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Noch immer schwelt die Glut

Noch immer schwelt die Glut

Titel: Noch immer schwelt die Glut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Robert
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Uhrwerk«, sagte ich, »auf das kleinste Rädchen verzichten? Habe ich in der Guyenne denn nichts bewirkt? Und in Boulogne? In London? In Sedan? Würde die Liga mich so hassen, wenn ich dem König nicht nützlich wäre? Wißt Ihr, daß Guise von Seiner Majestät verlangte, den ehrwürdigen Doktor Marc Miron in Ungnade zu entlassen, weil er bei den Verhandlungen zum Einigkeitsedikt für Guises Geschmack zu eifrig die Belange seines Herrn vertrat? Wißt Ihr, daß Guise den König drängte, auch Chicot fortzuschicken?«
    »Was, seinen Narren?«
    »Ja! Quéribus sagte es. Und wenn in Guises Augen sogar ein Narr meinem guten Herrn nützlich ist, bin ich es da nicht mit weit größerem Recht, und kann ich mich seinem Ruf feige entziehen, wenn die Reihen der Getreuen sich um ihn lichten?«
    »Ach!« sagte Angelina und netzte meine Schulter mit ihren Tränen, »Ihr liebt den König mehr als die Kinder und mich!«
    »Liebste«, sagte ich, »Ihr setzt mich in Erstaunen: Was glaubt Ihr denn, was aus uns würde, aus Euch, den Kindern und mir, sollte Guise triumphieren? In Wahrheit diene ich, indem ich meinem König diene, der auch Eurer ist, doch meiner Nation und meiner Familie.«
    »Und Eurer Kirche«, versetzte sie.
    »Oh, nein!« entgegnete ich energisch, »ich diene keiner Kirche zum Schaden einer anderen! Ginge es nach meinem Wunsch, dann bestünden sie beide nebeneinander, und ein jeder hätte die Freiheit, sich die seine zu wählen.«
    Als sie nun sah, daß mein Entschluß feststand und sie nichts daran ändern würde, schwieg sie, vielleicht von meinen Beweggründen mehr überzeugt, als sie zugeben wollte, und trocknete ihre Tränen. Und bis ich Anfang Oktober mit Quéribus aufbrach nach Blois, bewies sie sich als echte Römerin, oder |464| sollte ich eher sagen als echte Montcalm: Sie brachte die Hoheit und Seelenstärke auf, Tränen, Klagen, Seufzer und untröstliche Blicke im Zaum zu halten und mir nur mehr eine klare und heitere Stirn zu zeigen, um diesen Monat, unseren letzten gemeinsamen, wie sie fest glaubte, mit mir so glücklich zu verleben wie möglich.
    Quéribus, der im August nach Chartres zurückgekehrt war und am 30. September wiederkam, um mich auf königlichen Befehl nach Blois zu begleiten, zeigte sich, als wir das Tor meiner kleinen Herrschaft hinter uns ließen und durch den Wald von Montfort-l’Amaury ritten, so frohgemut und so voll Vertrauen in die Zukunft, daß ich ihn nach dem Grund fragte.
    »Weil der König«, sagte er, »kaum daß er in Blois anlangte, mehrere Minister entlassen hat.«
    »Welche?«
    »Könnt Ihr Euch das nicht denken? Die Ligisten und Guisarden, alle, die er von seiner Mutter übernommen hatte und dank denen er kein Ei umdrehen konnte, ohne daß sie es erfuhr.«
    »Also Cheverny, Villeroi, Pinard, Brulard …«, sagte ich.
    »Und Bellièvre.«
    »Den sah ich in London am Werk«, sagte ich. »Außer daß er der größte Schwafler der Schöpfung ist, schwitzte er Spanien aus allen Poren. Also ist es Schluß mit Pomponne Pompös, und Schluß auch mit den anderen, die mehr dem Lothringer, dem Spanier, dem italienischen Papst, kurz, aller Welt eher zu Diensten waren als dem König von Frankreich. Und durch wen hat er sie ersetzt?«
    »Durch gute, ehrenwerte Leute, Unbekannte, die den Vorteil haben, vom Hof nichts zu wissen, und vor Dankbarkeit für ihre unverhoffte Erhöhung verschwiegen sein werden wie das Grab und vor allem dem König unbedingt ergeben.«
    »Endlich!« sagte ich. »Gott sei Dank! Kenne ich sie?«
    »Ihr kennt Montholon. Er ist ein Onkel Eures Freundes De l’Etoile. Und Revol, er war Epernons Finanzverwalter.«
    »Das zeigt fürwahr«, sagte ich lachend, »was an Epernons Ungnade ist!«
    »Nun, Herr Bruder«, fragte Quéribus nach einer Weile, »was haltet Ihr von diesem Wechsel?«
    »Daß der König wohl Großes vorhat«, sagte ich, »was streng geheim bleiben soll.«
    |465| »Möge der Herrgott Euch erhören!« sagte Quéribus mit einem Ernst, der bei ihm so ungewöhnlich war, daß ich staunte. Er blickte mich an, und ich blickte ihn an, und beide verstummten wir wie in stillschweigender Übereinkunft.
     
    Wir brauchten fünf Tage bis nach Blois, doch, ehrlich gesagt, wären wir schneller angelangt, hätte Quéribus nicht an jeder Etappe so sorglich auf seine Bequemlichkeit und seine Vergnügungen gehalten.
    Damit ich nicht von einem Ligisten erkannt würde, verlangten wir erst, als es dunkelte, Einlaß in die Stadt. Das Tor wurde von französischen Garden

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