Nocona: Eine Liebe stärker als Raum und Zeit
erschien. Der gefr o rene Klumpen in seinem Herzen wurde größer und ließ sich nicht einmal vom lauen Frühlingswind erweichen. War es Schuld, die er fühlte? W a ren es Zweifel? Nocona wusste, dass es richtig war, die Sicherheit der Staked Plains aufzusuchen. Er zweifelte keinen Moment an dem, was er tat, und doch fühlte sich ein Teil in ihm elend, als würde er ein Unglück herauf beschwören , dessen Schattenfinger sich bereits nach ihm au s streckten. Gut möglich, dass er einfach nur nach Naduahs Nähe hunge r te und daran zugrunde ging, dass sie ihm verwehrt wurde.
Wenn er nur wüsste, ob es irgendetwas gab, das er tun konnte. Mit j e dem Tag wurde Naduahs Seele kälter und unberechenbarer. Näherte er sich ihr, entzog sie sich ihm. Hielt er sich fern, warf sie ihm frustrierte Blicke zu. Versuchte er , mit ihr zu reden, verschloss sie sich wie die Blä t ter des Mimosenbaumes, und ritt er schweigend neben ihr her, schien sie ihm stumm Vorwürfe zu machen, dass er nicht mit ihr redete. Was i m mer er auch tat, es war das Falsche. Diese Frau machte ihn wah n sinnig. Sie erfüllte ihn mit einer Hilflosigkeit, die jeder Beschreibung spottete.
Mit einem Fluch auf den Lippen zügelte er Cetan und wartete, bis der Treck an ihm vorbeigezogen war. Makamnaya und Kehala, die auf einem Pferd ritten und aneinanderklebten wie Kletten, warfen ihm mitleidige Blicke zu. Er erwiderte sie mit finsterer Miene. Als Letzter fügte er sich wieder in den Zug ein, den aufgewirbelten Staub der anderen in der N a se. Sei es drum.
Vermutlich war ein böser Geist in seine Frau gefahren. Oder es waren die Qualen der Schwangerschaft, die ihr Übelkeit und schlaflose Nächte bescherten. Oder – und dieser Gedanke war schier unerträglich – ihre Liebe zu ihm war erloschen.
Trotz des Wolfpelzes war ihm kalt. Noch bevor der Abend kam, schlotterte er wie ein Greis, der kein Fleisch mehr auf den Knochen besaß. Sobald der Mond aufging, würden sie rasten. Vor diesen dunklen Stunden fürchtete er sich am meisten, denn eine Ewigkeit schien es ihm her zu sein, dass Naduah ihn mit ihrem Körper gewärmt hatte.
Er schloss die Augen und versuchte, Ruhe zu finden. Es musste ihm wohl gelungen sein, denn als er Petas Stimme neben sich hörte, fuhr er erschreckt zusammen.
„Naduah liebt dich“, sagte sie mit mütterlicher Treffsicherheit. „Mach dir keine Gedanken. Das Kind setzt ihr sehr zu. Sie weiß nicht mehr, was sie sagt und was sie tut. Ich habe es schon oft erlebt. Manche Frauen verändern sich in dieser Zeit, als wären sie von bösen Geistern besetzt. Haben sie ihr Kind geboren, kehrt ihr altes Wesen zurück.“
„Wirklich?“ , fragte er müde.
„Oh ja.“ Petas Stärke war ungebrochen, trotz des Verlustes ihres Ma n nes, und dafür bewunderte er seine Mutter. Ihr Haar war grau, ihr G e sicht zerfurcht wie die Rinde eines Baumes, doch in ihren Augen lag noch immer die Lebendigkeit der Jugend.
„Du wirst es schon sehen, mein Sohn. Naduah wird es bald besser g e hen. Als ich Kehala unter meinem Herzen trug, erging es mir ähnlich. Zuzueca verschwand einen Mond lang, weil er mich nicht ertrug.“
„Wenn sie wenigstens Launen hätte.“ Nocona ließ die Schultern hä n gen. „Naduah ist einfach nicht mehr da. Sie ist kalt. Als würde sie nichts mehr für mich fühlen.“
„Glaube mir, sie liebt dich.“ Peta lächelte so sanftmütig, dass er sich ganz elend fühlte. „Und im Innersten hasst sie sich für das, was sie tut.“
„Wenn du meinst.“
Für den Rest der Reise ritten sie schweigend nebeneinander her. Fah l gelb ging der Mond über den Hügeln der Prärie auf. Als sie in e i nem ausgetrockneten Flussbett ihr Lager aufschlugen und sich auf die Nacht vorbereiteten, war der Trost von Petas Worten wieder verweht. Während Naduah lustlos ihr Abendessen h in unterwürgte, hielt Nocona Quanah auf dem Arm, summte ihm das alte Wiegenlied vor und atmete seinen Geruch ein, umso mehr danach hungernd, weil ihm klar war, dass er bald wieder allein unter seiner Decke liegen würde. Das Feuer flackerte, die geröst e ten Pecannüsse dufteten. Ein unwissender Betrachter hätte das Bild, das sie abgaben, wohl als friedvoll empfunden.
Immerhin, er durfte Quanah halten.
Nocona genoss jeden Augenblick, und als Naduah ihm den Jungen aus den Armen wand, ließ er sie klaglos gewähren. Schweigend rollte sie sich und das Kind in ihre Decke ein, drehte sich weg von ihm und tat, als schliefe sie sofort ein. Keine körperliche Wunde hatte
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