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Nocona: Eine Liebe stärker als Raum und Zeit

Nocona: Eine Liebe stärker als Raum und Zeit

Titel: Nocona: Eine Liebe stärker als Raum und Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Strauss
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bei Kehala zu sein. Sie brauchte ihn, er fühlte sich verantwortlich für ihr Schicksal. Das dumpfe Gefühl in seinem Magen verstärkte sich, sickerte höher und schnürte ihm den Atem ab. Etwas Furchtbares würde geschehen. Da war ein namenloses Entsetzen, versteckt in den Tiefen seiner Seele, wo es ruhte wie ein schlafendes Monstrum. Vielleicht lag darin der Grund dieser Visionen. Er musste Kehala vor irgendetwas oder irgendwem beschü t zen.
    Als die Häuser in der Ferne verschwanden und ihn nur noch die schneefunkelnde Prärie umgab, glitt er von Cezis Rücken und lief zu einer abgestorbenen Baumwollpappel. Darunter blieb er stehen und sah in den Nachthimmel. Silbern umrandete Wolkenfetzen trieben dahin. Der Wind war wie der Atem eines uralten, namenlosen G e schöpfs.
    Um Himmels willen, jetzt wurde er schon poetisch. Konnte es sein, dass ein Teil von Noconas Wesen in ihm zurückblieb und sich mit ihm vermischte? Diese blumigen, farbenfrohen, irgendwie altmodischen Metaphern in seinem Kopf … früher wäre er nie darauf gekommen.
    Makah schloss die Augen und konzentrierte sich auf das letzte Bild, das er von der anderen Welt wahrgenommen hatte. Kehala, die fröhlich neben ihm herritt. Das unendliche, wogende Gras, hinter dem das Ziel ihrer waghalsigen Reise lag. Sein Atem verlangsamte sich, passte sich dem Herzschlag an. Blut gerann zu dicker Melasse und machte jeden klaren Gedanken unmöglich. Die Stille des Winters säuselte in den ka h len Zweigen der Pappel. Und als er tief in seine Seele hinabgesunken war, dort, wo die Erinnerungen vieler Leben zusa m menkamen … riss ihn etwas zurück.
    Das Lärmen eines Schneepflugs. Dahinter das Knattern mehrerer M o peds. Ein paar Wagemutige machten sich einen Spaß daraus, mit ihren lärmenden Klapperkisten über die frisch geräumte Straße zu schlingern. Grelle, orangefarbene Scheinwerfer huschten über den Schnee. Das Grölen der Jugendlichen vermischte sich mit dem Motore n lärm und dem Röhren des Schneepflugs zu einem Stakkato, das sein Gehirn in Brei verwandelte. Makah sackte gegen den Baumstamm. War er irre, hier draußen in der Kälte sein Bewusstsein aufzugeben? Seine Finger waren blau gefroren, seine Zehen kaum mehr spürbar. Offenbar funktionierte der instinktive Alarmmelder seines Körpers tadellos. Wäre er hier und jetzt in die Vision versunken, hätte er sich mö g licherweise von ein paar Fingern oder Zehen verabschieden können. Das andere Leben jenseits dieser Wirklichkeit war unglaublich stark. Es zerrte an ihm, lockte ihn, brandmarkte ihn. Die Visionen waren machtvoll, vielleicht zu machtvoll für seinen Körper, und der Wille, in vergangene Zeiten zurückzukehren, hatte für einen Moment jede Vernunft ausg e löscht. Seine Schritte waren mühsam. Sich auf das Pferd hinaufzuziehen , gestaltete sich als schwei ß treibender Akt. Das konnte unmöglich allein an seiner Erschöpfung liegen. In den letzten Wochen war er am Abend immer erschöpft gew e sen, aber das hier fühlte sich anders an. Als mach t e ihm sein Körper deutlich, dass er zurückwollte. Um jeden Preis. Und wenn er nicht g e horchte, strafte er ihn mit ein paar Tonnen zusätzlichem Gewicht.
    Wenigstens war ihm jetzt warm. Aber e in Stück von ihm war in der anderen Welt zurückgeblieben . Seine Seele war ein Puzzle, in dem Teile fehlten, und mit jeder Vision ging ihm ein weiteres Stück ve r loren.
    Naduah … Sara … Kehala.
    Er konnte Isabella nichts davon erzählen. Sie glaubte nicht an die Le h ren ihrer Vorfahren und ebenso wenig an Visionen oder verga n gene Leben. In dieser Hinsicht war sie wie viele andere. Was auch immer seine Aufgabe war, er würde sie allein bewältigen müssen.
     
    Makahs Magen knurrte wie ein wütender Grizzly. Er fischte einen der mit gefrorenem Eintopf gefüllten Glasbehälter aus dem Schnee, die er hinter dem Haus deponiert hatte, entfernte den Deckel und stellte ihn in den Herd. Einen Vorteil hatte der Winter. Man kam prima ohne Tie f kühltruhe und Kühlschrank aus.
    Während die Suppe taute, aß er ein Stück von dem Käse, den Julie ihm mit glühenden Wangen und klimpernden Wimpern überreicht hatte, ließ einen Snickers-Riegel folgen und fiel, fürs erste vom gröbsten Hu n ger erlöst, auf das Sofa. Der aufwirbelnde Staub ließ ihn niesen. Das Wort Frühjahrsputz wehte durch Makahs Gedanken, versuchte , sich an seiner To-Do-Liste festzuklammern und scheiterte. Stattdessen wurde es rüde in der Irgendwann-aber-eilt-nicht-Schublade

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