Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Nocturne City 03 - Todeshunger

Titel: Nocturne City 03 - Todeshunger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caitlin Kittredge
Vom Netzwerk:
durch, aber es half nichts – es fühlte sich immer noch so an, als hätte mir jemand den Boden unter den Füßen weggezogen.
    Ein Talisman gegen das Böse. Wenn das, was ich in dieser Nacht gesehen hatte, nicht böse war, dann wusste ich auch nicht – und ich hatte den Talisman gestohlen. Es gab keine Entschuldigung für das, was ich getan hatte. Laurel das Einzige zu nehmen, was ihr Schutz hätte bieten können, nur weil ich selbst nicht daran geglaubt hatte, dass eine einfache Wurzel böse Mächte fernhalten konnte, war unverantwortlich, war unverzeihlich gewesen.
    »He, Wilder?«, rief Bryson hinter mir, während sich neben mir die Fahrstuhltüren öffneten und das Team der Spurensicherung heraustrat.
    Ehe ich mich umdrehte, wischte ich mir mit dem Handrücken die Tränen aus den Augen. »Ja, David?«
    Er hielt Laurel Hicks’ Katze auf dem Arm, die bei meinem Anblick sogleich zu fauchen begann. »Pssst«, versuchte er sie zu beruhigen und nieste. »Wegen der Sache von vorhin … was ich gesagt habe – das tut mir leid.«
    Ich nickte kurz und schaute dann den Flur hinunter auf die qualmenden Überreste von Laurel Hicks’ kleinem Apartment. Die vier Wände, die einst ihr Leben gewesen waren, hatten sich in ihren Sarg verwandelt. »Das war allein meine Schuld.«
    »Was?« Bryson schüttelte den Kopf. »Das ist doch Unsinn, Wilder! Du hast viel Blut verloren und kannst nicht klar denken.«
    »Verstehst du denn nicht? Ich habe ihr den Talisman weggenommen. Ich habe ihr das genommen, was ihr Sicherheit und Schutz bot. Sie hat von Anfang an gewusst, dass Lautrec etwas Böses zugestoßen war und dass sie sich schützen musste … und ich wollte es nicht wahrhaben, weil ich es nicht verstehen konnte.«
    »Gut«, wendete Bryson ein. »Erstens glaube ich nicht an diesen Hoodoo-Mist, und zweitens musst du ins Krankenhaus.«
    »Es geht mir gut«, sagte ich ärgerlich und versuchte dabei krampfhaft, das Bild von Lauras Leiche aus meinem Kopf zu verbannen. Bryson konnte sagen, was er wollte – die Tote in dem zerstörten Apartment am Ende des Flurs war durch mich, durch meine Schuld gestorben.
    »Du verlierst viel Blut, Wilder«, meinte Bryson mit fast schon besorgt klingender Stimme. Als ich nach unten schaute, sah ich tatsächlich eine Unmenge Blutstropfen auf dem Linoleum. Erst jetzt merkte ich, dass mein Arm abscheulich schmerzte.
    »Geh«, sagte Bryson. »Ich kümmere mich um den Rest. Ich gebe dir Bescheid, wie unsere nächsten Schritte aussehen.«
    »Ich kann dir sagen, wie die aussehen: Wir schnappen uns diese Mistkerle, bevor noch jemand dran glauben muss!« Bryson seufzte. »Klar, Wilder. Ich arbeite dran.«
    Ich verbrachte die Nacht in einem Krankenhausbett und schlief besser als im ganzen Jahr zuvor – fast so gut wie vor der Zeit, als Alistair Duncan und die toten Mädchen in meinem Revier aufgetaucht und Joshua und Dmitri in mein Leben getreten waren. Die Albträume dieser Nacht hatten es aber trotzdem in sich: Lauras Tod in Dauerschleife, hungrige Wendigos, die mich in Stücke rissen, und die Opfer all meiner bisherigen Mordfälle, die mich vorwurfsvoll fragten, warum ich sie nicht gerettet hatte. Am Ende träumte ich dann, Dmitris charismatischen Geruch – diese Mischung aus dem Qualm von Nelkenzigaretten und der herben Note eines Werwolfs, die durch ihre Würze an einen exotischen Freiluftbazar erinnerte – zu riechen, der das Einzige war, was mir nach seinem Verschwinden von ihm blieb.
    Als die hartnäckigen Sonnenstrahlen mich irgendwann zwangen, die Augen zu öffnen, sah ich, dass ich nicht alles nur geträumt hatte – Dmitri saß wenige Schritte entfernt in einem Sessel.
    »Morgen, Liebling«, sagte er. »Muss dir leider sagen, du hast schon mal besser ausgesehen.«
    »Kein Wunder, ich habe mich auch schon mal besser gefühlt«, erwiderte ich.
    »Ich dachte, du bist losgezogen, um den Wendigos einzuheizen?«
    »Ich wurde abgelenkt«, brummte ich und versuchte vergeblich, nach der Wasserflasche zu greifen, die neben meinem Bett stand. Dmitri stand auf, goss mir ein Glas Wasser ein, dann setzte er sich auf die Bettkante. »Abgelenkt also? Von wem oder was?«
    »Von ein paar blutrünstigen Untoten, wenn du es genau wissen willst«, entgegnete ich und sank wieder in das steife Kissen hinter mir. Ich wollte vor Schmerz schreien, denn mittlerweile taten mir Körperteile weh, von deren Existenz ich bis dahin noch keine Notiz genommen hatte, und auch die Schmerzmittel schienen ihre Wirkung verloren zu

Weitere Kostenlose Bücher