Nocturne City 01 - Schattenwoelfe
dasselbe.
„Ganz ruhig“, sagte ich zu ihr. „Ich weiß, wie man sich im VIP-Bereich benimmt. Ich werde weder meinen Drink verschütten noch jemanden festnehmen. Versprochen.“
Das leise Gewirr verschiedener Stimmen, das den Raum erfüllte, wurde zunehmend leiser, als ich an der verzweifelten Kindred vorbei in Richtung Cassandra marschierte. Die Body-Mod-Göttin schien gerade Hof mit den freigiebigeren Gästen des Maven’s zu halten. Ich nahm kurz Witterung auf und musste fast würgen, weil so viel Kupfer und Schweiß in der Luft lagen -ganz offensichtlich bevorzugte es Cassandra, sich mit Bluthexen zu umgeben.
Sie hob ihr Glas. „Da wir hier alle Kinder der dunklen Götter sind, möchte ich angesichts der äußerst verheißungsvollen Abenddämmerung einen Toast auf euch alle ausbringen. Trinken wir auf euch, die ihr das Blut und die Brüder seid, die unter dem dunklen Fleisch vereint werden. Auf das Fleisch!“
„Auf das Fleisch!“, riefen die sie umringenden Hexen im Chor.
Ich musste kichern. Es war nur ein Hauch von einem Kichern, nicht viel mehr als ein kurzer Pieps eigentlich, den ich sofort mit einem Biss auf die Innenseite meiner Wange unterdrückte, da es sich zweifelsohne nicht sonderlich gut machen würde, über Cassandras Zeremonie zu gackern, wenn ich eigentlich ihre Hilfe wollte.
Aber es war schon zu spät – alle Köpfe im Raum drehten sich zu mir um. Jene, die mir am nächsten standen, setzten eine wütende Maske auf. Cassandra senkte ihr Glas, verließ den Kreis ihrer Anhänger mit einigen kurzen Schritten und musterte mich von oben bis unten.
„Wer bist du, Ungläubige?“, fragte sie in einem Ton, der nichts mehr mit dem theatralischen Kokolores von vorher zu tun hatte und mich für eine Sekunde überlegen ließ, ob es sich um die gleiche Frau handelte.
Ich ließ meine Finger in meine Jackentasche gleiten und griff nach meiner Dienstmarke, ließ sie dann aber doch stecken.
„Ich bin ein Freund von Perry“, sagte ich und erntete wildes Zischen und jede Menge Flüche von den Anwesenden.
„Die Freunde von Perry sind hier nicht willkommen!“
Aufgeregt rief Kindred von hinten dazwischen: „Cassandra, sie hat mich gezwungen, sie reinzulassen! Ich habe deine Befehle nicht missachtet!“
„Ja, sicher doch. Als Wachhund bist du absolut nicht zu gebrauchen. Deine Rumheulerei vorhin von wegen »Cassandra und Maven werden mich umbringen’ war wirklich herzerweichend!“, rief ich in ihre Richtung.
„Perry hat sie geschickt, um mich auszuspionieren“, sagte Cassandra bestimmt. „Wie unmanierlich von ihm!“
Beschwichtigend hob ich beide Hände. „Hören Sie, Cassandra. Ich bin nur gekommen, um mit Ihnen zu reden.“ Bei meinem nächsten Besuch würde Perry was erleben!
„Reden? Das ist es nicht, was wir hier normalerweise machen“, wies mich Cassandra zurecht. Die Iris ihrer Augen vergrößerte sich, und im Licht der Deckenlampe konnte ich sehen, wie eine tintenschwarze Flüssigkeit ihr gesamtes Auge auszufüllen begann. Sie lächelte. „Was wir hier machen, meine Liebe, ist, das Fleisch zu formen.“
Es passierte so schnell, dass ich noch nicht mal im Nachhinein genau verstand, wie die drei Männer neben mir plötzlich meine Arme greifen, sie auf meinen Rücken drehen und mich schmerzhaft niederhalten konnten, während ich in blinder Wut versuchte, mich loszureißen.
Ich schrie das einzige Wort, das meine wild rasenden Gedanken in diesem Moment zu formulieren in der Lage waren: „Dmitri!“
Aus der Menge kamen weitere Personen auf mich zu, und eine Welle zorniger Augenpaare schien über mich hereinzubrechen. Einer der Männer, die mir die Arme verdrehten, riss mir meine Lederjacke herunter und warf sie zur Seite. In Gedanken murmelte ich ein leises Gott sei Dank – die Dienstmarke hätte mir in diesem Augenblick mehr geschadet als genützt. Als die Jacke weg war, entdeckten die anderen beiden mit empörten Zischlauten meine Glock.
„Cassandra!“, rief einer der beiden. „Sie ist bewaffnet.“
Cassandra lächelte. „Das wird ihr jetzt auch nicht viel helfen.“ Sie streckte ihren Zeigefinger aus, an dessen Spitze ein ebenfalls schwarz lackierter Nagel prangte, und zeigte auf mich. „Was wolltest du mit diesem Instrument erreichen?“
„Ganz offensichtlich nicht das, was hier gerade passiert. Dmitri!“, schrie ich erneut und dankte insgeheim meinem Schutzengel dafür, dass Cassandras zombieähnliche Handlanger zu dumm waren, um ein Pistolenholster der Polizei
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