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Nördlich des Weltuntergangs

Titel: Nördlich des Weltuntergangs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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waren mehrere Bauernhöfe und Grundstücke angeboten worden, und so hatte er die Kaufverträge für insgesamt sechstausendzweihundert Hektar Land sowie tausendfünfhundert Hektar Fluss- und Seengebiete aushandeln können.
    Die zugekauften Gebiete grenzten passenderweise unmittelbar an die vorhandene Fläche. Die neue Ge­ meindegrenze verlief von Kalmonmäki in fast gerader Linie nach Süden, und zwar entlang der Straße nach Rautavaara. Dann führte sie nach Westen, wo sie auf den achtzehn Kilometer langen Laakajärvi-See stieß, nämlich bei der so genannten Venajänniemi, der Rus­ senhalbinsel. Laut Überlieferung rührte der Name dieser Halbinsel daher, dass zur Zeit der großen Feindschaft Russen bei Sturm mit ihrem Boot gekentert und umge­ kommen waren. Dutzende von Ertrunkenen waren damals auf die Halbinsel gespült worden. Wie es hieß, spukten dort in Sturmnächten die toten Russen, jeden­ falls waren aus dieser Richtung russische Hilferufe und andere Geräusche zu hören.
    Von dort führte die Grenze quer über den See und schloss dabei Gebiete der Provinz Kuopio ein. Die ge­ samte Südostseite des fischreichen Laakajärvi ging in den Besitz der Stiftung über. Am Flüsschen Pöllösenpu­ ro schließlich stieß die Grenze dann auf das alte Land der Stiftung.
    Die Einwohner stimmten dem ausgehandelten Kauf zu. Nun verfügte man über ein zusammenhängendes Areal, das alle Dörfer umschloss und drei Provinzen berührte, nämlich Oulu, Kuopio und Pohjois-Karjala.
    Die Südostseite des Laakajärvi zu besitzen war für die Gemeinde deshalb so wichtig, weil der See groß und fischreich war. Es gab zahlreiche Fangplätze, wo man reiche Beute machen konnte, und Eemeli Toropainen kündigte an, dass man dort im Sommer wie im Winter im großen Stil mit Netzen fischen werde. Die Maränen des Laakajärvi, vor allem die kleinen, waren jetzt für die Gemeinde ständig verfügbar. Außerdem konnte man aus dem See womöglich Erz gewinnen, denn bei Rautaruuk­ ki in Raahe war aus Koksmangel seit Jahren kein Stahl mehr produziert worden.
    Zum Abschluss der Jahresversammlung bestätigte Eemeli Toropainen ein allgemein gültiges Reglement für die Gemeinde Ukonjärvi. Es war eine private Verfassung, die sich über die Gesetzgebung Finnlands und der Eu­ ropäischen Union hinwegsetzte und recht lockere Be­ stimmungen enthielt, basierend auf dem gesunden Bauernverstand. Einmal jährlich sollte eine Gerichtssit­ zung stattfinden, im Bedarfsfall auch öfter. Die strengste Strafe war die Ausweisung aus der Gemeinde Ukonjärvi. Die Wahlen zu den Dorfkomitees sollten künftig alle zwei Jahre stattfinden.
    Als sämtliche Themen abgehandelt waren, erhob sich im Publikum ein junger Mann, der eine braune Popeli­ nejacke und eine rot gestreifte Krawatte trug. Er war Landwirtschaftsberater, kam aus Sotkamo und hieß Jaritapio Pärssinen. Man gewährte ihm das Wort, auch wenn er nicht der Gemeinde angehörte. Der Berater stellte seinen Laptop auf den Stuhl und begann:
    »Von Amts wegen habe ich die Pflicht, mich zu der hier betriebenen Landwirtschaft zu äußern. Wir in Sot­ kamo beobachten schon seit mehreren Jahren, wie Sie das Land bebauen. Sie machen alles genau entgegenge­ setzt zu dem, wie es in Finnland und in der Welt üblich ist«, begann der Berater.
    »Na und?«, schnaubte Eemeli Toropainen. Der Berater war der Meinung, dass die Gemeinde
    Ukonjärvi ein inoffizieller Verbund war und nach wie vor zu Finnland gehöre. Deshalb könne sie sich nicht einfach im gesetzlosen Raum bewegen.
    »Seit Jahren haben Sie kein einziges unserer Schrei­ ben beantwortet und keinen der gesetzlich vorgeschrie­ benen statistischen Fragebögen ausgefüllt. Hier wohnen Tausende von Menschen, aber uns ist bisher kein land­ wirtschaftliches Gesamtkonzept vorgelegt worden. Sie haben ohne genehmigte Pläne neue Felder angelegt. Alte, stillgelegte Felder haben Sie ohne Genehmigung wieder bebaut. Mit dem Wald sind Sie nach eigenem Gutdünken verfahren. Sie haben keine Subventionen beantragt, keine Exportsteuern bezahlt. Sie machen nur, was Ihnen gefällt.«
    Der Berater hatte einen Stapel Computerausdrucke dabei, die er Eemeli Toropainen übergab.
    Eemeli blätterte zerstreut in den Papieren. Sie enthiel­ ten jeweils einzelne Spalten für Landmaschinen, für Dünger und Kraftfutter, für Produktionskontingente, Subventionen und Steuern. Er erklärte, dass die Ge­ meinde nur drei Dampfmaschinen besaß, mit denen die Dreschmaschinen betrieben und

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