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Noch einmal leben

Noch einmal leben

Titel: Noch einmal leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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wäre eines seiner Lieblingswerke. Er war ein begnadeter Künstler, Frank. Ich lobe mich selbst immer wieder dafür, ihn genommen zu haben. Wissen Sie, ein Mann wie ich, ein Mann des Geldes, hat nicht viele Gelegenheiten, die Ästhetik und Schönheit würdigen zu lernen. Kozak hat mir das beigebracht. Heute weiß ich, was der Begriff Bildkomposition bedeutet, was Harmonie und Symmetrie der Form heißt. Das hat mich reicher gemacht.“
    „Das ist ja auch Sinn und Zweck des Scheffing-Prozesses“, sagte Santoliquido salbungsvoll. „Den Horizont des Trägers zu erweitern und zu vergrößern. Ganz zweifellos hat Anton Kozak den Horizont Ihres ästhetischen Auges erweitert. Aber sagen Sie mir doch, John, wie kommt es Kozak denn vor, die Welt durch die Augen eines Milliardärs zu sehen?“
    „Ich glaube, es bereitet ihm Vergnügen. Beklagt hat er sich jedenfalls noch nie. Er hatte sich in seinem Leben viel zu einseitig mit Schöngeistern umgeben. Jetzt entdeckt er eine andere Facette der Wirklichkeit. Ich bin sicher, wenn er seine nächste Transplantation bekommt, wird er versuchen, etwas von seinem neuerworbenen Wissen künstlerisch zum Ausdruck zu bringen. Das heißt natürlich, falls er soviel Glück hat und von einem mit hinreichender Begabung zur Erschaffung von Schallskulpturen genommen wird.“
    „Das liegt aber noch weit in der Zukunft“, sagte der Direktor nervös. „Sie sehen doch noch sehr gesund aus, John. Und es wird noch lange Zeit dauern, bis Sie oder Ihr Fremdbewußtsein auf eine Wiedergeburt warten müssen, da bin ich mir ziemlich sicher.“
    „Das will ich hoffen.“
    „Und Walsh? Der alte Elio? Wie gedeiht er denn so?“
    „O, ganz gut“, sagte Roditis. „Wir sind eigentlich geistesverwandt. Er hat ein Netz von Energie-Transmissionsstationen gebaut, ich habe das gleiche mit einer anderen Energieform getan. Er hält seinen gegenwärtigen Aufenthaltsort für recht lohnend. Und ich halte Elio für unentbehrlich.“ Roditis lächelte. Er behielt das Lächeln mit Absicht eine Spur zu lange auf den Lippen. Dann sagte er: „Ich glaube, Sie wissen sehr gut, daß ich nicht hier sitze, um mich mit Ihnen über die bereits in meinem Besitz befindlichen Fremdidentitäten zu unterhalten.“
    „Natürlich.“
    „Sie wissen also, warum ich hier bin?“
    „Sicher.“
    „Soll ich es sagen, oder wollen Sie?“
    „Paul Kaufmann“, sagte Santoliquido, „nicht wahr?“
    „Jawohl. Der alte Mann ist nun schon seit Jahresbeginn tot. Und mittlerweile haben wir fast Mai. Es gibt keinen Grund, ihn noch länger im Depot belassen zu wollen, oder?“
    „Wir stehen kurz vor der Entscheidung, John.“
    „Diese Phrase höre ich nun schon seit Wochen. Ich würde doch gerne wissen, wie lange Sie noch im Stadium des kurz-vor-der-Entscheidung-Stehens verbleiben wollen?“
    „Wir bemühen uns ernsthaft, John“, sagte Santoliquido.
    „Wohl von hinten durch die Knie ins Auge?“
    „John, Sie übersehen die ganze Komplexität dieser Angelegenheit. Wir haben es hier mit dem Bewußtsein eines der mächtigsten Männer der Welt zu tun, vielleicht des mächtigsten Mannes seiner Zeit. Paul Kaufmann besaß eine einzigartig kraftvolle Persönlichkeit, er war ein Mann von ungeheurem Reichtum und den einflußreichsten familiären Verbindungen. Es dauert halt seine Zeit, die Bewerber für seinen Geist gegeneinander abzuwägen. Unsere Entscheidung kann weitreichende Konsequenzen haben.“
    „Wie viele Bewerber gibt es denn?“ fragte Roditis.
    „Hunderte.“
    „Und wie viele von ihnen sind bei Licht betrachtet in der Lage, mit solch einem mächtigen Bewußtsein fertig zu werden?“
    „Etliche“, sagte Santoliquido.
    Augenblicklich war Roditis klar, daß der Direktor log. Aber er wagte nicht, Santoliquido jetzt darauf festzunageln. Offensichtlich hatten Elenas Dienste bislang noch nichts gefruchtet. Santoliquido weigerte sich immer noch, ihm das Paul-Kaufmann-Bewußtsein auszuhändigen.
    Roditis sagte: „Ich bin nicht hierher gekommen, um Sie unter Druck zu setzen. Aber ich bin der Meinung, daß es Ihre Pflicht ist, Paul Kaufmann der Welt wiederzugeben, und ich biete mich als Träger seines Bewußtseins an. Im Lauf der Zeit wird er sich mit den veränderten Geschäftspraktiken nicht mehr zurechtfinden, das ist Ihnen doch sicher klar. Wenn wir die Welt für ihn unverständlich werden lassen, haben wir seine Fähigkeiten zum Fenster hinausgeworfen.“
    „Halten Sie sich denn wirklich für den adäquaten Träger,

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