Nördlich des Weltuntergangs
Jetzt allerdings hatte die Konsumgenossenschaft ihren Laden in Kalmonmäki geschlossen. Der nächste befand sich in Sotkamo. Von dorther Kartoffeln zu holen war schwierig, denn es gab keine Verkehrsmittel; mit dem Pferdewagen war es zu umständlich, und der Traktor war nicht mehr in Ordnung.
Eemeli Toropainen wies die Grünen an, ein Stück Land umzugraben und Frühkartoffeln zu pflanzen. Da es bereits Hochsommer war, bestand Hoffnung, dass die Kartoffeln bis zum Herbst groß genug zur Ernte sein würden. Außerdem ließ Eemeli Kartoffelkeller graben.
»Der Mensch lebt nicht von Kräutern allein, versucht das zu begreifen.«
Die Versorgung mit Lebensmitteln war im ganzen Land schlecht. Man befürchtete bereits eine Hungersnot. Nach dem Reaktorunglück von St. Petersburg musste Getreide aus Australien gekauft werden, denn die staatlichen Vorräte waren bedrohlich geschrumpft. Von den Getreidebergen vergangener Jahre konnte keine Rede mehr sein.
Eemeli Toropainen sorgte dafür, dass man sich am Ukonjärvi weitgehend auf Selbstversorgung einstellte. Im Herbst wurde gefischt, anschließend wurde der Fang für den Winter eingesalzen. Man fischte nun, außer im Ukonjärvi und im Hiidenjärvi, auch in den anderen Seen, die auf dem Gebiet der Stiftung lagen, so im Salmisenjärvi nordwestlich vom Hiidenvaara oder im kleinen Löytölampi, in derselben Richtung gelegen. Letzterer war nur einen Kilometer lang, und eines seiner Ufer grenzte an die Landstraße nach Kalmonmäki. Das erwies sich als außerordentlich günstig, denn so konnten die Zuber mit dem Fang mit Ruderbooten bis zur Straße geschafft und dort auf den Pferdewagen geladen werden, der sie zum Ukonjärvi oder Hiidenvaara brachte. Tausende Kilo Fisch gingen in diesem Sommer und Herbst in die Netze, davon wurden zweitausend Kilo eingesalzen, hauptsächlich Maränen, Barsche und Hechte. Auch von den gefangenen Plötzen wurde eine kleine Menge für den Eigenbedarf haltbar gemacht, die meisten kamen jedoch in Sotkamo auf dem Markt zum Verkauf.
Nach einem dieser herbstlichen Fischzüge auf dem Salmisenjärvi-See blieb Eemeli Toropainen dort zurück, nachdem die anderen bereits aufgebrochen waren, um den Fang nach Hause zu bringen. Er machte es sich auf einer Landenge bequem, vor sich ein Lagerfeuer, über dem er sich Kaffee kochte und Maränen röstete. Die leuchtend gelben Herbstfarben spiegelten sich wie ein Gemälde im See, am Himmel schwebten dünne Wolken, die Luft war angenehm und leicht. Ein gutes und ruhiges Gefühl erfüllte Eemeli, zusätzlich verstärkt durch das Wissen, dass der Fang in dieser Woche lohnend gewesen war. Der Winter konnte getrost kommen. Plötzlich trat der Gehilfe Taneli Heikura aus dem Fichtenwald. Er bemerkte Eemelis Lagerfeuer nicht und marschierte schnurstracks ans Seeufer. An einer Gerte trug er zwei ziemlich große Hechte. Sein Gesicht war vor Eifer gerötet. Am Ufer angelangt, fing er an, die Hechte auszunehmen. Bald spürte er, dass ihn jemand beobachtete, und drehte sich um. Der Fisch glitt ihm aus der Hand, als er Eemelis Blick begegnete. Langsam trat er näher. Eine Weile herrschte Schweigen. Der Bursche stocherte mit der Fußspitze im Moos, sein Mund war verkniffen. Eemeli sagte:
»Wie ich hörte, habt ihr bald Richtfest, du und Henna. Wie geht es dem Baby?«
»Wir können im Oktober in das neue Haus ziehen, habe ich ausgerechnet. Und dem Baby geht es gut, wir wollen es Oskari nennen. Eigentlich müsste ich mich noch bei dir entschuldigen…, ich meine, wegen Henna. Das war nicht so geplant.«
»So, so.«
Eemeli sagte ihm, dass er sich nicht länger grämen solle. Außerdem sei er, Eemeli, offiziell schon lange von Henna geschieden. Natürlich sei die Art und Weise nicht ganz korrekt gewesen.
»Es ist einfach irgendwie passiert.«
»Ihr hättet von Anfang an alles klarstellen sollen. Es war nicht gut, die Sache zu verheimlichen.«
»Wir haben uns nicht getraut…, und außerdem dachte Henna, dass besser für das Kind gesorgt ist, wenn es deinen Namen trägt. Ich bin ja noch so jung.«
Der Gehilfe war erleichtert, dass er sich mit Eemeli über das schwierige Problem ausgesprochen hatte. Doch noch eine zweite große Last lag ihm auf der Seele. Jetzt im Herbst müsste er zur Musterung. Er hatte Angst davor, einberufen zu werden, denn dann müsste er ein ganzes Jahr in der Armee bleiben, und überall waren Kriege. Außerdem hatte er ein Kind zu versorgen.
»Ich wollte dich fragen, ob ich mich für den Zivildienst melden
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