Noch einmal mit viel Gefuehl
dicken Wände schienen sich um sie zusammenzuziehen.
Am liebsten wäre Angelina einfach wieder davongelaufen, aber das war von hier aus unmöglich.
Inzwischen hatte Taj Unmengen an Kleidung in ihre Räume bringen lassen. Die prächtigsten Kleider aus den kostbarsten Materialien und in den schillerndsten Farben. Design und Schnitte waren europäisch, doch mit reizvollen östlichen Akzenten versehen. Passend für die zukünftige Königin von Rahat, wie eine der beiden Bediensteten kichernd bemerkte.
Und sie hatte recht, obwohl sich Angelina insgeheim fragte, ob die Mätressen des Scheichs von Rahat sie vielleicht vorher getragen hatten. Der Gedanke verursachte ihr eine Gänsehaut – und machte sie rasend eifersüchtig.
„Scheich Taj wird gleich hier sein“, kündigte die andere Frau an. „Für heute Morgen ist eine Pressekonferenz angesetzt, und er möchte sichergehen, dass Sie perfekt vorbereitet sind.“
Angelinas Herz sank, ihr Magen revoltierte gegen diese Bevormundung. „Richten Sie ihm aus, dass ich mir lieber angespitzte Bambusstäbe unter die Fingernägel treiben lasse“, erwiderte sie.
„Nachricht erhalten“, ertönte eine tiefe Stimme hinter ihr.
Angelina fuhr herum, sah Taj in der Tür stehen und versteifte sich, während die beiden Bediensteten mit gesenkten Köpfen hinauseilten.
„Hast du den Bambus schon bei dir, Sugar ?“, setzte sie im breitesten Texasakzent nach. Das war jedoch nicht mehr als ein ungeschickter Versuch, ihrer Verwirrung Herr zu werden.
„Ich dachte, dir wäre vielleicht eher nach einem Tee als nach dieser Tortur zumute“, reagierte Taj dementsprechend auch völlig gelassen und hielt ihr eine Tasse aus zartem Chinaporzellan hin. „Es ist grüner Tee.“
„Tee, ja, Pressekonferenz, nein“, blieb sie stur.
„Wir müssen heiraten, bevor deine Schwangerschaft offensichtlich wird“, begann er, doch sie unterbrach ihn sofort.
„Ach ja, ich habe ganz vergessen, wie traditionsbewusst man hier ist!“
„Nicht nur in Rahat. Zeig mir ein Königshaus, in dem man auf Tradition keinen Wert mehr legt. Etwa in Santina?“
Angelina dachte an Carlotta und den Presseskandal um ihr außerehelich geborenes Kind. Selbst jetzt noch, nach Jahren, beeinflusste es das Leben der Prinzessin und das ihres kleinen Sohnes.
„Nein.“
„Dann stell mein Land nicht als vorsintflutliche Enklave hin. Auch hier gibt es gewisse Erwartungen an mich und meine Familie, die es zu erfüllen gilt. Du wirst dich rasch daran gewöhnen.“
„Ich bin mir nicht sicher, ob mir das gelingt“, bekannte sie ehrlich.
Als er ihr darauf antwortete, war sein Ton überraschend sanft. „Aber was für eine Alternative bleibt dir denn?“
Sie könnte fliehen, ihrem Kind den Vater nehmen und damit auch sein Geburtsrecht. Aber es wäre falsch und selbstsüchtig. Wenn Taj einen schlechten Vater abgeben würde, läge die Sache anders, doch der Blick, mit dem er sie gestern Abend nach dem Dinner angesehen hatte, verriet etwas anderes. Und tief in ihrem Inneren war Angelina überzeugt, dass er mindestens einen so guten Elternteil abgeben würde wie sie.
„Keine …“, murmelte sie gepresst und wandte sich rasch ab, um ihre Gefühle zu verbergen. „Aber jetzt sag mir endlich, wo all diese Kleider herkommen.“ Wenn sie schon Königin von Rahat werden sollte, wollte sie wenigstens gewisse Ansprüche stellen. Und dazu gehörte, auf keinen Fall die abgelegte Garderobe anderer Frauen zu akzeptieren!
Plötzlich wirkte Tajs Gesicht wie aus Granit gehauen. „Sie haben die ganze Zeit über auf ihre Königin gewartet, ebenso wie diese Räume.“
„Wie bitte?“
„Ich habe sie vor drei Jahren für dich anfertigen lassen.“
„Und … die ganze Zeit über hast du sie behalten?“
Fast aggressiv hob er sein markantes Kinn. „Irgendwann wäre es meine Pflicht gewesen zu heiraten. Kleider kann man leicht ändern. Warum hätte ich sie einfach wegwerfen sollen?“
„ Wow , wie klug und ökonomisch gedacht! Mein Kompliment, Scheich . Da die Frau selbst ja nur ein unwesentlicher Faktor in dem geschäftlichen Arrangement ist, wieso sollten dann ihre Wünsche und ihr Geschmack Beachtung finden? Spielt es überhaupt eine Rolle, wer sie ist?“
„Natürlich ist auch das wichtig“, entgegnete er knapp.
Da bekam Angelina kaum noch Luft vor Empörung. „Ich … ich …“
„Komm schon, so ein Schicksalsschlag ist es nun auch nicht, meine Frau zu sein, oder?“, versuchte er, einen leichteren Ton anzuschlagen,
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