Nördlich von Nirgendwo – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition)
Beste ist? Sie erinnern sich doch an das Ruder in einer Vitrine? Der direkt in der Mitte?«
»Ja, das Ding, das so echt alt aussah. Das mit den Schnitzereien.«
»Das Ruder war nicht alt, das mal zuerst. Wenn Sie ein hölzernes Ruder nehmen und in Süßwasser werfen, löst es sich auf. Bei Salzwasser ist das ganz was anderes, aber in Süßwasser sieht es schon nach einem Jahr so aus wie dieses Ruder in seiner Vitrine. Und die Schnitzereien? Alex, ich bitte Sie. Die sahen so aus, als hätte da jemand mit ’nem Messer rumgespielt, ein Kind vielleicht oder ein alter Knacker, der den ganzen Sommer auf seiner Veranda gesessen hat. So einer wie ich.« Die Vorstellung ließ ihn wieder lachen, und er hielt lange genug inne, um einen tiefen Zug Limonade zu nehmen. »Aber natürlich sitze ich nicht rum und ruiniere meine Ruder mit Pseudoschnitzereien.«
»War das Ruder auch in dem Paket, das man Ihnen gebracht hat?«
»Das Ruder hätte ich erkannt. Und gründlich meinen Spaß daran gehabt. Nein, ich erinnere mich, daß es schon in der Vitrine fast auseinanderfiel. Ich denke nicht, daß man es noch transportieren konnte.«
»Das ist gut«, sagte ich. »Ich bin froh, daß Sie mir das erzählen.«
»Wissen Sie, was wirklich gut ist? Wenn man sich vorstellt, daß Vargas irgendwem eine Stange Geld für das Ruder bezahlt hat, im Glauben, es wäre eine echte Ojibwa-Reliquie.«
»Ich verstehe, was Sie meinen«, sagte ich. »Ich denke da an was anderes – das beweist doch, daß Sie nichts damit zu tun hatten. Weshalb sollten Sie? Das Zeug ist ja wertlos.«
»Wertlos im materiellen Sinne«, sagte er. »Aber immerhin hat es mal jemandem gehört. Doch, Sie haben recht. Es hätte sich nicht gelohnt, es zu stehlen.«
»Und die Tatsache, daß jemand es vor Ihrem Haus deponiert hat, kann nur eines bedeuten …«
Er sah mich mit diesen dunklen, bedächtigen Augen an und wartete, daß ich meinen Gedanken vollendete.
»Man hat Ihnen etwas in die Schuhe schieben wollen. Wer auch immer das getan hat, dachte, es würde Sie belasten, wenn man das Zeug bei Ihnen findet.«
Er dachte darüber nach und schüttelte langsam den Kopf. »Es war schon wieder jemand hier«, sagte er. »Letzte Nacht.«
»Wissen Sie, wer das war?«
»Ich war im Kasino. Mein Nachbar hat jemanden gesehen, direkt hier auf der Veranda. Wir passen hier wechselseitig etwas auf unsere Häuser auf, müssen Sie wissen.«
»Was hat diese Person getan? Konnte Ihr Nachbar sie klar sehen?«
»Nein. Er habe sich wie ein Mann bewegt, das ist alles, was er weiß. Er sagt, in einem Moment sei er da gewesen und dann verschwunden. Er war einfach weg.«
»Hier geht etwas sehr Seltsames vor sich. Irgendwer treibt sein Spiel mit uns. Mit uns allen.«
»Katz und Maus«, sagte er. »Und Sie wollen wissen, wer die Katze ist, stimmt’s?«
Ich sah ihm in die Augen. »Stimmt genau.«
»Ich weiß auch, warum Sie das tun. Jackie ist der beste Freund, den Sie auf der Welt haben.«
»Ich tue es für euch alle drei.«
Er lächelte. »Das ist okay, Alex. Warum auch immer Sie es tun, ich weiß es zu schätzen, das sollten Sie wissen.«
»Bedanken Sie sich erst, wenn ich etwas herausgefunden habe.«
»Da habe ich keinen Zweifel, daß Ihnen das gelingt. Jackie redet die ganze Zeit von Ihnen. Er sagt, Sie seien der sturste Mann, der je auf Erden gelebt hat.«
»Wohl eher, daß hier ein Esel den anderen Langohr nennt.«
»Haben Sie ihn seit heute morgen schon gesehen?«
»Nein, noch nicht. Ich gehe als nächstes zu ihm.«
»Sagen Sie ihm, er soll sich keine Sorgen machen. Sagen Sie ihm, daß er einen guten Freund hat, der für ihn Umschau hält.«
»Das werde ich.« Ich dankte ihm noch einmal und fuhr los, am Kasino vorbei, dann nach Westen, aus der Stadt heraus, in die Wälder Richtung Heimat, nach Paradise.
Ein Katz-und-Maus-Spiel, wie Gill gesagt hatte. Und eine weitere Maus mußte ich noch sprechen.
Kapitel 12
Auf dem Weg nach Paradise versuchte ich es noch einmal bei Swanson. Seine Sekretärin schien meine Stimme zu erkennen, denn sie versicherte mir, er sei noch immer bei Gericht, und schlug mir vor, bei ihr eine Nachricht zu hinterlassen, statt ihr einfach den Hörer aufzulegen. Ich dachte an etwas Geistreiches wie »Sagen Sie ihm, es sei sein schlimmster Albtraum«, aber überlegte es mir anders. »Sagen Sie ihm, Alex McKnight habe angerufen. Und sagen Sie ihm, ich müsse ihn wirklich so schnell wie möglich sprechen.«
»Wollen Sie seine Dienste in irgendeiner Form in
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