Noch immer schwelt die Glut
Schatzverwalter Ponchet und schenkte sie Madame d’Etampes. Als der König starb, vertrieb Heinrich II. Madame d’Etampes und beehrte damit Diane de Poitiers. Die wurde sie nach dem Tod Heinrichs II. los, und jetzt hat sie mein Sohn! Und Ihr meint, ich hätte keinen Grund zur Furcht?«
Worauf ich mit ernster Miene irgendeine tröstliche Floskel von mir gab und mich im stillen höchlich amüsierte, daß Madame de Joyeuse in ihrer Naivität gerade das Beispiel der Burgvogtei von Limours berief, der es nach unerklärlichem Ratschluß beschieden war, wie mein Freund l’Etoile sagte, »nacheinander sämtlichen Geliebten unserer Könige in den Schoß zu fallen«.
»Aber, Madame«, sagte ich schließlich, »Anne ist mit einer lothringischen Prinzessin verheiratet! Wer würde es wagen, die Schwester der Königin aus diesem Besitz zu vertreiben?«
»Ach, mein Cousin!« sagte die Marschallin, Tränen in den Augen, »Ihr rührt an meine schlimmsten Befürchtungen. Wird der Etat meines Sohnes ihm erlauben, den Erfordernissen eines |142| so hohen Ranges immer zu genügen? Wenn der König einmal nicht mehr ist, treibt der Lebensstil dieser Prinzessin unser Haus unfehlbar in den Ruin! Ich wagte es, Seiner Majestät dies zu sagen, und er antwortete mir: ›Aber, Madame, weder bin ich alt noch krank. Bekümmert Euch wegen meines Todes nicht mehr als ich. Im übrigen werde ich in allem für Euren Sohn vorsorgen, denn ich hege große Freundschaft für ihn und halte ihn wahrhaft wie meinen Bruder, da ich ihn mit der Schwester der Königin verbunden habe.‹«
»Nun, Madame«, sagte ich, »so starke Zusicherungen aus solchem Munde sollten Euch doch beruhigen!«
»Ach, mein Cousin!« sagte die Marschallin, und die zurückgehaltenen Tränen flossen, »was hilft das schon! Meine Ängste sind durch nichts zu beschwichtigen.«
Und noch mindestens eine Viertelstunde fuhr Madame de Joyeuse, ihre mollige Hand auf meinem Arm, in ihrem Jammern und Klagen fort, und ich konnte nur staunen, wie Macht, Ruhm und Reichtum ihrer Söhne sie in solche Zukunftsängste stürzen konnten. Beim himmlischen Hafen! dachte ich, wie sonderbar, daß eine Erzfrömmlerin, die sich durch stetes Gebet vor der Hölle zu bewahren sucht, sich noch viel mehr vor dem Zusammenbruch ihrer irdischen Güter fürchtet! Müßte nicht eine dieser Ängste die andere auslöschen, statt daß sie sich gegenseitig steigerten?
Leser, böse Zungen behaupten, ich wüßte mich gegebenenfalls sanftmütig wie ein frommer Papist zu zeigen, und, wahrlich, sosehr es mich auch juckte, diesem Gejammere zu entfliehen, so hatte ich doch zugleich unter den im Salon Anwesenden den roten Schopf Lady Staffords entdeckt. Ich hatte ja gewußt, daß sie die Marschallin fast täglich besuchte, halb aus Freundschaft, halb aber auch, glaube ich, um zu hören, was man in einem dem König so nahestehenden Personenkreis meinte und munkelte, und es ihrem Gemahl mitzuteilen. So ließ ich mir denn keinerlei Ungeduld anmerken, mühte mich vielmehr, die Klageflut meiner einstigen Schönen zu besänftigen, die, wenn meine Erinnerung mich nicht gänzlich trog, sich damals zu Montpellier den Freuden des gegenwärtigen Augenblicks nicht minder leidenschaftlich ergab wie heutigentags ihren düsteren Zukunftsbildern.
|143| Schließlich trat im Meer der Jeremiaden eine Windstille ein, und ich nutzte sie, die Marschallin zu bitten, daß sie mich der Gemahlin des englischen Gesandten vorstelle.
Die Marschallin warf mir einen Blick zu, als verdächtige sie mich irgendwelcher frivoler Absichten, da sie aber meine harmlose Miene sah und sich wohl auch entsann, wie sehr ich meine Frau liebte, führte sie mich bei der Hand zu Lady Stafford.
»Mylady«, sagte sie, »darf ich Euch meinen Cousin vorstellen, den Chevalier de Siorac, der, obwohl von gutem Adel, die verrückte Idee hatte, Medizin zu studieren, und damit nun nicht nur einzig unter den Edelleuten des Reiches dasteht, sondern zu seiner Ehre auch noch königlicher Arzt geworden ist.«
Worauf Lady Stafford mich voll ernster Aufmerksamkeit aus ihren blaugrünen Augen betrachtete und mir mit zugleich anmutigem und frostigem Lächeln die Hand zu reichen geruhte. Allerdings bezweifelte ich nicht, daß sie einigen Grund hatte, nicht dem Erstbesten zu trauen, immerhin lebte sie in diesem Land umgeben von Feinden ihrer Königin.
Ich küßte nach spanischer Sitte ihre feinen Fingerspitzen, nicht ohne die herrlichen Ringe an ihrer schmalen Hand zu bewundern, und
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