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Noch immer schwelt die Glut

Noch immer schwelt die Glut

Titel: Noch immer schwelt die Glut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Robert
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der Tat, die schöne Hand vorm Munde, lachte und das noble Verhalten des Gesandten lobte.
    »Ich werde all dies«, sagte er dann, »in gutem Gedenken bewahren und es Elisabeth auch beweisen, wenn ich am Leben bleibe. Aber, Siorac, ich habe dich nicht von deinem Landgut geholt, um dein gutes, offenes Gesicht zu sehen, so sehr es mich auch tröstet, da ich tagtäglich genug bigotte Gesichter um mich habe. Kurzum, Siorac, die Zielscheibe deines Pfeils sei folgende: Im Umkreis des Herrlichen, nicht an seiner Tafel, aber unter denen, die ihm dienen, gibt es einen Komödianten namens Venetianelli, der nach meiner Kenntnis
un gran birbone
1 ist, amüsant, lebhaft und ohne jede Skrupel. Siorac, ich möchte, daß du dem Schelm auf den Zahn fühlst. Sieh zu, ob sich etwas aus ihm herausziehen läßt … Verstehst du?«
    »Voll und ganz. Aber, Sire, darf ich den Gasthof ›Zu den zwei Tauben‹ denn verlassen?«
    »Nur zur Nacht, aber die erste Verbindung kann Giacomi herstellen, der den Vorteil hat, daß er auch Italiener ist.«
    »Ha!« rief ich voller Freude, »der Maestro ist hier?«
    »Er wird dich am Nachmittag aufsuchen. Noch eins, Siorac: Ich habe Revol gebeten, an das Gericht von Montfort-l’Amaury zu schreiben, daß dein Gut Le Chêne-Rogneux künftig den Namen Siorac trägt. Damit bist du nun zweimal Siorac, während dein Vater nur einmal Mespech ist.«
    »Sire«, sagte ich stutzig, weil ich nicht mehr verstand, als daß er mir wohlwollte, »ich bin Euch unendlich dankbar.«
    »Es ist wenig, leider!« sagte der König. »Aber ich habe hier in Blois nicht einmal das Geld, Larchants Garden zu bezahlen. Darum kann ich dir nicht mehr geben als deinen Namen, Siorac.«
    |470| »Sire«, sagte ich, noch immer im Dunkel tappend, »es ist der Name eines Mannes, der Euch mit ganzem Herzen dient.«
    »Ich weiß«, sagte der König, beide Arme auf den Sessellehnen und indem er mir in die Augen blickte, »auf bald denn, Baron von Siorac.«
    »Ha, Sire!« rief ich, da ich endlich begriff, und sank vor ihm ins Knie, ohne doch ein Wort mehr herauszubringen, nur meine Augen vermochten meine Dankbarkeit auszudrücken, als ich Seiner Majestät die Hand küßte, dann zog ich mich mit weichen Knien zurück.
    »Du Halde«, fragte ich diesen, der mich hinausbegleitete ins Alte Kabinett, »wie steht es mit den Generalständen? Sind sie so schlimm, wie der König sagt?«
    »Ach, viel schlimmer noch, Baron!« entgegnete Du Halde. »In den drei Ständen steckt der Wurm. Die Geistlichkeit ist durchweg ligistisch. Der dritte Stand ist es zu mehr als drei Vierteln. Der Adel über die Hälfte. Gott im Himmel! Kennt Ihr die Präsidenten, die sich die drei Stände erwählt haben? Der dritte Stand hat La Chapelle-Marteau gewählt, der Adel Brissac, die Geistlichkeit den Kardinal von Guise, einen geradezu wütenden Ligisten. Gebenedeite Jungfrau! Meinem armen Herrn steht auf diesen Generalständen ein Leidensweg voller Dornen und Geißelungen bevor.«
    Dabei rannen ihm Tränen über das lange Gesicht, und ich umarmte ihn und begab mich zu den »Fünfundvierzig« im Hirschensaal, als trüge ich einen Stein in der Brust. Denn nicht mein Baronstitel, der mich zu anderer Zeit so beglückt hätte, erfüllte meinen Sinn, sondern Elend und Untergang des Throns.
    Weil ich das Schloß nicht allein verlassen durfte, mußte ich mir zwei volle Stunden mit den »Fünfundvierzig« um die Ohren schlagen, die ihre Pfeifen pafften, Karten klopften oder mit reichlichem Krawall würfelten, völlig unbekümmert um die Zukunft des Staates, und sich des Lebens freuten, solange sie nur ein Dach überm Kopf, Sold, freie Kost und Weiber hatten. Eine nicht gerade fromme Genügsamkeit, die jedoch fast glückselig anmutete in diesem Reich und diesen Zeiten, da jegliches Nachdenken einen in schwarze Melancholie stürzte.
     
    Giacomi besuchte mich im Gasthof »Zu den zwei Tauben«, und so rauhe Burschen La Bastide und Montseris auch waren, |471| zeigten sie doch Benehmen und verließen das Zimmer, um uns allein zu lassen, wofür ich ihnen dankte, indem ich ihnen eine Flasche Cahors-Wein in den Wirtssaal bringen ließ. Giacomi schloß mich in seine Spinnenarme, die mich an Fogacer erinnerten, und lachte über meine schwarzen Haare. Wie ich erfuhr, hatte er den König auf seinem Wanderleben seit den Barrikaden kaum mehr verlassen, war mit ihm von Paris nach Chartres, von Chartres nach Rouen, von Rouen nach Mantes, von Mantes wieder nach Chartres und von Chartres nach Blois gezogen,

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