Nocturne City 03 - Todeshunger
um die Ecke gebracht hat.«
»Ich sage nicht, dass es ein Geist war, David«, wandte ich ein. »Die Geldübergabe war offensichtlich eine Falle. Ich denke, Duvivier hat jemanden damit beauftragt, Lautrec umzubringen, um seinen Status im Rudel nicht zu gefährden. Einen Mord im Territorium hätte er den Rudelältesten in Montreal erklären müssen, aber da man Lautrec außerhalb der Stadt gefunden hat, steht Duvivier mit weißer Weste da.«
Ich tat Bryson einen Riesengefallen. Bei einem Mord an einem Rivalen innerhalb eines Werwolfsrudels bestand keine Notwendigkeit für das NCPD, allzu nachhaltig zu ermitteln. So war es absolut legitim, wenn Bryson den Fall auch ohne Ermittlungsergebnisse zu den Akten legte. Entgegen meiner Gewohnheit war ich auf dem besten Weg, die Toten dieses Mal ruhen zu lassen, statt ihnen zu schwören, für Gerechtigkeit zu sorgen.
Wilder, du bist kein Detective mehr. Lass sie ruhen!, mahnte eine Stimme in meinem Kopf.
»Gut, aber da sind noch die anderen drei Mordfälle, bei denen ich genauso im Dunkeln tappe«, wandte Bryson niedergeschlagen ein und wies auf die Fallakten auf seinem Schreibtisch.
»Gib mir ein paar Stunden Zeit, ich werde mir das mal ansehen«, versuchte ich, ihn aufzumuntern, während eine Kollegin Laurel Hicks zum Ausgang führte. Als sie an uns vorbeiging, warf sie mir einen langen, unglücklichen Blick zu und wandte sich dann mit einer energischen Bewegung ab.
»Tu dir keinen Zwang an«, sagte Bryson. »Der Karren steckt schon so tief im Dreck, dass es nur noch besser werden kann.«
»Wenn du mir einen Kaffee und einen Bagel spendierst, bleibe ich, bis TAC-3 mich ruft, um die Welt zu retten«, sagte ich. Derzeit war es mir lieber, im 24. neben Bryson zu sitzen und in Mordakten zu stöbern, als heimzugehen. Darüber, wie gestört dieses Verhalten war, wollte ich nicht nachdenken.
Zugegebenermaßen genoss ich es, dass Bryson losging, um mir meinen Wunsch zu erfüllen. In der Zwischenzeit setzte ich mich an seinen Schreibtisch und versuchte herauszufinden, welcher der ermordeten Werwölfe zu welchem Rudel gehört hatte und in welcher Verbindung sie zu Gerard Duvivier gestanden haben mochten.
Als ich mich über die Akten beugte, wurde mir klar, wie sehr ich es vermisst hatte, mich in einen Fall zu vertiefen und meinen Gedanken freien Lauf zu lassen, um in mühevoller Kleinarbeit den Ansatz für eine Theorie aus den Indizien und Hinweisen herauszuarbeiten.
»Werden wir jetzt sentimental?«, brummte ich und blätterte die Berichte der State Police durch. Man hatte alle vier Leichen fernab bekannter Zufahrtsstraßen und illegaler Müllkippen in einem Radius von fünfzig Meilen rings um das Sierra Fuego Preserve gefunden. Lautrec war das erste Opfer gewesen. In den darauffolgenden sechs Wochen hatte man dann erst die Leiche der attraktiven Blondine Priscilla Macleod und etwas später die der anderen beiden Werwölfe entdeckt.
Beinahe lautlos stellte Bryson eine Kaffeetasse mit mokkafarbenem Inhalt und einen mit Frischkäse bestrichenen Sesambagel neben mir auf den Tisch. »Wow, du erinnerst dich tatsächlich, wie ich meinen Kaffee trinke?«, fragte ich reichlich verdutzt.
»Wilder, fast zwei Jahre lang hast du deinen süßen Arsch an den Schreibtisch gegenüber meinem gepflanzt … ganz so unachtsam, wie du möglicherweise denkst, bin ich dann doch nicht.«
»Rührend. Das tote Mädchen, Priscilla, ist von den War Wolves.« Ich tippte mit dem Zeigefinger auf den keltischen Knoten an ihrem Hals. »Die Tätowierung kenne ich. Schottisch. Ich glaube, einige Mitglieder ihres Rudels betreiben diese illegalen Wettschuppen in Mainline. Bei den anderen beiden wird es schwieriger.« Viel schwieriger sogar, da ich Dmitri nicht um Hilfe bitten konnte.
»Welche Verbindung besteht zwischen denen und Lautrec?«
»Das ist doch eher dein Job, David«, entgegnete ich, während ich die Wurzel aus Lauras Wohnung in ein Beweismitteltütchen steckte und in meiner Jackentasche verschwinden ließ. »Ich werde unterdessen versuchen, etwas über die Rudel der anderen beiden Opfer herauszufinden.«
»Gut, dann sehe ich mir einstweilen mal Miss Macleods Vorstrafen an. Vielleicht bringt uns das weiter. Melde dich einfach, wenn deine haarige Schnüffelnase was findet, ja?«
Ich hatte schon den Mund geöffnet, um ihn wegen seines dämlichen Kommentars anzuschreien, da schnitt mir ein Tumult im Eingangsbereich das Wort ab.
»Ruhe!«, dröhnte Shelley. »Beruhigen Sie sich!«
»Wir wollen die
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