Noch immer schwelt die Glut
waren es keine Unbekannten, sondern Schiffergesellen wie er oder frühere Saufkumpane, wer weiß? Arme, gedankenlose Kerle, unwissend und hungrig, die sich für ein paar Ecus den Arm waffnen lassen. Mit solchen Schluckern führt man Kriege und Morde aus, Miroul, während die Montpensier sich auf ihren Seidenkissen mit Süßigkeiten stopft.«
Ich berichtete ihm von dem Billett der Vasselière und von meinem Gespräch mit Franz.
»Moussu!« sagte er mit entschlossener Miene, »nun wird mir alles klar. Man bestellt Euch ins Hôtel der Hinkefuß, um Euch unterwegs zu ermorden, dann bricht man in Euer Haus ein, um Eure Leute abzuschlachten: Deshalb wurden Eure Wächter aus dem Weg geräumt. Moussu, wir sind um fünfzehn Jahre zurückgefallen! Uns droht eine neue Bartholomäusnacht, |394| und diese Morde sind ihre Vorboten. Was bleibt uns anderes übrig, als zu fliehen wie 72? Moussu, wir sind die ewigen Juden dieses Reiches!«
»Du sagst es: Geh Silvio wecken und pack unsere Sachen, falls du schon ausgepackt hattest. Ich gehe durch die Geheimtür und unterrichte Giacomi über unsere Lage.«
Zum Glück traf ich ihn daheim, ebenso Larissa, und berichtete ihm in aller Kürze, was los war. Wäre nicht Larissa gewesen, hätte er mich begleitet, glaube ich, doch bat ich ihn dazubleiben, und er solle mein Haus plündern lassen, ohne die Hand zu heben, damit ihm nichts geschähe und er mir im Notfall Zuflucht oder Versteck bieten könnte, lag sein Haus dem Louvre doch näher als meins. Schließlich willigte er ein, und als Miroul mich aufmerksam machte, daß wir unsere schnellen Pferde benötigen würden (dieselben, die sich zu Sedan bewährt hatten), beschlossen wir, sie in Giacomis Stall zu bringen, was bedeutete, daß wir sie von unserem Stall ins Haus führen und eine Treppe ersteigen lassen mußten, damit sie durch die Geheimtür und wieder eine Treppe hinunter in den Hof des Maestro gelangten, was gar nicht leicht war, wie man sich vorstellen kann, weil Pferde eine besondere Abneigung gegen Treppen haben, besonders, wenn es abwärts geht, denn sie scheuen vor der Leere, die sie dann unter sich sehen.
Die nächste Schwierigkeit war, mich zu dieser vorgerückten, schon finsteren Stunde bei Alizon bemerkbar zu machen, damit sie mir öffne, doch kaum waren wir in ihrem Haus und unsere Pferde eingestellt, führte meine kleine Feuerfliege Miroul und Florine mit ihrem Gepäck in ein reinliches Kämmerchen.
»Wahrlich«, sagte sie, »das Bett ist nicht groß, aber so wie ihr ausseht, glaube ich, werdet ihr schon zurechtkommen.«
Damit lachte sie, küßte Florine und reichte meinem Sekretär mit der Grazie einer Prinzessin von Geblüt die Hand, dann hakte sie mich unter und zog mich gleichsam im Laufschritt zu ihrem Zimmer, schlang mir, kaum daß die Tür geschlossen war, die Arme um den Hals und küßte mich stürmisch, wobei sie ihren zierlichen Körper an mich schmiegte, als kröche sie in mich hinein.
»Mein Pierre«, sagte sie, »es wird dein Hugenottengemüt ja zerreißen, aber die einzige Kammer, die ich übrig hatte, haben jetzt Miroul und Florine. Freilich hätte ich Florine mit zu mir |395| nehmen können, aber durfte ich Florine guten Gewissens von ihrem Gatten trennen? In der anderen Kammer wohnt Baragran, und die gibt er nicht her, weil die Esse durch seine Wand geht und ihm die armen, verkrümmten Knochen wärmt. Soll ich Baragran etwa in den feuchten Treppenverschlag verjagen, um dir seinen Platz zu geben? Willst du das, Pierre?«
»Ach, mein Lieb!« sagte ich, da ich wohl sah, worauf die mitleidigen Reden hinauswollten, und zu müde war und von ihren Küssen schon zu erweicht, um zu widerstehen, wie ich gesollt hätte.
»Gebenedeite Jungfrau!« rief Alizon und verdoppelte ihre Küsse, »ich sollte dich, mein Pierre, in dem finsteren, stinkenden Winkel schlafen lassen, wo es durchregnet und ich nicht einmal einen Scheuerlappen hintun würde! Dich, einen Edelmann und ehrwürdigen Doktor der Medizin! Wahrlich, das wäre noch schöner! Die Schamröte stiege mir ins Gesicht! Nein, mein Pierre, wenn du mein kleines Lager hier nicht mit mir teilen willst, dann werde ich eben«, setzte sie mit einem Stoßseufzer hinzu, »mich selbst in den Verschlag verziehen und dir mein Zimmer überlassen.«
»Du scherzt, mein Kükchen!« sagte ich und küßte sie dankbar auf ihren wonnigen Hals. Und dann einigten wir uns, erst einmal einen Bissen zu essen und einen Krug Wein zu trinken, bis Mosca kam.
Was dieser nun eine gute
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