Nördlich von Nirgendwo – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition)
gewußt?«
»Nein, habe ich nicht. Teufel auch, was kann ich dazu sagen? Sie wirkten so, als wären sie wichtig – Sie wissen doch, mit den ganzen indianischen Einkerbungen drauf …
»Und dieser dämliche Becher, bloß weil da die Flagge der Königlichen Marine drauf war …«
»Der Becher hat Jackie etwas bedeutet«, sagte er. »Soviel weiß ich. Und Sie müßten das auch wissen.«
Ich hob die Arme.
»Sein Vater, Alex. Sie wissen das mit seinem Vater.«
»Nein, weiß ich nicht.«
»Hat er Ihnen nie die Geschichte erzählt?«
»Nein.«
»Das kann ich nicht glauben.«
»Dann erzählen Sie sie mir.«
»Okay.« Er holte tief Luft und begann seine Geschichte. »Jackies Vater hieß Elias Connery. Kurzform Eli. Um 1939 ist er rübergekommen, kurz vor dem Krieg. Er war Matrose auf einem Erzfrachter. Sie wissen doch, daß die Schiffe, wenn sie durch die Schleusen durch sind, manchmal noch eine Weile in der Whitefish Bay liegen, bis das Wetter besser wird. Damals gab es noch all die kleinen Boote, die zu den Frachtern fuhren und die Männer an Land in die Kneipen holten. Die Küstenwache raste dann überall rum und wollte sie wieder einsammeln und auf die Schiffe zurückbringen. Wie dem auch sei, der junge Eli ist zusammen mit einer ganzen Schar weiterer Jungs auch so an Land gekommen und irgendwann hier in O’Dells Kneipe gelandet. Hier hat er auch Jackies Mutter kennengelernt. Sie war hier Kellnerin. Genaugenommen ist Jackie hier auch gezeugt worden, ein Stück die Straße runter in ihrem Haus.
»Ich denke, er ist in Glasgow geboren.«
»Ist er auch. Elis Mutter hat den Brief gefunden, den sie ihm geschrieben hatte, und ließ sie rüberkommen. Ich nehme an, sie hielt das noch für sicher, solange sie die Überfahrt auf einem amerikanischen Schiff machte, da die ja noch nicht im Krieg waren. Eli hatte sich da schon zur Royal Navy gemeldet. Er diente auf einer Corvette, die in Scapa Flow stationiert war.«
»Das war das Wappen auf dem Becher.«
»Allerdings, und deshalb wußte ich auch, daß er ihn haben wollte. Besonders wo Eli direkt hier im See untergegangen ist.«
»Wie meinen Sie das?«
»Alex, hat Ihnen Jackie nie irgendwas von alledem erzählt?«
»Nein, Bennett, hat er nicht.«
»Als Jackie zwölf war, sind sie alle hier nach Michigan zurückgekommen. Nach dem Krieg gab es hier jede Menge Jobs, besonders für erfahrene Seeleute. Viele Männer aus Schottland kamen rüber, um als Skipper auf den Schleppern zu arbeiten. Das hat auch Eli gemacht. Er war ein richtiges Original, Alex. Er hat viel Zeit hier in der Kneipe verbracht. Ich weiß noch, wie er gesagt hat, der See hier wäre gefährlicher als jeder Ozean. An einigen Stellen wäre er genau so tief und an anderen flach und voller gezackter Felsen, die nur darauf warteten, ein Schiff zu zerreißen. Jedenfalls habe ich damals Jackie kennengelernt. Gleich in der ersten Woche, wo er hier war, haben wir uns geprügelt. Danach waren wir die dicksten Freunde. Jetzt schon fünfzig Jahre. Er war Trauzeuge auf meiner Hochzeit. Wußten Sie das?«
»Doch, so viel habe ich gewußt.«
»Er war in meine Margaret verliebt. Hat er Ihnen das auch erzählt?«
»Kann sein, daß er es mal angedeutet hat. Aber erzählen Sie mir von seinem Vater. Sie haben gesagt, er ist im See untergegangen.«
»Ja, 1965. Das letzte, was man von ihm gehört hat, war, daß sein Schiff draußen beim Devil’s Chair war. Man hat es nie gefunden, Alex. Nicht die geringste Spur.«
»Nun warten Sie mal. Sie wollen mir doch nicht erzählen, daß der Becher Jackies Vater gehört hat.«
»Ich habe Ihnen doch gesagt, daß damals viele Männer aus Schottland hier am See waren. Der Becher könnte jedem von ihnen gehört haben. Er könnte, verdammt noch mal, auch Jakkies Vater gehört haben. Ich weiß es nicht. Es spielt auch keine Rolle, Alex. Wie es sich auch verhält, ich wollte, daß Jackie ihn bekam.«
»Haben Sie jemals daran gedacht, Vargas darum zu bitten?«
»Einmal habe ich es erwähnt. Er hat kein Wort dazu gesagt. Er hat mir seine Antwort mit einem Zucken der Augenbraue an seinem riesigen fetten kahlen Schädel gegeben. Er hat sich nicht mal die Mühe gegeben, den Mund aufzumachen und ›Nein‹ zu sagen. Um so mehr Grund, ihm den Becher abzunehmen.«
»Klar, der hatte es wirklich verdient.«
»Das stimmt, das hat er. Die ganze Zeit hier rumzutönen, was für ein As er ist und wie er hier alles mit riesigen Häusern vollknallt. Und das ganze Geld, das er in seinem Safe
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