Nocturne City 01 - Schattenwoelfe
gewöhnliches Menschenweib!“ Seine Hände fuhren suchend über den Bund meines Rocks und dann unter mein Trägerhemd. Sie schoben es so weit hoch, dass ich plötzlich fühlte, wie kühle Luft durch meinen BH zog.
Als Maven beim Anblick meines Halsansatzes zischte, wusste ich, dass ihm der lange Kratzer aufgefallen war, den ich der Klinge des maskierten Einbrechers zu verdanken hatte. „Bei den dunklen Göttern …“, raunte Maven in einem Ton, den man bei Gläubigen ganz gleich welcher Religion hört, wenn sie in höchster Not ihre Götter anrufen.
„Cassandra!“, brüllte er. „Beweg deinen Arsch hierher, Weib, und sieh!“
„Aber ich blute, Maven!“, näselte sie zurück. Müdigkeit übermannte mich. Ich wünschte mir nichts sehnlicher, als dass die beiden endlich aufhörten zu reden und all diese Menschen mir vom Leib blieben. Ich wollte einfach nur noch schlafen.
„Deine Nase interessiert mich nicht!“, blaffte Maven wütend zurück und schien nun vollkommen die Beherrschung zu verlieren. „Beweg dich gefälligst und sieh dir an, was du getan hast!“
Cassandra stürzte zu ihm, und auf einmal schwebten zwei blasse Mondgesichter über mir. Sie holte bestürzt Luft. „Oh nein.“
„Kannst du es nicht spüren?“, herrschte Maven sie an. „Jemand anders hat sie gezeichnet.“
„Ich … ich hatte keine Ahnung“, druckste Cassandra erschrocken und schluckte. „Die Brandings … ein Wächter muss sie gefunden haben, und sie hat hier nach ihm gesucht, wegen meiner Brandings …“
„Das spielt jetzt keine Rolle mehr“, sagte Maven. „Fakt ist, dass du dich an ihrem Fleisch vergangen hast, und sie werden es sehen.“
Für den Bruchteil einer Sekunde dachte ich, dass er mich gehen lassen würde. Ich wusste nicht, was mir der maskierte Einbrecher angetan hatte, aber anscheinend war es so schrecklich, dass es Maven und Cassandra eine ungeheure Angst einjagte.
Aber da zischte Cassandra hektisch: „Töte sie! Schnell! Töte sie!“, und zerschmetterte meinen naiven Gedanken.
„Alle raus! Lasst uns allein!“, sagte Maven zu den Umstehenden. „Wir müssen sie beseitigen, bevor dieses Vergehen entdeckt wird.“
Die Menge zog sich mit nervösem Flüstern zurück. Noch bevor ich überlegen konnte, was die beiden so außer Fassung gebracht hatte, als sie die fast verheilte Wunde über meiner Brust sahen, saß Maven schon auf mir und setzte eine lange Klinge an meiner Kehle an. Der Blutverlust hatte einen Schleier über meine Wahrnehmung gelegt, der auch meine Sicht zunehmend vernebelte. Als sich jedoch Mavens Armmuskeln anspannten, um mir mit einem Zug die Kehle durchzuschneiden und damit diesen Albtraum aus Blut, blitzenden Messerklingen und Ritualen zu beenden, flackerte noch einmal ein kurzer Funken Leben in mir auf, und der Knall eines Pistolenschusses zerriss die Luft. Im nächsten Moment stoben die Menschen unter den Anwesenden panisch schreiend auseinander, die Bluthexen aber blieben stehen.
Ich drehte meinen Kopf zur Seite und sah, dass Dmitri meine Glock in der Hand hielt. Ein Blick in die andere Richtung ließ meine Augen auf den bewusstlos zusammengesackten Barkeeper fallen, über dessen Hals sich ein kleines Blutrinnsal ergoss.
Dmitri zog den Schlitten der Glock mit einer routinierten Handbewegung nach hinten und zielte mit dem Lauf auf Maven und Cassandra. „Eine Bewegung, und ihr zwei seid erledigt“, knurrte er drohend.
Maven hob besänftigend die Hände. „Wenn wir das Vergehen an ihrem Fleisch nicht mit ihr auslöschen, werden wir uns alle unvorstellbaren Ärger einhandeln. Du hast ja keine Ahnung, mit wem du dich hier anlegst, Werwolf.“
„Und ehrlich gesagt, ist mir das auch so egal wie eine tote Hexe mehr oder weniger auf diesem Planeten“, wetterte Dmitri ihn an. „Also nehmt gefälligst eure Finger von der Frau!“
„Du dummes Tier“, fauchte Cassandra. Sie erhob sich, und ihr Gesicht war voller Verachtung. „Jeder erntet, was er sät!“ Ich fühlte noch, wie ihr Seidenkleid über meine Wange strich, und dann war sie verschwunden.
Die Erleichterung darüber, nicht sterben zu müssen, ließ mich vollends in die Bewusstlosigkeit abgleiten, und ich merkte nur noch schemenhaft, wie mich Dmitri in seinen Armen in die kühle Nacht hinaustrug.
Im darauffolgenden Tiefschlaf begegnete ich wieder Joshua. Mit Tränen in den Augen flehte ich ihn an, mich nicht zu verlassen. An meiner Schulter lief klebriges Blut herunter, und ich kauerte fast nackt im hinteren Teil
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