Nocturne City 03 - Todeshunger
Labortisch vor mir und riss das Ventil auf.
Die riesengroße Stichflamme traf direkt das überraschte Gesicht meines Gegenübers. Im nächsten Augenblick stand er in Flammen, und seine Haut kräuselte sich wie ein Würstchen auf einem viel zu heißen Grill. Schreiend stolperte er rückwärts, prallte gegen den nächsten Labortisch und ging von einem Flammenteppich bedeckt zu Boden. Mit furchtbaren Klagelauten wälzte er sich im Todeskampf.
Regungslos sah ich zu, wie sich die Haut von seinem Körper pellte und sein Fleisch schwarz wurde. Schon nach wenigen Augenblicken musste ich mir die Nase zuhalten, da mir der stinkende Qualm in die Atemwege stach. Als Jin sich nicht mehr bewegte, nagten die Flammen nach und nach das letzte Fleisch von seinem Skelett und verwandelten dann auch seine Knochen in Asche.
Dass Bertrand Lautrec davongekommen war, fiel mir erst auf, als ich wankend die Gerichtsmedizin verließ und draußen auf Kronen und ein ganzes Heer Polizisten und Feuerwehrleute traf.
12
Bryson bahnte sich einen Weg durch eine Traube von Rettungskräften und schüttelte ungläubig den Kopf. »Hex noch mal, Wilder, was ist denn nun schon wieder passiert?«
»Stillhalten!«, schimpfte der Sanitäter, der gerade meinen Arm verband, als ich mich zu David drehte.
»Wir haben ein Riesenproblem«, entgegnete ich.
Bryson streckte den Hals, um an den Absperrungen vorbei in die Gerichtsmedizin linsen zu können. »Welches genau wäre das?«
»Lautrec.« Nachdem der Sanitäter mir eine Spritze gegen die Schmerzen verpasst hatte, ließ er mich mit einem verärgerten Gesichtsausdruck gehen.
»Mein lieber Scholli, schau dir mal die beiden auf den Tragen an … die sehen aus, als hätte sich ein Tyrannosaurus Rex an ihnen zu schaffen gemacht«, staunte Bryson, als man die Überreste von Orris und seinem Vorgesetzten heraustrug. »Lautrec ist tot.«
»Ja … und nein«, murmelte ich. Bryson schloss die Augen und legte sich die Hände auf das Gesicht.
»Sag mir, dass du nur wegen der Schmerzmittel so einen Unsinn erzählst. Bitte!«
»Er ist zusammen mit den anderen drei Opfern vom Obduktionstisch gesprungen und hat Jagd auf uns gemacht!«, erklärte ich. »Wir haben sie alle erwisch, außer Lautrec. Er konnte fliehen.«
»Fliehen – ist das dein Ernst? Wohin sollte ein Mordopfer, dessen Hirn von einer Kugel zerfetzt wurde, schon fliehen?«, fragte Bryson skeptisch, während er nervös an seinem Schlips herumfummelte.
Ich drehte mich um, um mir etwas die zu Beine vertreten und meine Gedanken zu ordnen, da schoss mir auch schon die Antwort zu Brysons Frage durch den Kopf: »Laurel.«
Bryson wurde aschfahl. »Oh nein … gottverdammte Scheiße!«
Obwohl mich Armschlinge und Schmerzmittel stark einschränkten und Bryson nicht gerade der langsamste Polizist im NCPD war, kam ich vor ihm an seinem Taurus an. Hastig platzierte Bryson das Blaulicht auf dem Dach und setzte den Wagen in Bewegung. Ohne Rücksicht auf Verluste rasten wir mit Sirenengeheul zu Laurel Hicks’ Wohnung und begingen unterwegs ein gutes Dutzend Verkehrsverstöße.
»Also, Wilder, was tun wir, wenn wir Lautrec begegnen?«, fragte er mich, als wir durch die Lobby rannten. »Noch mal in den Schädel schießen oder lieber Knoblauch und Weihwasser?«
»So wie ich die Biester erlebt habe, werden wir mit Handfeuerwaffen allein nicht viel gegen ihn ausrichten«, antwortete ich und dachte dabei an Priscilla, der nicht mal mit einer Knochensäge beizukommen gewesen war. »Feuer ist die einzig sichere Methode.«
»Hervorragend. Bloß gut, dass ich heute meinen kleinen Napalm-Flammenwerfer eingesteckt habe«, scherzte Bryson im Lift verzagt. Die Spannung war förmlich mit den Händen zu greifen. »Warum zum Teufel fordert man Unterstützung an, wenn sie dann doch Jahre braucht?«
»Die meisten werden noch mit den Schäden des Erdstoßes beschäftigt sein. Es kommen so viele Notrufe rein, dass TAC-3 seit achtundvierzig Stunden Dienst schiebt«, antwortete ich, um keine Stille aufkommen zu lassen und die Stimme in meinem Kopf zu übertönen: »Unglaublich, Luna, du jagst freiwillig einen Typen, der bereits einmal gestorben ist und schon zu Lebzeiten eine Killermaschine war.«
Als der Fahrstuhl endlich hielt, zeigte ich Bryson mit einer Geste an, er solle vorangehen, und ich würde ihm Deckung geben. Mit der Hand meines unversehrten Arms hielt ich die Pistole und schlich an der Wand entlang hinter meinem Kollegen her. Vor Laurel Hicks’ Wohnungstür fuhr mir
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