Nördlich des Weltuntergangs
dass alle unerlaubten Baumaßnahmen nun genehmigt waren und dass auch künftig weitergebaut werden durfte, falls die von Eemeli Toropainen geleitete Stiftung dies beabsichtigte.
»Wir Beamten sind nicht solche Bürokraten, wie oft behauptet wird. Bezirkssteuerinspektor Siikala war wirklich eine unrühmliche Ausnahme. Unser Anliegen ist lediglich, zu überwachen, dass unser Vaterland nicht planlos zugebaut wird.«
Eemeli Toropainen dankte dem Bauamtsleiter. Er blätterte in dem Bebauungsplan, der recht vernünftig wirkte. Eigentlich ein anständiger Kerl, dieser Räyhänsalo.
»Gerade vorige Woche haben wir ausgerechnet, dass hier am Ukonjärvi derzeit fünfundvierzig Menschen wohnen, in Grünberg dreiundsechzig und außerdem noch ein paar in Kalmonmäki. Wir sind in der Stiftung schon einhundertfünfzehn Personen, also eine ganze Menge«, erzählte Eemeli Toropainen. Da brauche man tatsächlich einen bestätigten Plan.
Eemeli wollte wissen, warum sich Räyhänsalo freiwillig all die Mühe für die Leute am Ukonjärvi gemacht hatte. Hatte der Bauamtsleiter das alles aus purem Wohlwollen getan?
»Offen gesagt, die Zeiten sind hart. Meine Amtstätigkeit wird nach und nach reduziert, bin nur noch teilzeitbeschäftigt. In der Kommune Sotkamo wird kaum mehr gebaut, eigentlich nur hier bei Ihnen. Die Leute haben kein Geld. Ich dachte, wenn ich diesen alten Streit beilege, könnten wir die Beziehungen gleichsam neu knüpfen. Heutzutage sollte man lieber niemanden zum Feind haben.«
Nachdem der andere ehrlich gesagt hatte, was Sache war, konnte man über das Honorar reden. Eemeli Toropainen meinte, er könne dem Bauamtsleiter kein Geld zahlen, aber Waren könne er ihm geben.
»Wäre Ihnen als Entschädigung ein Fass mit gesalzenen kleinen Maränen recht? Wir haben im Winter reichlich davon gefangen. An derselben Stelle übrigens, an der wir auch den Steuerinspektor aus dem Wasser gezogen haben.«
Aimo Räyhänsalo bekam vor Dankbarkeit feuchte Augen. Gesalzene kleine Maränen! Einen besseren Lohn hätte er nicht einmal selbst vorschlagen können. Pro forma zierte er sich:
»Das ist aber wirklich zu viel, ein ganzes Fass…«
»Sie können es getrost annehmen«, redete ihm Eemeli zu.
»Gott segne Sie für diese großzügige Hilfe«, sagte der Amtsleiter gerührt und schleppte die Maränen aus dem Pfarrhauskeller in sein Auto. So waren die nächsten Wochen für seine Familie gerettet, zu der außer ihm selbst noch seine Frau und drei halbwüchsige Kinder gehörten.
18
Räyhänsalos Wünsche für Gottes Segen beschäftigten Eemeli Toropainen auch danach noch. Er betrachtete die Kirche mit ihrem leuchtend roten Anstrich, wie sie da mitten im Schnee stand. Das war mal ein schmuckes Haus für Gott. Seit seiner Rückkehr aus Dänemark war Eemeli immer wieder gefragt worden, wann er einen Pastor für seine Kirche einstellen werde. Inzwischen waren Kinder geboren worden, sie mussten getauft werden, verlangten die Mütter. Auch Eemelis eigener Sohn konnte längst laufen und sogar schon fluchen, hatte aber keinen Namen. Mindestens zehn Paare lebten in wilder Ehe zusammen. Zu allem Überfluss lag Assers Leiche immer noch verwaist auf dem Friedhof von Sotkamo. In ungeweihter Erde konnte man ihn nicht bestatten, so war die einhellige Meinung.
Inzwischen hatte es ein paar Versuche gegeben, die Kirche zu versteigern. Der Bezirkssteuerinspektor war zwar ertrunken, aber der Kommissar von Sotkamo lebte und betrieb die Sache weiter. In der Woche nach Naukkarinens Parade wurde die Versteigerung sogar ganz offiziell in zwei Lokalzeitungen angekündigt. Die Leute kamen zu Hunderten, um das Ereignis zu verfolgen. Aber ein ernst zu nehmender Käufer tauchte nicht auf. Keine Spur von der Tussurainen, und auch vom Bistum Kuopio ließ sich niemand blicken. Eemeli Toropainen hatte genug von der ganzen Angelegenheit und bezahlte die Kirchensteuer in bar. So war die Sache von der Tagesordnung. Nun hatte er eine erst gebaute und dann ausgelöste Kirche, aber noch immer keinen Pastor.
Als die Frauen am nächsten Sonntag das Gespräch auf die bevorstehenden Osterfeiertage brachten, gab Eemeli Toropainen endlich nach. Er versprach, für seine Kirche einen Pastor einzustellen. Also annoncierte er in der Kirchenzeitung von Kuopio, dass für die Einödkirche am Ukonjärvi ein Pastor gesucht werde. Das gleiche Inserat erschien auch in der Helsinkier Kirchenzeitung. Mehr als hundert Antworten gingen ein. Es schien ganze Heerscharen arbeitsloser
Weitere Kostenlose Bücher