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Nocona: Eine Liebe stärker als Raum und Zeit

Nocona: Eine Liebe stärker als Raum und Zeit

Titel: Nocona: Eine Liebe stärker als Raum und Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Strauss
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der Sinn nach Eile. Gemächlich folgte er Kehalas Spuren, und da sie seit Langem keiner einzigen Me n schenseele mehr begegnet waren, erlaubte er sich, die Vo r sicht außer Acht zu lassen und seine Sinne ganz der Pracht zu öffnen, die ihn umgab.
    Irgendwann, als die Sonne bereits tief stand, hörte er es. Ein monot o nes Rauschen. Rhythmisch und verlockend.
    „Bruder!“ Der Ruf seiner Schwester klang leise und fern. „Komm schnell und sieh es dir an! Sieh dir das ewige Wasser an!“
    Er drückte Cetan die Hacken in die Flanken, hörte den Waldboden unter den Hufen schmatzen, trieb ihn wieder und wieder an, bis Kehala und die Stute vor ihnen auftauchten. Er hatte Geschichten gehört, L e genden, Mythen. Doch in seiner Vorstellung war nie ein Bild zu dem entstanden, was er gehört hatte. Ein Fluss, so breit, das seine Wellen gewaltig und sein Ende nicht sichtbar war. Ein See, so gigantisch, das man ihn selbst in zwei Monden nicht überqueren konnte. Und dann sah er es. Das tiefe, strahlende Blau. Dort, wo moosbedeckter Boden in Sand überging, saß Kehala auf ihrer Stute und regte sich nicht. Starr blickte sie auf das Wasser hinaus.
    Sein Atem verdorrte in der Kehle. Vor sich sah er einen Strand von unermesslicher Länge, übersät mit Treibholz. Riesige Baumstämme lagen im hellen Sand, zerschlissen vom Zahn der Zeit. Er erinnerte sich an Legenden, die von gewaltigen Gottwesen erzählten. Sie hatten Wälder und Gebirge, Prärien, Flüsse und Seen erschaffen, um zuletzt dem Me n schen Leben einzuhauchen. Wenn diese Gottwesen ebenso starben wie Menschen, musste dies hier ihr Friedhof sein.
    Wellen von der Farbe reinster Türkissteine rollten an den Strand. Di e se Weite war noch unermesslicher als die der Prärie. Sie tat im Herzen weh und erfüllte ihn mit Ehrfurcht, und plötzlich wünschte er sich nichts sehnlicher, als Naduah bei sich zu haben. Er wollte diesen Anblick mit ihr teilen. Er wollte das Leuchten in ihren Augen sehen, das Strahlen ihres Gesichtes und das Zittern ihres Körpers angesichts solch unb e greiflicher Schönheit. In jedem Geschöpf lag die Energie des Lebens, doch dieses Wasser schien die Quelle aller Energie zu sein. Das Ra u schen der Wellen , das Summen des Bodens unter gewaltiger Macht. Die Schreie der Vögel und das Heulen des Windes. Er wollte all das spüren. Mit jedem seiner Sinne .
    Schnell befreite er Cetan von Sattel und Gepäck und ließ ihn mit Kehalas Stute davongaloppieren. Er zog sein Jagdhemd aus, ließ Moka s sins und Beinlinge folgen und berührte mit nackten Füßen den Sand.
    Kehala riss sich die Kleider vom Leib, raffte sie sich unter den Arm und rannte dem Ufer entgegen. Sie stürzte sich in die Wellen und schle u derte mit beiden Hä n den glitzerndes Wasser empor. „Komm Bruder, es ist herrlich.“
    Er beobachtete seine Schwester eine Weile, bezaubert von dem Glück, das sie ausstrahlte. Daheim würde sie heiraten und ihre eigene Familie gründen. Genauso wie er, gemeinsam mit Naduah. Mit der wundersch ö nen, türkisäugigen Frau, die er kaum kannte und die ihm doch näher war als jeder andere Mensch. Allein der Gedanke ließ seinen Körper glühen. Er zog seine Kleider aus, legte sie auf einen der toten Baumstämme und ging zum Wasser hinunter. Naduah und er waren noch jung. Vielleicht erlaubte es ihnen das Schicksal, hierher zurückzukehren. Bevor sie Ki n der bekamen, oder irgendwann gemeinsam mit ihren Kindern. Im Gla u ben, das Wasser müsse ähnlich warm sein wie die Luft, hechtete er ku r zerhand in die nächste Welle. Aufgefa n gen wurde er von eisiger Kälte. Sein Körper verkrampfte sich, der Atem blieb ihm im Hals stecken. Kehala half ihm über den Schrecken hinweg, indem sie ihn mit einem Bündel glitschiger Pflanzen bewarf. Er stürzte sich auf sie, riss sie von den Füßen und drückte sie unter Wasser, doch sie wehrte sich aus Le i beskräften und triumphierte, als er einen Schwall Wasser schluckte. Was war das für ein dämonisches Zeug?
    Er wollte fluchen, stattdessen hustete er sich die Seele aus dem Leib. War das ein Meer voller Gift, schlimmer als Dummheitswasser? Er würgte und schüttelte sich, bis das Brennen langsam verebbte.
    Während Kehala wie ein junges Fohlen herumtobte und nicht zu b e merken schien, wie es ihm erging, zog er sich auf einen der aus dem Wasser ragenden Felsen und streckte sich darauf aus. Sonnenstrahlen kitzelten seine Haut, Schaum strömte über seinen Körper und erinne r te an zärtliche Berührungen.
    Naduah

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