Nocturne City 03 - Todeshunger
in eine Ecke, stieß gegen die Wand und blieb liegen.
Bryson senkte die Waffe, schob den Sicherungshebel mit dem Daumen zurück und starrte mich mit untertassengroßen Augen an. »Wilder?«
»Ich bin in Ordnung«, keuchte ich, aber mein schmerzender, schweißgebadeter Körper fühlte sich ganz und gar nicht okay an. Blut troff mir von den Fingern und vom Kinn, während sich meine Klauen und Reißzähne zurückzogen. »Wirklich, Bryson … ich bin in Ordnung«, wiederholte ich, um ihn zu beruhigen.
Mühevoll richtete ich mich auf, sodass ich mich hinknien konnte. Dann reichte mir Bryson die Hand, um mir aufzuhelfen. »Hex noch mal, was war das?«, fragte er.
»Böse Magie«, antwortete ich. »Tu mir einen Gefallen und nimm das Ding mit. Ich will es nicht noch einmal berühren.«
»Ja, klar …« Bryson hob die Holzfigur mit so zittrigen Händen auf, dass man hätte glauben können, der monströse Mund würde jeden Moment nach seinen Fingern schnappen. »Du bist dir sicher, dass es dir gut geht?«
Eigentlich hätte ich mit Nein antworten müssen. Stattdessen zog ich die Schulterblätter zurück, schluckte das Blut in meinem Mund und nickte mit zusammengebissenen Zähnen. »Was sollte eigentlich die Nummer mit dem Magazin? Wenn du das immer tust, bevor du schießt, wird irgendwann mal einer schneller abdrücken als du!«
»Ach Quatsch …«, schnaufte Bryson. »Als ich diesen Fall übernommen habe, bin ich sofort zu einem dieser Läden bei der Universität – du weißt schon, diese Schuppen, wo die Verkäuferinnen von oben bis unten tätowiert sind und den ganzen Tag Räucherstäbchen abbrennen. Da habe ich mir eine Packung Anti-Werwolf-Munition gekauft. Zur Sicherheit.«
Ich beugte mich über die Spüle, drehte den verrosteten Hahn auf und spritzte mir Wasser ins Gesicht. »Zur Sicherheit?«
»Silberkugeln«, erläuterte Bryson und machte eine beschwichtigende Geste, als ich ihm daraufhin einen zornigen Blick zuwarf. »Schau mich nicht so an! Ich muss mich schließlich auch schützen!«
»Wenn du damit auf jemanden anlegst, solltest du ihn besser mit dem ersten Schuss umlegen. Ein mit Silberkugeln verwundeter Werwolf wird erst Ruhe geben, wenn er deinen Kehlkopf zu Blutwurst verarbeitet hat«, antwortete ich und rieb an meinem Bizeps, den fast ein Jahr zuvor ein solches Silbergeschoss durchschlagen hatte. »Ich habe neulich deine miserablen Ergebnisse am Schießstand gesehen, David. Wenn es dir wirklich um deine Sicherheit geht, solltest du dir lieber eine große Dose Pfefferspray und ein paar gute Laufschuhe zulegen, statt mit Silberkugeln auf Werwölfe zu schießen.«
Bryson ersetzte seine Silberkugeln wieder durch herkömmliche Munition, und ich griff zu und steckte sie ein. »Schluss mit dem Quatsch! Ich habe keine Lust, einem wütenden Rudelführer erklären zu müssen, warum du seinen Leuten mit diesen gottverdammten Van-Helsing-Geschossen auf den Leib rückst!«
»Spinnst du? Das Magazin hat mich hundertzwanzig Dollar gekostet!«, protestierte Bryson.
»Überteuert«, antwortete ich knapp und streckte meine Glieder aus, um mir die schmerzenden Nachwehen der abgebrochenen Verwandlung aus den Knochen zu dehnen. »Lass uns abhauen.«
Mürrisch griff Bryson die Holzstatue und folgte mir.
Nachdem mich David gegenüber des Tattooladens Second Skin auf der Devere abgesetzt hatte, rief ich Sunny an. »Wie lange brauchst du, um ins Zentrum zu kommen, Cousinchen? Ich hab hier etwas, das du dir ansehen musst!«
Bryson hatte die Figur in Plastiktüten eingehüllt und dann in eine Sporttasche aus dem Kofferraum seines Autos gesteckt. Nach einer Weile konnte ich den Geruch von benutzten Socken und Brysons Schweißfüßen aber nicht mehr ignorieren, sodass ich die Tasche mit ausgestrecktem Arm vor mir hertragen musste, während ich in der anderen Hand das Handy hielt.
»Luna, auch wenn du es mir nicht glauben wirst, ich habe auch ein Leben!«, entgegnete Sunny schnippisch. »Ich muss Großmutter vom Flughafen abholen, außerdem bin ich zum Essen verabredet.«
»Pass auf, Sunny, wenn es nicht um Leben und Tod ginge, hätte ich dich nicht angerufen«, redete ich auf sie ein. »Sag Rhoda ab. Nur dieses eine Mal.«
»Du bittest mich nicht nur um Hilfe, wenn es um Leben und Tod geht.« Ihre Stimme klang griesgrämig. »Sondern jedes Mal, wenn du dir dank deiner großen Klappe und deines reizbaren Temperaments mal wieder mehr Probleme geschaffen hast, als du bewältigen kannst.«
»Sunny«, flüsterte ich. »Es
Weitere Kostenlose Bücher