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Nördlich des Weltuntergangs

Nördlich des Weltuntergangs

Titel: Nördlich des Weltuntergangs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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ihre Reihen jedoch, und nur etwa zwanzig der Zähesten harrten weiter aus. Iisakki Matolampi fasste das Phänomen in derbe, aber treffende Worte:
    »Die Naturaktivisten haben letzte Nacht bestimmt in ihrem Zelt gebibbert. Da fällt dem städtischen Idealisten schnell wieder die Zentralheizung ein, wenn sein Arsch am Grasboden festfriert.«
    Die übrig gebliebenen Naturschützer waren dafür umso widerstandsfähiger. Sie wandten sich an Eemeli Toropainen und fragten ihn nach der Genehmigung, auf Assers Grund und Boden eine kleine Blockhütte bauen zu dürfen. Sie hatten etwa vier Kilometer vom Ukonjärvi entfernt eine geeignete Stelle entdeckt, und zwar am Berg Hiidenvaara, an dessen besonders schönem Westhang, der steil und steinig in den Hiidenjärvi-See abfiel. In den Bergwäldern waren im Frühling zwar jede Menge Bäume für die Balkengewinnung gefällt worden, der Westhang war jedoch unberührt geblieben.
    Eemeli Toropainen war nicht gerade sehr begeistert von dem Gedanken, an Außenstehende Grundstücke für den Bau von Hütten zu verschenken. Er äußerte sich skeptisch, was den Erhalt einer entsprechenden Genehmigung betraf. Darauf erklärten die Grünen, dass er sich vorher auch nicht um Genehmigungen gekümmert habe. Ohne ihre Hilfe wäre der Kirchenbau vermutlich gestoppt worden, daran möge er doch bitte denken.
    Eemeli steckte mit ihnen den Standort für die Hütte ab. Er gab ihnen Werkzeug und erklärte ihnen in groben Zügen, wie man ein Blockhaus baute. Die Alternativen machten sich an die Arbeit. Bald wurde auf dem Bauplatz die erste Kiefer gefällt – und blieb an einem anderen Baum hängen.
    Dann fiel der erste Schnee, und in den Nächten gab es Frost. Auf dem Dach der Kirche wurde nun der Dachreiter gezimmert. Zum Schluss wurden die Schindeln verlegt. Das war eine anspruchsvolle und gefährliche Arbeit, aber alles ging gut.
    Anfang November war das Dach fertig, und die Männer konnten sich an die Innenarbeiten machen. In die Fensteröffnungen wurden Rahmen eingesetzt und anschließend verglast. Aus Iisakki Matolampis Haus wurde eine elektrische Leitung bis in die Sakristei gezogen, sodass man einen elektrischen Heizkörper anschließen konnte. Die Zimmerleute verlegten ihr Zelt von seinem Standort hinter dem Friedhof in die Kirche, wo sie begannen, den Unterboden zu isolieren und Fußbodenbretter aus Kiefernholz aufzunageln. Am Ufer des Sees war das Wasser morgens mit dünnem Eis überzogen.
    Der Blockhausbau am Hiidenvaara dagegen wollte nicht vorankommen. Die Gruppe von zwanzig Anhängern eines naturnahen Lebens war auf zehn zusammengeschrumpft. Gleich am ersten Tag hatte sich einer von ihnen verletzt, als er unter einen gefällten Baum gekommen war. Zwei Rippen hatte er gebrochen. Eine Woche später kam ein zweites Unfallopfer zum Ukonjärvi gehinkt. Der arme Bursche hatte sich mit dem Beil ins Bein gehauen. Auch zwei Patienten mit Fieber kamen zur Kirche gewankt. Eemeli Toropainen machte sich mit seinen Männern zum Hiidenvaara auf, um nachzusehen, was dort eigentlich los war, da sich immer wieder Kranke bei ihm meldeten.
    Als sie ankamen, bot sich ihnen ein jämmerliches Bild: Ein kleiner Kasten, nur erst ein paar Balkenschichten hoch, war entstanden, die Balken waren infolge der unsachgemäßen Behandlung schwarz verfärbt. Der Schnee um die Baustelle und das Lager war niedergetrampelt und gefährlich glatt, hier und dort lagen gefällte Bäume, offenbar hatten die Grünen versucht, sie abzuästen, hatten aber nicht die Kraft gehabt, die Stämme anzuheben. Die Eckfugen saßen traurig schief, das Beil hatte ziemlich oft daneben getroffen.
    In einiger Entfernung qualmte ein kümmerliches Lagerfeuer, an dem sich ein halbes Dutzend rußgeschwärzter, magerer Männer die Hände wärmten. Sie hockten kläglich und frierend im kalten Wind am felsigen Hang des Hiidenvaara, ihre Gesichter mit den schütteren Bärten zeigten einen ernsten und leidenden Ausdruck. Auf einem schneebedeckten Baumstumpf stand ein rußiger Aluminiumkessel, halb mit gefrorener Kräutersuppe gefüllt.
    Alles zeugte von rührendem Bemühen und kläglichem Scheitern. Die kleine Kerntruppe der Grünen erinnerte an eine Expedition, die sich in der Tundra verirrt hat, vom Schicksal verlassen und ohne jede Hoffnung.
    Eemeli Toropainen kochte erst mal auf dem Feuer einen anständigen Kaffee und verteilte Brotscheiben mit Speck, die den eingefleischten Vegetariern ausgezeichnet schmeckten. Er nahm dann seinen ältesten Zimmermann

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