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Noch immer schwelt die Glut

Noch immer schwelt die Glut

Titel: Noch immer schwelt die Glut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Robert
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hat?«
    Du Halde gehorchte, und Diener brachten Scheite und Kerzen, das Zimmer wurde hell, der König streckte die Hände nach den knisternden Flammen und brach sein Klagelied ab.
    »Mein Sohn«, flüsterte er mir ins Ohr, »hast du deinen Mann getroffen? Was sagt er? Aber sprich leise. Es kann sein, daß der Fußboden Ohren hat.«
    Nun berichtete ich ihm leise, und der König lauschte mit gesenktem Kopf und Gesicht, regungslos und sehr nachdenklich. Am Ende sagte er kein Wort, dankte mir nur, daß ich Venetianellis Bericht genau festgehalten hatte, dessen Namen er jedoch nicht aussprach und ihn nur »den Mann« nannte. Kaum jedoch hatte er meine Blätter entgegengenommen, klopfte es an der Tür, hinter der eine steinerne Wendeltreppe zum Gemach der Königinmutter hinunterführte, das genau unter dem seinen lag. Weshalb er wohl meinte, der Fußboden habe Ohren.
    »Sire«, sagte der Türsteher, indem er durch einen engen Spalt den Kopf hereinsteckte, und nur den Kopf, »es ist Madame de Sauves. Ihre Majestät die Königinmutter schickt sie. Ihr möchtet sie empfangen.«
    »Monsieur«, sagte der König mit kaltem Blick, »wozu stelle ich Euch vor meine Tür und dazu noch drei betreßte Garden auf die Wendeltreppe, wenn Ihr mir die Kreaturen meiner Mutter nicht vom Leibe halten könnt? Schickt sie weg, Monsieur!«
    »Sire«, sagte der Türsteher mit unglücklichem Gesicht, »Madame de Sauves hört Euch! Sie steht hinter mir.«
    »Ah, so! Da sie mich schon hört«, schrie der König wütend, »soll sie auch wissen, daß es mir unerträglich ist, wenn sie an meiner Tür klebt wie eine Laus!«
    |492| »Sire«, sagte der Türsteher, »sie läuft davon und hält sich die Ohren zu.«
    »Ha!« schimpfte der König lauthals, indem er selbst den Kopf zur Tür hinausstreckte, »hält sich die Ohren zu! Gerade die Ohren kann ich an ihr nicht ausstehen! Monsieur«, herrschte er mit Donnerstimme den Türsteher und vielleicht auch Larchants Garden an, »wacht mir künftig, daß kein Ohrenträger, männlich oder weiblich, auch nicht die Zehenspitzen auf diese Wendeltreppe setzt!«
    »Sire«, sagte Du Halde mit leisem Vorwurf, und er war der einzige, der sich dies erlauben durfte, »die Königinmutter kann Euch gehört haben.«
    »Das hoffe ich«, sagte der König, plötzlich ruhig. »Hätte ich sonst so laut geschrien? Du Halde, bin ich nicht einmal mehr in meinen vier Wänden König, daß man mich ständig belauern darf? Mein Sohn«, wandte er sich leise an mich, doch ohne auch mich beim Namen zu nennen, »begib dich mit Laugnac und einem Dutzend seiner Leute zum kleinen Pavillon hinten im Park. Mach ein großes Feuer und warte, bis ich nach beendetem Rat mit ein paar sicheren Freunden dorthin komme. Und«, setzte er hinzu, mit halbem Munde lächelnd, »da du so pfiffig bist, mein Sohn, sorge mir, daß dieser endlose Regen aufhört. Beim heiligen Nebel, ich geh daran zugrunde!«
    Es war Mittag vorbei und der Königliche Rat längst zu Ende, als die »sicheren Freunde« des Königs einer nach dem anderen in dem kleinen Pavillon eintrafen: François von O, Rambouillet, der große Rittmeister Bellegarde, Alphonso d’Or nano , genannt der Korse, der Marschall von Aumont, der Staatssekretär Revol, der Siegelbewahrer Montholon, und endlich kam auch der König selbst mit Du Halde, der ihn vor dem sintflutartigen Regen mit einem italienischen
ombrello
zu schützen versuchte, aber einem so kleinen, daß der mehr seinen Arm belastete als das königliche Haupt trocken zu halten. Der Federbusch jedenfalls, den Seine Majestät auf dem Barett trug, war so durchweicht, daß die Federn zusammenklebten. Bellegarde machte den König darauf aufmerksam, er nahm besagtes Barett vom Kopf, gab es Du Halde und sagte, er solle es am Feuer trocknen, doch ohne die Federn zu verbrennen. Wie alle Anwesenden beobachtete ich die außerordentliche Verärgerung des Königs über diese Kleinigkeit, obwohl er ganz andere |493| Gründe dazu hatte, und weit ernstere. Doch da das Feuer hoch und hell brannte und der kleine Raum warm und gut von Kerzen erleuchtet war – die machte das Lauseschwarz des Himmels nötig –, hellte sich die Laune des Königs langsam auf, und er scherzte, daß ein kleines, warmes Haus, wo man ungestört reden könne, besser sei als ein großes, kaltes Schloß mit Ohren überall.
    Da ich nicht wußte, ob ich zu diesem Rat geladen war, wollte ich mich zurückziehen, doch der König bemerkte es und sagte, ich solle bleiben, er benötige meine

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