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Noch weniger Sex und ich wäre ein Pandabär - die Desaster eines verhinderten Frauenverstehers

Noch weniger Sex und ich wäre ein Pandabär - die Desaster eines verhinderten Frauenverstehers

Titel: Noch weniger Sex und ich wäre ein Pandabär - die Desaster eines verhinderten Frauenverstehers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justin Halpern
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denn aus?«
    »Jetzt? Es ist mitten in der Nacht.«
    »Tja, auch wenn du’s mir nicht glaubst, habe ich ab und zu ganz gern mal ein Stündchen meine Ruhe, darum habe ich mir den Wecker gestellt. Offenbar muss ich in Zukunft noch früher aufstehen.«
    »Ach. Ähm, tut mir leid. Ich wollte dich nicht stören«, sagte ich und machte mich auf den Weg zurück ins Bett. Das Glas Wasser war vergessen.
    »Deswegen brauchst du dich nicht zu entschuldigen«, sagte er.
    Vielleicht lag es an dem Bourbon in seinem Grog oder an der besänftigenden Dunkelheit ringsum, aber in diesem Moment wirkte mein Dad für seine Verhältnisse erstaunlich entspannt.
    »Kann ich dich was fragen?«, fragte ich und drehte mich noch einmal zu ihm um.
    »Schieß los.«
    »Wenn einem etwas Angst macht, wie wird man diese Angst dann wieder los?«
    »Geht es etwa schon wieder um Arachnophobia ? Ich habe dir doch gesagt, dass eine so große Spinne in einer urbanen Umgebung niemals überleben könnte. Dafür ist das Ökosystem viel zu sensibel. Völlig unglaubwürdig.«
    »Es geht nicht um Arachnophobia . Sondern – wenn einem etwas Angst macht, wie wird man diese Angst dann wieder los?«
    Er führte den Becher zum Mund und nahm schlürfend einen großen Schluck von seinem Grog.
    »Der Mensch fürchtet sich im Allgemeinen vor dem Unbekannten. Wenn dir etwas Angst macht, packst du es also am besten bei den Eiern und sagst höflich Guten Tag«, sagte er.
    Ich hatte keine Ahnung, was er damit meinte, und das entging ihm nicht einmal im Halbdunkel des Wohnzimmers.
    »Mit anderen Worten, wenn dir etwas Angst macht, lauf nicht davor weg, sondern beschäftige dich damit und bring möglichst viel darüber in Erfahrung. Dann ist es nichts Unbekanntes mehr und macht dir auch keine Angst mehr.« Er hielt inne. »Oder es macht dir erst recht Angst. Aber das kommt eher selten vor.«
    Als ich über den Flur in mein Zimmer zurücktapste, wusste ich plötzlich, was ich tun musste: Ich musste den Canyon erkunden. Allerdings auf keinen Fall allein.
    Am nächsten Tag saß ich in der Schule und konnte es kaum erwarten, bis die Uhr 3:00 zeigte. Michael war ein Junge aus meiner Klasse. Es saß direkt vor mir, weshalb ich acht Stunden täglich auf den Keine-Angst-Slogan auf dem Rücken seines T-Shirts starrte. Die Sinnsprüche auf Keine-Angst-T-Shirts klangen allesamt, als ob der Präsident einer Studentenverbindung sie nach dem sechsten Bier an eine Kneipenklowand geschrieben hätte. ES GIBT KEINE UNNÖTIGE HÄRTE. KEINE ANGST .
    Ich tippte ihm auf die Schulter. »Michael«, flüsterte ich.
    Ohne den Kopf zu wenden, hob er die linke Hand, packte meinen Zeige- und meinen Mittelfinger und verdrehte sie, bis ich vor Schmerz zusammenzuckte.
    »Das hab ich gerade in Karate gelernt«, sagte er und ließ meine Finger wieder los. »Höchstens noch ein Jahr, dann habe ich den schwarzen Gürtel.«
    Ich ballte die Hand mehrmals zur Faust, um das Gefühl in meine Fingerspitzen zurückzubefördern.
    »Was gibt’s?«, fragte er.
    »Du gehst nachher doch auch zum Baseballtraining, oder?«
    »Logo. Ich hab ’nen neuen Schläger. Halb aus Keramik. Voll geil, das Teil. Du kannst ihn mal anfassen, wenn du willst«, sagte er, holte eine Tasche unter der Bank hervor und zog den Reißverschluss auf, um mir den blau-weißen Schläger darin zu zeigen.
    Sein Blick wanderte von mir zum Schläger und wieder zurück, und mir wurde klar, dass es sich nicht etwa um ein Angebot, sondern um eine Aufforderung handelte. Wir sahen uns einen Moment lang in die Augen, dann stupste ich den Schläger mit dem Zeigefinger an.
    Er ließ die Tasche wieder unter der Bank verschwinden. »Voll geil, oder?«, fragte er.
    »Ja. Echt cool. Jedenfalls dachte ich, weil wir beide von der Schule aus direkt zum Training gehen, könnten wir heute ja vielleicht mal etwas früher abhauen und uns den Canyon ansehen.«
    Michael und ich waren nicht gerade die dicksten Freunde. Er war ein harter Bursche, der sich nach der Schule gern mit älteren Jungs herumtrieb. Typen, die alle schon Schnäuzer trugen und in ihrer Freizeit vorbeifahrende Autos mit Gegenständen bewarfen. Aber er gab bereitwillig an uns weiter, was er von den älteren Jungs gelernt hatte, und davon profitierten wir alle, ohne Ausnahme.
    So verdankte ich Michael so ziemlich alles, was ich bis dato über Frauen wusste. Eines Tages hatte er mich in der großen Pause in ein stilles Eckchen hinter der Bibliothek gezerrt und ein zusammengefaltetes Foto aus der Tasche

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