bißchen Frieden nach den grauenhaften Schuldgefühlen, sie umgebracht zu haben.
    Müde betrachtete er jetzt die beiden Särge. Ein letzter Blick, um sich zu vergewissern, daß alles war, wie es sein sollte. Dann nahm er die Öllampe, ging hinaus und verriegelte hinter sich die Tür.
    Der Mond warf einen Schatten durch die offenen Fenster. Lautlos bewegte sich ein anderer Schatten. Sergeant Towrey spähte in die Leichenhalle. Er war verwirrt. Warum kam Doc Hoag mitten in der Nacht, und warum schaufelte er im Garten herum wie ein mieser Grabräuber, um den Sarg des toten Eingeborenen mit Erde vollzupacken?
    Sei nicht so neugierig, Junge, aber ich lasse mir nichts vormachen, nicht, wenn ich verantwortlich bin. Morgen werde ich mir die Sache ansehen, bevor der gute Doktor aufwacht und bevor Gottvater Pallidar zur Inspektion kommt. Soll er die Antwort darauf finden.

48
    Freitag, 14. Dezember
    »Nun, Dr. Hoag?« sagte Pallidar eisig.
    Hoag, der herbeizitiert worden war, saß auf der Kante eines Stuhls, verlegen und blaß. Pallidar, mit steifem Rücken und in

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