Noble House 02 - Gai-Jin
gehabt, jetzt waren sie geradezu erstarrt. Auf der Reise hatte er sich selbst und sein Gefolge angetrieben, nur ein paar Stunden geschlafen, wutentbrannt bei jeder Verzögerung, unzufrieden mit den Gasthäusern, den Bädern, dem Essen, der Bedienung und der Zukunft. Alle wußten, daß es nur die Enttäuschung und der Kummer über den Tod der geliebten Koiko war.
Hauptmann Abeh hatte ihre Verbrennung und die von Sumomo arrangiert, und alle wußten, daß eine so tapfere Kämpferin die höfliche Verneigung des Siegers vor dem Feuer verdient hätte – vor allem, da die Kämpferin Shishi war und eine Frau, die bald Gegenstand von Liedern und Legenden sein würde, ebenso wie der Schlag, der sie in zwei Teile geschnitten hatte. Und auch Koiko, die Lilie, die sich selbst dem ersten Shuriken in den Weg geworfen und so das Leben ihres Herrn gerettet hatte, der ihr dann das Geschenk der Schmerzlosigkeit machte.
Doch Yoshi, Vormund des Erben, hatte kalt ihr Todesgedicht gesprochen:
Aus dem Nichts in das Nichts,
Ein Leichnam ist ein Leichnam
Und nichts –
Meiner, deiner, selbst ihrer.
Haben sie existiert? Existieren wir?
Unter Peitschenhieben weiter, zur Burg. Dort noch immer keine Ruhe, die Burg und Edo und ganz Kwanto in Aufruhr über die Kriegsvorbereitungen der Gai-Jin – ausgelöst durch das Ultimatum des taikō.
»Die Reaktion der Gai-Jin war abzusehen«, hatte Yoshi beim Treffen der Ältesten gesagt, das er sofort einberufen hatte, und um Anjo eine Möglichkeit zu geben, sich aus der Schlinge zu ziehen, hatte er hinzugefügt: »Sie waren schlecht beraten – trennen Sie sich von dem Narren, der diesen Kurs vorschlug und den Brief entwarf.«
»Der Kaiser und der Shōgun haben befohlen, alle Gai-Jin auszuweisen«, hatte Anjo zornig erwidert.
»Befohlen? Das Shōgunat befiehlt, nicht ein minderjähriger Junge, der die Worte ausspricht, die ihm das Shōgunat in den Mund legt – oder der Kaiser, der uns nur ersuchen kann!«
»Als taikō hielt ich das Ultimatum für notwendig.«
»Und ich frage nochmals, was schlagen Sie vor, was sollen wir tun, wenn sie hier gegen uns antreten?«
»Das werden sie nicht, wir greifen als erste an«, hatte Anjo gesagt. Dann war er zusammengezuckt, als ihn ein Schmerz durchbohrte, und hatte sich die Seite gehalten. »Wir haben sie eingekreist, Yokohama ist wie ein toter Fisch, der auf das Ausweiden wartet. Unsere Streitmacht ist fast bereit.«
»Und ihre Flotte?« hatte er gefragt, wütend, daß all seine Ratschläge mißachtet worden waren und sie wieder einmal in einer selbstgestellten Falle saßen. Es hatte keinen Sinn, Anjo und die anderen, die demütig zugestimmt hatten, an den Plan zu erinnern, den er mit größter Genauigkeit ausgearbeitet hatte, um Zeit zu gewinnen, damit das Shōgunat Kraft sammeln und sich eingehender mit dem lebenswichtigen, drängenden Problem befassen konnte, wie zum Beispiel die feindliche Koalition von Tosa, Choshu und Satsuma, die das Shōgunat zerstören würde, wenn man sie nicht zerschlug.
»Zuerst überraschen wir Yokohama und brennen es nieder, das habe ich schon vor Monaten vorgeschlagen«, hatte Toyama gesagt, vor Erregung zitternd. »Wir verbrennen sie!«
»Und wie versenken Sie die Flotte?« hatte Yoshi höhnisch gefragt. Er hatte Anjos Schmerzen bemerkt und mußte an seinen Pakt mit Ogama von Choshu denken, der rasch ins Werk gesetzt werden mußte, um diesen Feind aus dem Gleichgewicht zu bringen und zu neutralisieren.
Wild hatte Toyama behauptet: »Die Götter werden ihre Schiffe versenken, Yoshi-donno, wie sie es gegen Kublai Khan und seine Mongolen getan haben. Dies ist das Land der Götter, sie werden uns nicht im Stich lassen.«
»Und falls die Götter abwesend sind oder schlafen«, hatte Anjo gesagt, »werden wir Feuerschiffe aussenden – Hunderte davon sind bereits im Bau, Hunderte. Wenn der Feind durch diese Barriere bricht, um Edo zu bombardieren, werden nur Bauern, Händler, Handwerker und schmarotzerische Kaufleute sterben, unsere Legionen werden intakt bleiben.«
»Ja, sie werden intakt bleiben«, hatte Toyama fröhlich gegluckst.
Und Anjo war eilig fortgefahren: »Wenn Yokohama erst nicht mehr existiert, muß die Flotte der Gai-Jin absegeln, weil sie keine Basis mehr hat, wo sie sich neu gruppieren kann. Sie muß weit fort segeln, zu ihren Kolonien in China, weil sie hier keine sichere Stellung mehr hat. Falls sie zurückkommt, werden wir…«
»Wenn sie zurückkommt«, hatte Yoshi gesagt.
»Nun gut, Yoshi-donno, wenn
Weitere Kostenlose Bücher