Nocona: Eine Liebe stärker als Raum und Zeit
…
Beim G roßen Geist, er dachte nur noch an Naduah. Sein Gebot an Pferden würde das höchste sein, von dem man jemals gehört hatte. Das kleine Blauauge war ihm hundert Pferde wert. Nein, tausend. Er schmi e dete Pläne , während der Wellenschaum über seinen Bauch strich. In seiner Vorstellung waren es Naduahs Finger, die ihn berührten. Ihr schweres Haar floss über seinen Körper, ihre schweißnasse Haut presste sich an die seine. Ihre Schenkel öffneten sich für ihn, und er schob si ch über sie, um ….
„Wovon träumst du?“
Ehe Nocona wusste, wie ihm geschah, wurde er vom Felsen hin unte r gestoßen. Unsanft landete er im Wasser, schluckte aufs Neue einen Schwall und spuckte ihn würgend aus.
Kehala erblasste angesichts des Blickes, den er ihr zuwarf. Kreischend ergriff sie die Flucht. Dieses garstige Wiesel! Nach kurzem Lauf holte er sie ein, warf sie zu Boden und rollte sich mit ihr in der Brandung herum. Sie balgten miteinander, tanzten umeinander herum und bedrohten sich mit wilden Grimassen. Irgendwann brachen sie in Gelächter aus, bee n den ihr Geplänkel mit einer abwinkenden Geste und kehrten zu den Kleidern zurück. Es wurde Zeit. Sie mussten zurückkehren, so bera u schend dieses Land auch war. Gewiss war en zwei Jahr e vergangen, vie l leicht auch mehr, denn er konnte unmöglich ermessen, wie lange sie als Geister durch das Gebirge geirrt waren.
„Wir müssen mehr Essen mitnehmen.“ Er streckte sich noch einmal in der Sonne und sog die würzig e Luft in sich hinein. „Vor allem fetten Pe m mikan. Und wir brauchen mehr Felle.“
„Es war Winter, als wir die Berge überquerten.“ Kehala untersuchte ein stacheliges Schneckenhaus, schien zu überlegen, ob sie es mitnehmen sollte, und warf es nach kurzer Überlegung zurück ins Wasser. „Die Händler erzählten, dass im Frühling Teppiche aus Blumen wachsen, wo es sonst nur Eis gibt.“
Sie konnten nur darauf hoffen. So viele Monde würden noch verg e hen, bis er sein Dorf wiedersah. So viele Monde, bis er Naduah wiede r sah. Jeder Tag würde ihm wie eine Ewigkeit vorkommen.
Er hatte Schurz und Beinlinge angezogen und hob gerade sein Jagdhemd auf, als ihm eine Bewegung im Augenwinkel auffiel. Er e r starrte. Zu unwirklich war der Anblick, der sich ihm bot. Nein, beharrte sein Verstand. Unmöglich, dass sie wie aus dem Nichts auf ge taucht w a ren. Unmöglich, dass er sie nicht gehört hatte.
Sechs Männer auf Pferden standen am Waldrand und beobachteten sie. Ihre Lederkleidung war schmutzig und schlecht gegerbt, ihre Bärte verfilzt. Gewehre und Biberfallen hingen an den Satteltaschen, zwei Maultiere trugen Bündel aus zusammengeschnürten Fellen. Die Trapper grinsten. Es war das triumphierende Lächeln von Jägern, die ihre lang verfolgte Beute endlich in der Falle wussten. Man hatte sie verfolgt. Wie lange schon? Wann hatte der Nebel des Waldes begonnen, ihre Sinne so zu betäuben, dass ihnen sechs Männer auf Pferden entgingen?
Nocona zog das Messer aus der Scheide. Ihr Gepäck samt den Waffen lag am Waldrand, keine fünfzehn Schritte entfernt und doch unerreic h bar. Alles, was er besaß, war diese Klinge. Eine lächerliche Waffe gegen einen solchen Feind.
Kehala presste sich schutzsuchend an ihn. Er musste ruhig bleiben, seine Gedanken ordnen, einen Weg finden, ihr Leben zu retten. Kon n ten sie in das Wasser flüchten? Nein, unmöglich, er hatte die Macht der Strömung gespürt. Wenn sie weiter hinausschwammen, würden die We l len sie verschlingen.
Er musste Kehala beschützen, selbst wenn es bedeutete, ihr einen schnellen, schmerzlosen Tod zu bereiten. Sein Verstand arbeitete fiebe r haft. Was sollte er tun? Es musste einen Weg geben. Sie waren schnell, möglicherweise konnten sie den Männern im Wald entkommen. Doch dafür mussten sie den Wald zuerst erreichen. Ehe ihnen das gelang, wü r den Kugeln sie durchsieben.
Seine Hand krampfte sich um den Griff des Messers, jeder Muskel spannte sich an. Plötzlich, so schnell, dass er nichts dagegen tun konnte, riss sich Kehala los. Sie rannte, schlug einen Haken und stürmte auf den Waldrand zu, flink wie ein Reh. Einer der Männer trat seinem Pferd die Hacken in die Flanken und nahm die Verfolgung auf. Er hob ein zu einer Schlinge gebundenes Seil, wirbelte es über seinem Kopf herum und wollte es nach ihr werfen, doch ehe ihm das gelang, drang Noconas Messer bis zum Heft in seinen Rücken ein. Der Mann fiel vom Pferd, ohne einen Laut von sich zu geben.
Kehala tauchte im
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