Nocturne City 02 - Blutfehde
ich den Flur hinunter, riss, ohne anzuklopfen, ihre Bürotür auf und brüllte: „Was zum Teufel wollen Sie?“
Mit einem zornigen Schnauben erhob sich Morgan hinter ihrem Schreibtisch und funkelte mich mit fuchsteufelswilden Augen an. Mein bloßer Anblick schien mittlerweile auszureichen, um die sonst so selbstbeherrschte Karrierefrau vollkommen aus der Fassung zu bringen. „Sie sind eine Schande für das ganze NCPD!“, brüllte Morgan. „Nicht genug damit, dass Sie einfach so einen Tatort verlassen, an dem ein Mann mit aufgeschnittener Kehle liegt, nein, Sie setzen sich auch noch wiederholt über meine Befehle hinweg und treten die Richtlinien des NCPD mit Füßen! Her mit der Marke und der Waffe, und dann verschwinden Sie aus meinem Revier!“
Ich blinzelte verdutzt. „Sie feuern mich?“
Als Morgan daraufhin loslachte, klang es für mich wie das gehässige Heulen eines Koyoten. „Denken Sie wirklich, dass ich es nach all den Scherereien, die Sie der Polizei von Nocturne City und den O’Hallorans gemacht haben, zulassen würde, dass Sie zur Belohnung noch Arbeitslosengeld kassieren? Nein, Detective, entlassen werde ich Sie bestimmt nicht. Stattdessen schicke ich Sie in unbezahlten Urlaub, meine Liebe, und zwar so lange, bis wir durch ein psychologisches Gutachten Ihre Untauglichkeit für den Polizeidienst festgestellt haben.“
Melinda Morgan hatten sie also auch schon in der Tasche! „Hat Sie etwa Seamus O’Halloran auf diesen Schwachsinn gebracht?“
Morgans Augen wurden schmaler. „Was wollen Sie damit andeuten, Detective?“
„Nichts. Ich sage nur, dass O’Halloran einer der mächtigsten Männer dieser Stadt ist und bisweilen sehr überzeugend sein kann …“
Morgan starrte an die Decke und ballte dabei so entschlossen die Fäuste, als würde sie jeden Moment auf den Schreibtisch einschlagen wollen. „Ihre Marke und Ihre Waffe, Detective! Her damit, und zwar dalli!“
„Nein“, sagte ich trocken und überraschte mich selbst mit dieser Antwort noch mehr als meinen Captain. „Es tut mir leid, aber das kann ich nicht tun, Ma’am. Seamus O’Halloran ist ein Kidnapper und ein Mörder, und ich werde mich nicht durch Ihre albernen Befehle davon abhalten lassen, es zu beweisen. Wenn Sie mich trotzdem daran hindern wollen, müssen Sie es mit Gewalt tun.“
Mit einem Schlag verschwand die rote Farbe aus Morgans Gesicht, und ihre rasende Wut schien sich in Empörung zu verwandeln. „Das ist … das ist doch unglaublich“, stammelte sie. Für einen Augenblick standen wir uns wortlos gegenüber und warteten auf eine Reaktion der jeweils anderen. Morgan war ganz offensichtlich ratlos, und das machte ich mir zunutze. Mit einem Satz war ich aus der Tür und ließ meine Vorgesetzte verdattert in ihrem Büro zurück.
Auf dem Weg zum Ausgang lief ich McAllister in die Arme.
„Was zum Teufel geht hier vor, Wilder?“
„Ich bin beurlaubt“, antwortete ich. „Glaube ich zumindest.“
„Schon wieder?“ Mac stieß einen tiefen Seufzer aus und dachte dabei wahrscheinlich an unseren früheren Captain Wilbur Roenberg, der es sich eine Zeit lang zum Hobby gemacht hatte, mich ständig zu beurlauben.
„Sieht ganz so aus, Mac. Hören Sie, es tut mir leid wegen all des Ärgers, den ich Ihnen bereitet habe, aber ich muss jetzt los zum Basin Lake. Jemand braucht meine Hilfe.“ Energisch hielt mich Mac am Arm zurück. „Warum sind Sie hinter Seamus O’Halloran her, Luna? Noch nicht mal die Mafia würde sich mit diesem Typen anlegen.“
„Er hat den Bogen einfach überspannt. O’Halloran ist nichts weiter als ein fieser alter Knochen, der denkt, dass die ganze Welt vor ihm am Boden kriechen sollte, nur weil er ein paar Zaubertricks draufhat. Aber jetzt ist Schluss damit!“, erklärte ich. „Ganz nebenbei bin ich mir auch absolut sicher, dass er hinter diesen Morden steckt!“
„Wissen Sie, Luna“, sagte Mac und kaute dabei nervös auf dem Filter einer nicht angezündeten Zigarette herum, „man kann Ihnen sicherlich eine Menge unschöne Dinge vorwerfen, aber meines Wissens haben Sie mit Ihrem verdammten Dickkopf noch nie falschgelegen. Also gehen Sie! Ich werde Ihnen Verstärkung schicken und den zuständigen Sheriff benachrichtigen.“
Macs Worte stimmten mich besorgt. Das letzte Mal, als mein Lieutenant mich gegen die Anordnungen meines Captains unterstützt hatte, wäre er um ein Haar nicht nur seinen Job losgeworden, sondern auch sein Leben. „Sie wissen, dass Sie damit Ihre Pension aufs
Weitere Kostenlose Bücher