Nördlich des Weltuntergangs
Grenzen variieren, Hauptsache, sie entsprechen schließlich der erforderlichen Endsumme«, erläuterte der Steuerinspektor.
Eemeli stellte schnell eine Rechnung auf: Die Begleichung der Steuerschulden würde die Keller leeren, fast die Hälfte der Lebensmittelvorräte für den kommenden Winter würde dabei draufgehen. Aber eine andere Lösung schien es nicht zu geben, und so einigte er sich schließlich mit den Männern über die einzelnen Posten.
»Kirchensteuer zahle ich trotzdem nicht.«
Kommissar Reinikainen erklärte ihm, dass er kein Recht habe, selbst zu entscheiden, welche Steuern er zahlen wolle und welche nicht. Er, Reinikainen, als Vollstreckungsbeamter fordere die bedingungslose Entrichtung aller Steuern, andernfalls werde er die vom Gesetz vorgeschriebenen Pfändungen vornehmen. In dem Falle werde er, so drohte er an, zuallererst eine Immobilie pfänden.
»Wenn in dieser Sache keine Einigung erzielt wird, betrachte ich es als meine Pflicht, die Kirche zu pfänden«, erklärte er.
Das ging Eemeli Toropainen durch und durch. Er musste an die Wochen vor dem Konkurs seiner Firma denken. Wieder einmal war er gezwungen festzustellen, dass die Steuerbehörde einen langen Arm hatte, den nicht mal eine unruhige und krisengeschüttelte Zeit abschlug.
Kommissar Reinikainen setzte ein offizielles Dokument auf, in dem er über die »sog. Kirche« am Ukonjärvi das Verfügungsverbot aufgrund der beschlossenen Pfändung verhängte. Er erklärte, dass er das Gebäude in einer Zwangsversteigerung an den Meistbietenden verkaufen werde. Er sei sicher, dass sich durchaus Käufer für die Kirche finden würden…, vor allem eine gewisse Frau Tussurainen dürfte interessiert sein, und auch das Bistum Kuopio stand dem bestimmt nicht gleichgültig gegenüber. Der Kommissar und der Steuerinspektor brachen gemeinsam auf, die Drohung wahr zu machen. Sie verließen das Pfarrhaus und schritten über die Brücke zur Kirche, wo sie den Pfändungsbeschluss mit Reißzwecken an die Eingangstür hefteten.
Eemeli beobachtete den Vorgang durchs Wohnzimmerfenster. Er musste an die Schlosskirche zu Wittenberg denken und an Martin Luther, der dort einst seine Thesen an der Tür angeschlagen hatte. Auch Finnen brachten so etwas fertig. Den Thesen von Kommissar Reinikainen gedachte Eemeli sich jedoch nicht zu beugen. Alles hat seine Grenzen, fand er.
16
Der Gehilfe Taneli Heikura meldete sich zum Zivildienst, und ihm wurde gestattet, diesen unter Aufsicht der Freiwilligen Feuerwehr von Ukonjärvi abzuleisten. Aufgeregt kam er zu Eemeli, um ihm zu erzählen, welchen Dusel er gehabt hatte und dass es ihm erspart bleibe, ein ganzes Jahr seiner Jugend für die Armee zu opfern.
Eemeli forderte ihn auf, seine Freude zu mäßigen und daran zu denken, dass man ihn auch so zum Dienst heranziehen werde.
»Aber wir haben ja gar keine Feuerwehr, wo soll ich also dienen?«, der Bursche freute sich noch immer.
»Abwarten, wir werden schon etwas für dich finden«, sagte Eemeli.
Er sprach mit Severi Horttanainen über seine Idee, eine Art Grenzschutzabteilung zu bilden, um Ukonjärvi und seine Nebendörfer gegen Druck von außen zu sichern. Horttanainen fand den Gedanken gut. Wenn man schon früher eigene Partisanen gehabt hätte, wäre es der Diplom-Benimmse Tussurainen vermutlich nicht gelungen, sich im Pfarrhaus und in der Kirche einzunisten, wie es damals geschehen war. Und der neue Kommissar Reinikainen hätte es schwerlich gewagt, die Kirche zu pfänden.
Im Wehrpflichtalter waren außer dem Gehilfen auch der große Sohn der Matolampis und etliche der Burschen vom Grünberg, die nahezu alle beabsichtigten, sich zum Zivildienst zu melden. Nach Horttanainens Berechnungen bekäme man mühelos mindestens zehn junge Männer zusammen, mit denen man eine Rekrutengruppe bilden könnte. Dazu brauchten sie allerdings einen tüchtigen Ausbilder. Horttanainen selbst hatte keine Lust, das Amt zu übernehmen. Er war Zimmermann und außerdem künftiger Organist. Nicht umsonst verbrachte er jeden freien Abend damit, zu üben und sich auf den neuen Beruf vorzubereiten.
»Verflixt, was sind die Noten schwer zu lernen! Vor allem die Tonart C-moll macht mir mächtig zu schaffen«, klagte der selbst ernannte Kirchenmusikstudent.
Dann besann er sich auf Sulo Naukkarinen. Der Wachtmeister bezog nunmehr Invalidenrente und wohnte in Sotkamo. Da die Renten nach und nach immer kleiner geworden waren, wünschte sich Naukkarinen einen Nebenverdienst.
»Im Spätsommer
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