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Noch weniger Sex und ich wäre ein Pandabär - die Desaster eines verhinderten Frauenverstehers

Noch weniger Sex und ich wäre ein Pandabär - die Desaster eines verhinderten Frauenverstehers

Titel: Noch weniger Sex und ich wäre ein Pandabär - die Desaster eines verhinderten Frauenverstehers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justin Halpern
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gezogen. Es stammte aus einer medizinischen Fachzeitschrift und zeigte eine etwa fünfundvierzig Jahre alte nackte Frau nebst schematischer Darstellung der häufigsten Krebserkrankungen bei postmenopausalen Patientinnen. Außer meiner Mutter hatte ich noch nie eine nackte Frau gesehen. Michael deutete mit seinem Wurstfinger auf ihre Scham. »Da steckst du deinen Schwanz rein. Manchmal pinkeln sie auch damit oder kacken sogar damit, wenn ihr Arsch verstopft ist.«
    Dieser seiner Weis- und Weltgewandtheit wegen hatte ich Michael gebeten, den Canyon mit mir zu erkunden. Ich war zugegebenermaßen ein eher schreckhaftes Kind. Ich wollte, ich wäre so furchtlos gewesen wie mein Dad, aber Mut und Tapferkeit waren mir offenbar nicht in die Wiege gelegt. Michael war der einzige Junge, den ich kannte, der keine Angst vor diesem Canyon hatte.
    »Dann kommst du mit mir in den Canyon?«, fragte ich.
    »Klar. Wenn du mir einen Smoothie spendierst. Und wehe, du probierst, mir an den Schwanz zu fassen.«
    Nach einem 79-Cent-Zwischenstopp bei 7-Eleven marschierten wir gemeinsam zum Little-League-Feld. Mit jedem Schritt wurde mir ein wenig flauer im Magen.
    »Dann warst du also auch noch nie im Canyon?«, fragte ich.
    »Wieso bist du eigentlich so scharf auf den Canyon?«, fragte Michael zurück.
    »Bin ich doch gar nicht. Ich will ihn mir bloß mal ansehen. Einmal rein und wieder raus, möglichst noch vor dem Training.«
    »Spinnst du? Du kannst doch nicht einfach in den Canyon gehen, ohne zu wissen, wo der Coach steckt«, sagte er. »Was ist, wenn er zu früh zum Training aufkreuzt und uns aus dem Canyon kommen sieht?«
    »Also, was machen wir?«
    Michael knobelte in Windeseile einen vermeintlich narrensicheren Plan aus und warf den leeren Smoothiebecher ins Gebüsch, als wir beim Baseballplatz ankamen.
    Was den Coach anging, hatte er natürlich richtig gelegen. Er war zu früh zum Training erschienen und hätte uns am Ausgang des Canyons mit Sicherheit erwischt, wenn wir nach meinem Plan verfahren wären. Kurz darauf kam der Rest der Mannschaft angetrottet. Mein Freund Steven, mit dem ich mich immer aufwärmte, schnappte sich einen Ball und kam auf mich zu.
    »Fertig zum Aufwärmen?«, fragte er und klatschte den Ball mehrmals hintereinander in seinen Handschuh.
    »Heute nicht. Wichs dir einen, dann wird dir warm«, sagte Michael zu Steven, packte mich am Arm und zerrte mich ans andere Ende des Spielfelds. Ich wandte den Kopf und zwinkerte Steven zu, um ihm zu verstehen zu geben, dass ich etwas anderes vorhatte und er es nicht persönlich nehmen sollte.
    Michael und ich warfen uns am Spielfeldrand Bälle zu. Sobald er die Parole ausgab, konnte es losgehen. Die Spannung war unerträglich. Ich war so aufgeregt, dass mir die Finger zitterten und ich den Ball kaum halten konnte. Plötzlich erstarrte Michaels Miene. Er sah zum Coach hinüber, der in etwa fünfzehn Metern Entfernung einem anderen Jungen half, dann blickte er mich an und gab das verschlüsselte Kommando: »Gestern hat unser Hund ins Haus gepinkelt.«
    Ich atmete tief durch, holte aus und warf den Ball. Er flog in mindestens drei Metern Höhe über Michaels Kopf hinweg und landete in dem dunklen Canyon hinter ihm.
    »Coach!«, rief Michael.
    Der Coach blickte auf.
    »Unser Ball ist in den Canyon geflogen. Wir gehen ihn schnell suchen, okay?«
    »Gut. Aber wenn ihr ihn nicht gleich findet, kommt ihr wieder«, gab der Coach zurück.
    Wir nickten, trabten quer über das Outfield und liefen die kleine, grasbewachsene Böschung hinunter, die zum Canyon führte. Unten angekommen, richteten wir den Blick nach oben. Vom Spielfeld aus konnte uns hier niemand sehen.
    »Okay«, sagte Michael.
    »Okay«, erwiderte ich.
    »Was heißt hier okay? Das ist dein Ding, du Schwachkopf. Wie geht’s jetzt weiter?«, fragte er unwirsch.
    »Ach so. Ja.«
    Ich starrte in den Canyon hinein, der jetzt nur noch ein paar Schritte entfernt war. Ich sah nichts als Blätter und Zweige, dahinter war es dunkel. Ich holte tief Luft. Da drinnen wartet weder ein Aquarium mit Patrick Swayze auf dich , sagte ich mir , noch der Krakenmann .
    »Okay. Gehen wir hier durch«, sagte ich und zeigte auf einen schmalen Pfad, der sich zwischen den Bäumen hindurchschlängelte.
    Michael übernahm die Führung, und nach zwanzig Sekunden waren wir so weit in den Canyon vorgedrungen, dass ich nur noch Bäume sah, als ich einen Blick über die Schulter warf. Der Boden des Canyons war mit totem Laub und Abfall übersät:

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