Nördlich von Nirgendwo – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition)
Anspruch nehmen?«
»Ich brauche seine Dienste nicht. Nur ein paar Antworten. Guten Tag.«
Ich legte auf und hoffte, daß sie ihm die Nachricht möglichst wörtlich übermittelte. Wenn er plötzlich die ganzen nächsten Wochen nicht erreichbar war, sagte mir das verdammt viel.
Ich stand schon im Begriff, Kennys Nummer erneut zu wählen, als mir einfiel, daß er vielleicht noch nicht einmal meine erste Nachricht abgehört hätte. Ich legte das Telefon weg und sagte mir noch einmal: Ruhe bewahren. Übereifer würde niemandem nutzen.
Ich sagte mir das wieder und wieder, bis ich nach Paradise einfuhr und vor Jackies Restaurant anhielt. Ich war überrascht, daß es wieder offen hatte und die üblichen sechs oder sieben Wagen auf dem Parkplatz standen. Die Polizeiinvasion am Morgen, erst vor wenigen Stunden – hätte ich sie nicht mit eigenen Augen gesehen, hätte ich es nicht geglaubt.
Und Jackie selber, wie er da hinter der Bar stand und einen Drink mixte, wirkte auch nicht so, als ob etwas Ungewöhnliches passiert wäre – bis er die Stempelfarbe an seinen Fingern betrachtete und sie mit einem Handtuch abwischen wollte.
»Sag mal, Alex«, sagte er, als er mich sah. Er stellte mir schon das Kanadische auf die Theke. »Das Zeug, das sie für die Fingerabdrücke verwenden, warum kriegt man das eigentlich nie mehr ab?«
Ich setzte mich auf einen Barhocker. »Alles in Ordnung, Jakkie?«
»Woraus machen die das? Aus Kryptonit?«
»Jackie …«
»Wenn ich reinen Alkohol nehme, geht es dann ab?«
Am liebsten hätte ich über den Tresen gegriffen und ihn bei der Schürze gepackt. »Jackie«, sagte ich langsam. »Sag mir bitte, wie du dich fühlst.«
»Mir geht’s gut«, sagte er und sah mir jetzt dabei in die Augen. »Mach dir um mich keine Sorgen.«
»Dein Sohn hat mir erzählt, du warst am Seeufer spazieren.«
»Das hat mir richtig gutgetan. Ich sollte das jeden Tag machen.«
»Erzähl mir, was passiert ist.«
»Können wir da nicht ein andermal drüber sprechen?«
»Nein, das können wir nicht.«
Er warf das Handtuch auf den Tresen. »Und was soll ich dir erzählen? Du weißt doch, was passiert ist. Sie sind mit einem Durchsuchungsbefehl gekommen, sie haben mich eingebuchtet …«
»Was haben sie hier gefunden?«
»Gestohlene Gegenstände. Sie haben gestohlene Gegenstände in meinem Schlafzimmer gefunden.«
»Erzählst du mir vielleicht auch, was es war?«
»Muß ich das?«
»Eigentlich kann ich es mir denken. Ich komme gerade von Gill, und er hat mir von den indianischen Handarbeiten erzählt, die ihm jemand vor die Tür gelegt hat. Ziemlich wertloses Zeug, wie sich zeigt, und das sagt mir was.«
»Und was bitte?«
»Man schiebt euch was in die Schuhe. Jemand hat das Geld genommen, Jackie, und jetzt sieht es so aus, als ob du und Bennett und Gill dahinterstecken. In deinem Fall könnte ich mir denken, daß sie dir was gebracht haben, was man leicht mit dir in Verbindung bringt. Vielleicht was Schottisches. Habe ich recht?«
Er sah mich einen Moment lang an. »Stimmt.«
»Was war es?«
»Es war ein Becher. Ein alter Zinnbecher.«
»Ich glaube, ich kann mich an ihn erinnern. In Vargas’ Vitrine. War da nicht was eingraviert?«
»Die Flagge der Royal Navy. Und das Wappen von Scapa Flow auf der anderen Seite. Das ist eine alte Marinebasis in Schottland.«
»Und gäbe es irgendeinen Grund für dich, so etwas zu stehlen?«
»Er war ganz schön ramponiert. Ich kann mir nicht denken, daß er was wert ist.«
»Na klar, das macht Sinn.«
»Wenn du das sagst.«
»Warum hast du ihn mit reingenommen? War dir nicht klar, daß er aus Vargas’ Haus stammt?«
»Ich weiß nicht, was ich mir gedacht habe, Alex. Aber offensichtlich habe ich einen schweren Fehler gemacht.«
»Was wolltest du damit machen?«
»Ich hatte da keine Vorstellung. Vermutlich hätte ich dich irgendwann danach gefragt. Aber ich hatte ja nicht mal dazu Gelegenheit.«
»Was haben sie dich auf der Wache gefragt? Ich hoffe, du hast nicht irgendwas ohne deinen Anwalt gesagt.«
»Der war natürlich da. Ich bin ja nicht blöd. Sie meinten, wir würden eines Verbrechens bezichtigt, aber die Sache sähe natürlich schon ganz anders aus, wenn ich die Leute nennen würde, die den Raubzug durchgeführt hätten. Das war das Wort, das dein Freund Maven benutzt hat, den ›Raubzug‹. Das ist schon eine merkwürdige Type … Und so voller Sympathie für dich.«
»Er sollte besser nach demjenigen suchen, der das wirklich getan hat. Aber
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