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Nördlich des Weltuntergangs

Titel: Nördlich des Weltuntergangs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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wiederverwen­ den und uns damit die Leichen holen. Wir könnten zum Beispiel alle armen Leute aus der Umgebung kostenlos begraben. Und warum nicht auch welche von weiter her? All die Kommunen, die pleite sind, schicken uns bestimmt gern die Toten aus ihren Altersheimen, und wir können unseren Friedhof füllen.«
    Als diese Überlegungen über Bestattung und Tote den Russen übersetzt wurden, begannen sie erregt mitein­ ander zu tuscheln.
    Assers Zinksarg wurde sorgfältig gereinigt, wobei man feststellte, dass er immer noch völlig wasserdicht war. Eemeli Toropainen fand, dass er sich gut als Badewanne für das Kinderzimmer eigne, aber Frau Taina Korolainen bezeichnete die Idee als makaber. Sie wollte nicht in einem Sarg baden, geschweige denn ein unschuldiges Kind darin waschen.
    Um etwas gegen die Leere auf dem Friedhof zu tun, verbreitete man die Nachricht, dass am Ukonjärvi arme Leute kostenlos beerdigt würden. Die Bestattungen würden im allgemein üblichen Rahmen vorgenommen und die Gräber mit Pietät gepflegt. Bald kam eine Mittei­ lung aus Joensuu, dass dort mehrere bettelarme Leute verstorben seien. Das heruntergekommene Altersheim der Stadt bot die Toten an und versprach, für ihren Transport zu bezahlen, wenn sie an Ort und Stelle ab­ geholt würden. Zufällig hatte Severi Horttanainen zu diesem Zeitpunkt etwas in Joensuu zu erledigen – er hatte versprochen, für die Weberinnen vom Grünberg Kettengarn abzuholen, das sie sich bestellt hatten, weil sie es für die spät winterliche Websaison benötigten. So wurde denn der Zinksarg auf den Schlitten gehievt und zum Bahnhof Valtimo geschafft, wo er in einen Güter­ wagen verladen wurde. Severi Horttanainen blieb eine Woche weg. Bei seiner Rückkehr brachte er außer zwei Rollen Kettengarn auch drei Leichen mit, von denen eine im Zinksarg lag, da sie schon bei Eintreten des Todes in ziemlich schlechtem Zustand gewesen war. Die beiden anderen waren in Holzkisten gereist.
    Am nächsten Sonntag fanden in der Kirche drei To­ tenmessen statt. Daran nahmen viele Leute teil, aller­ dings kein einziger trauernder Angehöriger. Wie dem auch sei, die Orgel spielte, die Pastorin predigte, die Glocke läutete und die Andachtsteilnehmer legten Tro­ ckenblumensträuße und duftende Fichtenkränze auf die frischen Gräber.
    Die Bestattungstätigkeit ging weiter. Als Taneli Heiku­ ra aus Kajaani Gewehrpatronen für die Partisanenkom­ panie holte, brachte er bei seiner Rückkehr die nächsten beiden Toten mit. Aus Kemijärvi wurde ein weiterer mit einer Postkiste geschickt. Man hatte sie auf dem Dach des Linienbusses befestigt, und der Tote wies kaum Veränderungen auf, da strenger Frost herrschte. All diese armen Leute wurden in andachtsvoller Zeremonie auf dem neuen Friedhof vom Ukonjärvi in die Erde gebettet.
    Eines Morgens stellte man fest, dass die russischen Flüchtlinge verschwunden waren. Sie hatten sich am Hiidenvaara Skier und zwei Lappenschlitten geklaut und sich klammheimlich gen Osten davongemacht. Auch beträchtliche Mengen Lebensmittel waren verschwun­ den. Der Schneesturm verdeckte ihre Spuren, sodass die Soldaten, die hinter ihnen hergeschickt wurden, unver­ richteter Dinge zurückkehrten.
    Größere Suchaktionen wurden nicht gestartet. Eigent­ lich war man froh, dass die ungebetenen Gäste von allein verschwunden waren. Besonders den beiden ehemaligen KGB-Agenten trauerte niemand nach.
    Zur Überraschung aller tauchten die Russen nach zwei Wochen plötzlich wieder auf, sie platzten aufgeregt und erhitzt ins Pfarrhaus. Oberst Arkadi Lebedew ver­ kündete, dass er mit seinen Kameraden hinter der Grenze erfolgreich Tote gesammelt habe. Zwei Wochen seien sie unterwegs gewesen, und jetzt befinde sich ihre Ausbeute bereits diesseits der Grenze. Zehn Leichen! In gutem Zustand! Jetzt wollten sie sich nur das Pferd leihen, um die Fracht zum Ukonjärvi zu ziehen.
    »In Russland kann man so viele verstorbene Seelen kriegen, wie man nur will. Und es kostet nicht viel!«, schwärmte der Oberst glücklich.
    Er bot der Stiftung diesen Musterposten sozusagen gratis an, lediglich für die Verpflegung der Überbringer musste gesorgt werden. In diesen ersten Exemplaren sahen die Russen eine Art Entschädigung für die Gast­ freundschaft, die ihnen am Ukonjärvi zuteil geworden war. Über den Preis für die künftigen Lieferungen würde man sich bestimmt einig. In diesen Zeiten durfte man von seinem Geschäftspartner nicht zu viel für die Ware verlangen,

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