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Noch einmal leben

Noch einmal leben

Titel: Noch einmal leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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Weg suchte, durch sie direkt mit Tandy zu sprechen. Natürlich war es ein unerhörter Bruch der Etikette, direkt mit dem Fremdbewußtsein einer Person Kontakt aufnehmen zu wollen. Man verkehrte mit den Lebenden und nicht mit denen, die in einem Verstand zu Gast waren. Stig Hollenbeck konnte nicht ernsthaft vorhaben, einen derartigen fauxpas zu begehen. Und trotzdem drängte alles in ihm danach, Risa in seine Arme zu nehmen und statt ihrer eine Tandy wiederzufinden.
    „Ich habe sie sehr geliebt“, sagte er nach einer Weile. „Ich glaube, sie hat das nicht gewußt. Wir gaben uns immer so ausgesprochen lässig, wie man sich in unseren Kreisen eben bewegt. Ich hätte gern ein Kind von ihr gehabt. Ich hätte auch gern mein Leben an ihrer Seite verbracht. Aber ich habe mir nie etwas anmerken lassen, und so war das Bett alles, was wir jemals miteinander geteilt haben. Das bedaure ich sehr.“
    „Würde es sich dumm anhören, wenn ich Ihnen jetzt sagte, daß Tandy sich Ihrer Gefühle bewußter war, als Sie dachten?“, fragte Risa.
    Stig Hollenbeck lächelte matt, aber er schien nicht überzeugt zu sein.
    Sie rührten den Rest der Mahlzeit kaum an. Später schlenderten die beiden im restauranteigenen Park. Beide schwiegen. Die indirekte Konversation zwischen Stig und Tandy hatte Risa ausgelaugt und stumpf zurückgelassen. Zur Zufriedenheit von ihr und ihrem Fremdbewußtsein war Risa zumindest eines klar geworden: falls Tandy wirklich durch fremdes Verschulden ums Leben gekommen war, hatte Stig Hollenbeck nichts damit zu tun.
    Als sie am Flughafen aus seinem Gleiter ausstiegen, sagte er zu Risa: „Ich wünschte, ich hätte Ihnen mehr helfen können.“
    „Sie haben uns sehr geholfen. Wir sind Ihnen beide zu Dank verpflichtet.“
    „Wo wollen Sie jetzt weitermachen?“
    „Bei Claude“, sagte Risa. „Wir wußten nicht, mit wem Tandy zum Schluß zusammen gewesen ist, verstehen Sie? Doch jetzt sehen wir schon viel klarer. Wissen Sie zufällig, wo wir ihn finden können? Mittlerweile dürfte er ja den Schock überwunden haben und bereit sein, über den Unfall zu reden.“
    Stig zuckte zusammen. Er reagierte fast so heftig wie gestern, als Risa ihm erklärt hatte, daß sie Tandys Bewußtsein besitze.
    „Wissen Sie es etwa nicht?“
    „Was denn?“
    „Claude ist auch tot. Er starb im Dezember, als er nachts vor Australien im Großen Barriere-Riff schwamm. Er wird Ihnen nichts mehr sagen können, gar nichts mehr. Außer Sie befragen sein aufgezeichnetes Bewußtsein, wo immer es sich im Moment auch befinden mag.“

 
9
     
    Mit deutlich erzwungener Freundlichkeit sagte Francesco Santoliquido: „Wie schön, Sie wiederzusehen, John. Ich freue mich immer, wenn Sie einmal hereinschauen.“
    Roditis nahm die ausgestreckte Hand. Sie war weich und warm, und wenn auch nicht eigentlich erschlafft, so doch die Hand von jemandem, der Luxus und Komfort nicht verschmähte. Auch die Einrichtung in seinem Büro wies nicht daraufhin, daß Santoliquido spartanisch lebte.
    „Einen Drink?“
    „Gerne, Frank.“
    Beide preßten die Spitze einer Ultraschallampulle an ihre Arme. Santoliquido strahlte. „Du siehst gut aus, John. Bist wohl immer noch ganz versessen auf dein Fitness-Training, was?“
    „Ich habe nur diesen Körper zur Verfügung“, sagte Roditis. „Daher respektiere ich ihn auch.“
    „Natürlich.“ Plötzlich drückte der Blick des Direktors Vorsicht aus. Roditis vermutete, daß der ältere Mann Angst vor ihm hatte, und das gefiel ihm, weil Santoliquido eine so bedeutende Persönlichkeit in dieser Welt war, eine ungeheuer bedeutende sogar. Er fragte sich, was Elena dem Direktor des Scheffing-Instituts von ihm erzählt hatte, und was Santoliquido wohl geantwortet hatte.
    „Die Statue wirkt doch jedesmal wieder faszinierend“, sagte Roditis.
    „Kozaks Werk? Ja, es ist wirklich ein Meisterstück.“ Santoliquido kicherte. „Glauben Sie ja nicht, ich hätte vergessen, daß Anton Kozak hinter ihren Augen steckt. Hat er Sie denn schon einmal dazu gebracht, sich selbst an einer Schallskulptur zu versuchen?“
    „Er drängt mich“, sagte Roditis. „Aber ich kenne meine Grenzen.“
    „So spricht ein weiser Mann.“
    „Ich besitze einfach nicht Kozaks Begabung. Daher möchte ich seinen Namen nicht verunglimpfen, indem ich auf Bildhauer mache. Sein Geist kann meine Hände schließlich nicht führen.“
    „Natürlich nicht“, räumte Santoliquido ein.
    „Er freut sich, dieses Stück wiederzusehen. Anton sagt mir, es

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