Nocturne City 03 - Todeshunger
wieder der feuchtkalte, metallische Geruch in die Nase.
»Er ist hier«, flüsterte ich Bryson zu, der mich sichtlich geschockt anstarrte und seine verschwitzten Finger sofort noch enger um seine Sig Sauer schlang. Sein rasender Herzschlag und der penetrante Schweißgestank sprachen eine eindeutige Sprache: Obwohl noch nichts geschehen war, schien er Todesängste auszustehen.
»Laurel?«, rief ich, als Bryson die Tür eintrat. Das Schloss war aus der Verankerung gerissen und schepperte erbärmlich, als die Tür gegen die Wand schlug.
Als wir durch die Tür in das dunkle Apartment traten, fauchte plötzlich etwas. Bryson hob die Waffe und schrie dann erschrocken auf, als Lauras Katze an uns vorbei aus der Wohnung schoss und im Treppenhaus verschwand.
»Verdammt«, sagte Bryson und lehnte sich mit dem Rücken gegen die Wand, um durchzuatmen. Ich drückte inzwischen auf den Lichtschalter neben mir. Im nächsten Augenblick leuchtete die Glühbirne einer umgefallenen Stehlampe auf. Das Zimmer wurde in rotes Licht getaucht – die Lampe lag in einer Blutlache neben Laurel Hicks’ reglosem Körper.
Die Augen von Lautrecs Ex waren offen, ihr Gesicht bleich, die Lippen blutleer. Außer ein paar fingerförmigen Quetschungen auf ihrer Wange konnte ich auf den ersten Blick keine Spuren an ihrem Körper entdecken. Der Täter schien ihr Gesicht festgehalten zu haben, damit sie ihn ansah, während er sie tötete. Ihr Blut war im gesamten Wohnzimmer verteilt. Es sah aus, als hätte es jemand in einen großen Krug gefüllt und über das Mobiliar verschüttet. Obwohl ihr Brustkorb intakt zu sein schien, hätte ich in diesem Augenblick mein Monatsgehalt darauf verwettet, dass Lautrec sich ihr Herz genommen hatte.
»Wir sind zu spät«, flüsterte ich niedergeschlagen und drehte mich zu Bryson um, der gerade seine Waffe zurück in den Holster steckte. Dann sah ich unerwartet über seine Schulter hinweg einen Schatten aus der dunklen Ecke hervorstürzen. Lautrec. »Nein!«, schrie ich, aber es war zu spät. Aus dem Laufen versetzte er Bryson einen derart kräftigen Schlag, dass dieser quer durch das Zimmer geschleudert wurde, gegen die Wohnzimmerwand knallte und benommen zu Boden ging.
Nach dem Angriff landete Lautrec vor mir auf dem Linoleum, zischte, starrte mir in die Augen und rieb seine scharfen Klauen aneinander. Mit einer schnellen Bewegung schoss ich an ihm vorbei in die Küche und riss die Drehregler des alten Herds auf. Zischend verteilte sich das übelriechende Gas.
»Muss fressen …«, ächzte Lautrec, während er sich zu mir umdrehte, und rieb sich mit seiner Pfote über den Bauch. Dann setzte er sich wieder in Bewegung und ging auf mich zu. Er bleckte die Zähne und schnappte mit seinen großen Reißzähnen nach mir. Rasch griff ich mir die Schachtel Streichhölzer neben dem Herd und warf mich mit zwei Schritten Anlauf seitwärts auf den Boden, sodass ich auf dem glatten Linoleum an Lautrec vorbei in die Ecke rutschte.
»Deckung, Bryson!«, schrie ich, während ich selbst den Kopf einzog und eine Handvoll Streichhölzer anzündete.
Verglichen mit den riesigen Feuerbällen in Actionfilmen war die Explosion des Gasherds eher ein Tischfeuerwerk. Trotzdem ließ sie alle Fenster im Apartment zersplittern und verwandelte Lautrecs Körper in ein knusprig frittiertes Etwas, das schon nach wenigen Augenblicken wie ein Brathühnchen aussah. Er schrie und versuchte selbst im Angesicht seiner endgültigen Vernichtung noch, mich mit seinen Klauen zu erwischen.
Bryson half mir zwar auf, begann aber sofort zu maulen, als Blut aus meiner Armwunde auf sein Jackett tropfte. »Mist. Ich hasse diese Scheiße, Wilder. Ich hasse sie wirklich.« Außer seinem Schlips war auch sein Hemdkragen angesengt worden, wodurch er aber nicht wesentlich schlechter aussah. Seine Frisur hatte erstaunlicherweise keinen Schaden genommen.
Während Bryson sich mit einem Feuerlöscher daranmachte, die übrigen Flammen in der verkohlten Küche zu löschen, beugte ich mich über Lauras leblosen Körper und schloss ihre Augen mit meiner unversehrten Hand. Ihre Haut war eisig. Man hätte denken können, sie sei schon seit Tagen tot. »Ich hoffe, es ging schnell«, murmelte ich.
Mit ausgefahrenen Ellbogen bahnte ich mir meinen Weg durch die Traube uniformierter Kollegen, die sich inzwischen in die Wohnung drängten, und rannte den Flur entlang. Als sich eine Wand vor mir aufbaute, hielt ich an und lehnte die Stirn dagegen. Ich atmete ein paarmal tief
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