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Nördlich des Weltuntergangs

Nördlich des Weltuntergangs

Titel: Nördlich des Weltuntergangs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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ein gewisses Ethos. Er werde niemals in geweihter Erde Schaufensterpuppen, geschweige denn Vogelscheuchen bestatten. Abgesehen davon sei die Beschaffung von Toten kein wirklich dringliches Problem. Nun galt es erst mal, die illegale Kirche zu Ende zu bauen.

7
    Auf der Baustelle am See wurde die Arbeit in beschleunigtem Tempo fortgesetzt. Dazu zwang die Staatsgewalt: Für das Vorhaben lag auch bei Eintritt des Herbstes immer noch keine offizielle Baugenehmigung vor, und es war zu befürchten, dass die Polizei erneut versuchen würde, die Arbeiten zu stoppen. Das zumindest deutete der Kommissar von Sotkamo an, als er ein Bündel Bußgeldbescheide zur Baustelle brachte, deren Gegenstand »das vorsätzliche Herabstoßen eines Polizeibeamten (Hauptwachtmeister Naukkarinen) vom Ort seiner Amtsausübung (Dachstuhl der Kirche) sowie die Verursachung einer mittelschweren Oberschenkelverletzung bei dem Genannten« war. Für Eemeli Toropainen war eine Geldstrafe von dreißig Tagessätzen festgesetzt worden, für die Zimmerleute je zehn, mit Ausnahme des Gehilfen Taneli Heikura, der den Schlüssel verschluckt hatte; ihm hatte man »für das Verstecken eines bei der Tat verwendeten Metallgegenstandes« fünfzehn Tagessätze zugedacht.
    Die Medien verfolgten den ungenehmigten Kirchenbau mit großem Interesse. In den Inlandsnachrichten des Fernsehens, in den Tageszeitungen, sogar in einigen Illustrierten gab es Berichte über Toropainens Bauprojekt. Immer mehr Neugierige fanden sich auf dem Gelände ein, manchmal behinderten sie regelrecht die Arbeiten. Die Kunde von den verhängten Bußgeldern rief mehr als hundert Alternative auf den Plan, die ihre eigenen, bei vielen Zusammenstößen mit der Polizei erprobten Ketten mitbrachten. Sie errichteten hinter dem Friedhof Zelte und schworen, sich an die Kirchenwände und die Friedhofsmauer anzuketten, falls die Polizei komme, um die Bauarbeiten zu stoppen. Tatsächlich hielten sie ihr Versprechen: Am 24. Oktober, es war ein Donnerstag und der Jahrestag der Vereinten Nationen, erschien erneut die Polizei am Ukonjärvi. Die Grünen traten zum Widerstand an; die Gesichter den Pressefotografen und Fernsehkameras zugewandt, ketteten sie sich routiniert an die Kirche. Es waren mehr als hundert Personen, wettergegerbte junge und zähe Keimesser. Etwa zehn von ihnen ketteten sich an den inzwischen fertig gestellten Dachboden des Gebäudes, zwei besonders Mutige an den First und ein paar an das Gerippe des Dachreiters. An jeder der insgesamt vierundzwanzig Ecken der Kreuzkirche hingen auf einmal zwei oder drei passive Kämpfer. Durch Megafone erklärten sie ihre Motive. Sie verlangten, dass der Kirchenbau in Finnland nicht länger reglementiert werde, denn Kirchen verschmutzten weder die Natur, noch waren sie dem Menschen abträglich, außerdem herrschte im Land Religionsfreiheit.
    Sie erweiterten das Thema und fragten, wie es denn mit den Genehmigungen für all die anderen Kirchen in Finnland aussehe. Sie hatten einige Erkundigungen eingezogen: Was die Kirche auf dem Helsinkier Temppeliaukio betraf, war diesbezüglich alles in Ordnung, das Gleiche galt für die meisten neueren Kirchen. Ganz anders verhielt es sich aber bezüglich den älteren Gotteshäusern: Beim Dom von Turku war von einer gültigen Genehmigung keine Spur, ganz zu schweigen von den zahlreichen bäuerlichen Holzkirchen. Die eigensinnigen Finnen hatte im Laufe der Jahrhunderte ihre hölzernen Tempel auf eigene Faust und aufs Geratewohl hier und dort in ihrem lieben Heimatland errichtet.
    Sollte man nun den Dom von Turku abreißen? Bestand Anlass, hundert finnische Holzkirchen niederzubrennen?, fragten die Alternativen und verwiesen erneut auf die Religionsfreiheit.
    Die Polizei stand dem organisierten Widerstand machtlos gegenüber. Sang- und klanglos zogen sich die Beamten vom Kirchenhügel zurück. Sie sahen keinen Anlass mehr für Zwangsmaßnahmen. Der in der Wildnis entstandene Holzbau störte eigentlich niemanden. Er war zwar nicht genehmigt, aber da gab es auf dieser Welt wohl noch ganz andere Dinge, die nicht genehmigt waren.
    Die Alternativen blieben da und halfen beim Kirchenbau. Für Zimmermannsarbeiten eigneten sie sich weniger, doch räumten sie fleißig Bauabfälle beiseite und sammelten Steine für die Friedhofsmauer. Ihnen gefiel die Einödlandschaft von Kainuu, sie liefen durch die Wälder und genossen die herbstlichen Gerüche, sammelten Pilze und Preiselbeeren.
    Als die ersten Fröste kamen, lichteten sich

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