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Noch immer schwelt die Glut

Noch immer schwelt die Glut

Titel: Noch immer schwelt die Glut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Robert
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königlicher Gunst emporgetragen und auf deren Kamm schwebend wie Schaum.
    Niemand indes konnte leugnen, daß er schön war, wohlgestalt, jung, heiter, anmutig und gegen jedermann äußerst liebenswürdig, denn außer Lady Stafford drängte sich alles in diesem Salon um seinen Fauteuil, ihm den Hof zu machen.
    »Ah! Monsieur de Siorac!« sagte er, als ich an die Reihe kam, »wie schön, Euch zu sehen! Wie gut erinnere ich mich der kleinen Holzsoldaten, die Ihr mir zu Montpellier schenktet, als ich noch ein kleiner Junge war, und mit denen Ihr mir den glorreichen Kampf um Calais nachspieltet, mit dem wir die schoflen Engländer aus unserer guten Stadt verjagten!«
    Gewiß ein schönes und gutes Wort für mich, hätte der Herzog es mir nicht schon zum zehntenmal gesagt, was seinem flatterhaften Sinn nur immer wieder entfiel. Sehr taktlos aber war es im Beisein Lady Staffords, die er für meine Begriffe auch als erster hätte begrüßen müssen, anstatt zu erwarten, daß sie zu ihm käme.
    Während mir dies durch den Kopf ging, öffnete sich die Tür des Salons aufs neue, und der Baron von Quéribus trat mit geschäftiger Miene herein und zog mich, nachdem er der Marschallin |146| die Hand geküßt und dem Herzog von Joyeuse seine Schuldigkeit erwiesen hatte, abseits in eine Fensternische.
    »Ich komme von Eurem Hause, Pierre«, sagte er mit leiser und eiliger Stimme, »von Angelina erfuhr ich, daß Ihr hier seid: Der König erwartet Euch zur Stunde in seinem Schlafgemach.«
    »Wie? Im Schlafgemach?«
    »Er liegt zu Bett.«
    »Jetzt schon? Ist er krank?«
    »Entweder ist er es oder er täuscht es vor, wer weiß. Ich betraf ihn in höchster Erregung und Betrübnis, die Augen voller Angst.«

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    |147| FÜNFTES KAPITEL
    Über die Gesundheit meines guten Herrn ist viel gemunkelt worden, Guisarden und Ligarden streuten von Mund zu Mund Lügen über Lügen aus, um jedermann einzureden, Heinrich sei unfähig zu regieren und müsse den Platz räumen. Ich halte es daher für nötig, sowohl in meinem Namen wie dem des ehrwürdigen Doktor Miron, Fogacers und der anderen Ärzte Seiner Majestät zu erklären, daß unser königlicher Patient allerdings unter vielerlei Übeln litt, deren manche ihn sehr behinderten und ihn auch demütigten, daß keines davon uns jedoch auf nahe Sicht lebenbedrohlich erschien. Er hätte durchaus das hohe Alter erreichen können, in welchem die Männer dieses Reiches zu sterben pflegen, hätte das Messer des mörderischen Mönches seinen Lebensfaden nicht zum Unheil in seinem achtunddreißigsten Jahr durchschnitten.
    Meine Rede kann indessen nur überzeugen, wenn ich die Tatsachen benenne, wie sie waren, auch wenn ich dabei einige Scham überwinden muß, handelt es sich doch um einen großen König. Und so gebe ich denn kund, daß Heinrich unter mehreren Abszessen, Geschwüren und Fisteln litt, mal unter dem linken Auge, mal unter der rechten Achsel, mehrere befanden sich am Unterbauch und an den Hoden – welche vielleicht die Ursache seiner Unfruchtbarkeit waren. All diese Schwären waren jedoch kalter Natur, ohne sich weiter zu entzünden noch auszubreiten, ohne hohes Fieber zu verursachen oder über ein gewisses Nässen hinaus zu eitern, gleichwohl verharrten sie wie eingewurzelt dort, wo sie waren, was dem Patienten allerdings lästig fiel und Ängste bereitete.
    Auch litt der König unter Hämorrhoiden, die manchmal so groß wurden, daß er nicht im Sattel sitzen konnte und, obwohl ein guter Reiter, lieber die Kutsche nahm, was keineswegs auf Verweichlichung beruhte, wie das Gerücht ging, sondern auf besagter Unpäßlichkeit, die, sobald einmal aufgetreten, bekanntlich unheilbar ist. Aus demselben Grund scheute er die |148| Tjost wie die Hatz. Doch war er zum Jagen, wiewohl er es öfter betrieb, als man weiß, auch deshalb wenig geneigt, weil er in seinem feinfühligen Wesen keinen Gefallen an blutenden Tieren fand wie sein Bruder Karl IX. und es ihm (wie Montaigne) widerstrebte, »einen Hasen in den Fängen der Hunde quietschen zu hören«.
    Im Unterschied zu besagtem Karl IX., zu Guise und Navarra liebte er auch das Ballspiel nicht, ich glaube, weil er es seiner Größe unwürdig fand, sich vor dem Hof in Hemdsärmeln, das Rakett schwingend, zu produzieren. Dafür aber war er ganz vernarrt in die edle Fechtkunst, und dank der Lehrstunden des großen Silvie (den er zum Ritter ernannte) sowie dank fortgesetzter Übung focht er mit viel Finesse, so daß ihm mit dem Degen in der Hand wenige

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