Noble House 02 - Gai-Jin
Sie haben nach mir geschickt, Sire?«
»Ich möchte, daß Sie Katsumata finden, nach Möglichkeit«, hatte er gesagt. »Haben Sie den Ronin-Verräter beseitigt, der für die Gai-Jin arbeitet, wie ich befohlen habe? Wie hieß er noch? Ori Ryoma, ein Satsuma, ja, das ist er.«
»Der Mann ist tot, Sire, aber es sieht so aus, als sei nicht er der Verräter gewesen. Vor ein paar Wochen ist Ori von den Gai-Jin getötet worden. Sie erschossen ihn, als er versuchte, in eines ihrer Häuser einzubrechen. Der Mann, der die Gai-Jin mit Informationen versorgt, und zwar noch immer, ist ein Ronin aus Choshu namens Hiraga.«
Yoshi war verblüfft gewesen. »Ausgerechnet er? Der Shishi, der die Mörder von Utani anführte?«
»Ja, Sire. Für den Augenblick kann ich ihn nicht beseitigen, er steht unter dem Schutz des Obersten Engländers und hält sich in der Nähe ihres Gebäudes auf. Ich habe einen Spion im Dorf und kann Ihnen in ein paar Tagen mehr sagen.«
»Gut. Was noch? All dieses Gerede über Krieg?«
»Ich hoffe, in ein paar Tagen mehr zu wissen.«
»Kommen Sie wieder, wenn Sie wichtige Neuigkeiten haben«, hatte Yoshi kurz angebunden gesagt und ihn entlassen.
Inejin wird mich nicht im Stich lassen, hatte er später gedacht und bereut, daß er so ungeduldig gewesen war. Spione müssen gehätschelt werden wie niemand sonst… von ihnen hängt deine Bewegungsfähigkeit ab… Ach, Sun-tzu, was warst du für ein Genie – aber selbst meine genaue Kenntnis deiner Regeln sagt mir nicht, was ich mit den Gai-Jin machen soll, mit diesem dummen Jungen und meiner Erzfeindin, der Prinzessin Yazu – beide laben sich noch immer an dem honigsüßen Schleim, den ihnen Speichellecker servieren, die diesem Hund gehorchen, dem Fürst Berater. Was würdest du tun, um die Feinde zu vernichten, die mich umgeben? Anjo, die Ältesten, der Hof, Ogama, Sanjiro – die Liste ist endlos. Und über ihnen allen die Gai-Jin.
Dann hatte er sich an die Einladung erinnert, an Bord des Furansu-Kriegsschiffes zu gehen. Das Kohlengeschäft, das seine Gattin Hisako zusammen mit der Gyokoyama und dem Gai-Jin-Prospektor in Gang gebracht hatte, machte es ihm leicht, Misamoto zu schicken, seinen angeblichen Samurai, den Fischer-Dolmetscher, um die Vereinbarung zu treffen. Dies war gestern geschehen.
Er hatte sich in einer Galeere aus Edo davongestohlen, zu einem heimlichen Treffen auf See, außer Sicht der Küste – mit Abeh, zwanzig Wachen und Misamoto. Die Erfahrung war höchst eindrucksvoll gewesen: Größe und Kraft der Schiffsmaschinen und Kanonen waren unglaublich, ebenso die Menge von Pulver und Munition und transportierter Kohle und die Geschichten, die sie erzählten, Lügen oder Wahrheiten, das wußte er nicht, über das Ausmaß ihres Furansu-Reiches, seinen Reichtum und seine Macht, die weiten Reisen, die ein solches Schiff machen konnte, die Anzahl von Kriegsschiffen und Kanonen und die Größe ihrer Armeen, wie sie sie nannten. Misamoto dolmetschte, zusammen mit dem Dolmetscher, der sich selbst Andreh Furansu-san nannte, und obwohl sie ihre eigene Sprache hatten, wurde bei diesem Zusammentreffen größtenteils Englisch gesprochen.
Eine Menge von dem, was ihm gesagt wurde, hatte Yoshi nicht verstanden. Die benutzten Worte waren fremdartig, und viel Zeit wurde damit verbracht, Meilen und Yards und Pulver und Pech und Kolben, Schaufelraddampfer gegen Schraubenkraft, Verschlußböcke und Steinschlösser, Fabriken und Feuerkraft zu erklären.
Dennoch war alles erhellend, und gewisse Informationsbrocken waren von großer Bedeutung: die entscheidend wichtige Notwendigkeit der Kohleversorgung und sicherer Häfen, ohne die Dampfkriegsschiffe nutzlose Schiffskörper waren. Und zweitens, wie er bei dem Treffen mit den Gai-Jin in der Burg von Edo miterlebt hatte und kaum in diesem Maße hatte glauben können, rief jede Erwähnung der englischen Gai-Jin auf den Gesichtern der Furansu-Gai-Jin einen verächtlichen Ausdruck hervor. Sie zögerten nicht, das Ausmaß ihres Hasses zu zeigen.
Das entzückte ihn und bestätigte das, was Misamoto zuvor gesagt hatte, daß nämlich die Engländer von fast jeder anderen Nation auf der Erde gehaßt wurden, weil sie das größte Imperium hatten, die größten, modernsten Flotten sowie die stärksten, diszipliniertesten und bestbewaffneten Armeen besaßen. Zudem erfreuten sie sich großer Gewinne, da sie die meisten Güter der Welt produzierten, und, was das Beste von allem war, sie hatten eine uneinnehmbare Insel,
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