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Nörgeln!: Des Deutschen größte Lust (German Edition)

Nörgeln!: Des Deutschen größte Lust (German Edition)

Titel: Nörgeln!: Des Deutschen größte Lust (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric T. Hansen
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eine Nörgelei im protestantisch-moralisch-geprägten Hochdeutsch selbst im 21. Jahrhundert noch den Anstrich von etwas Verwerflichem hat, ist Mundartgrummeln charmant; ja, in Mundart wird Nörgeln nicht nur anerkannt, es wird erwartet und genossen.
    »Ob wir Bayern mehr schimpfen als andere, das weiß ich nicht«, überlegte Rupert Frank, Humorist, Autor und die eine Hälfte des beliebten Mundartkabaretts »MundARTissimo«. »Aber wir ›granteln‹. Das ›Granteln‹ ist fast eine liebenswürdige Anerkennung. Grundsätzlich nörgeln wir an allem rum, im ersten Moment. Es ist wie Schnaufen. Ein ›Grantler‹ ist einer, der steht beim erstem Augenaufschlag auf und sagt sich: ›So ein Scheißtag, muss ich wieder aufstehn‹. Er schneidet sich beim Rasieren: ›So ein ›Fix‹‹ (Fix beziehungsweise Zefix kommt von Kruzifix). Dann setzt er sich an den Frühstückstisch: ›Ja Himmelarsch, der Kaffee, der brennt mir die Zunge.‹ Der findet überall was. Dann holt er die Zeitung aus dem Briefkasten und die Werbung fällt ihm entgegen: ›Ja was ist das für ein Schmarrn da drin.‹ Hat er was gekauft, heißt es, ›Kruzifix, die lästige Verpackung, so viel Müll zu produzieren‹.«
    Man kann sagen, dass fast alles, was im Hochdeutschen verpönt, peinlich oder unmoralisch ist, in einer Mundart hohes Ansehen genießt. Was auf Hochdeutsch einfach eine unangenehme Angewohnheit ist, hat in einer Mundart Stil.
    »Der Bayer ist manchmal umständlich oder sogar faul, würde ich sagen«, meinte Frank. »Es gibt so einen Witz, der sagt alles über die Bayern und ihr ›Granteln‹: Zwei Münchner und ein Berliner sitzen im Münchner Hofbräuhaus zusammen an einem Tisch. Jeder hat eine Maß Bier und eine Portion frischen Leberkäs mit Kartoffelsalat vor sich. Einer der Bayern nimmt den Pfefferstreuer und versucht, seinen Kartoffelsalat nachzuwürzen. Trotz mehrfachen Schüttelns kommt nichts raus. Sein Spezl, der ihn aufmerksam beobachtet hat, nimmt ebenfalls den Pfefferstreuer, schüttelt ihn, haut ihn paar Mal vorsichtig auf den Tisch – ohne Erfolg. Es will nix raus, obwohl das Glasl noch mindestens Dreiviertel voll ist. Dem Berliner ist das Bemühen der beiden nicht entgangen. Wortlos nimmt er den Pfefferstreuer und beginnt, mit einem Zahnstocher die Löcher des Deckels freizustechen. Und siehe da, es kommt Pfeffer heraus, soviel man mag. Die zwei Münchner schauen sich nachdenklich an. Schließlich brummt der eine: ›Siehgst, drum mog i’s ned, de Preissn!‹«
    Mundart hat etwas Anarchistisches. Politisch gesehen kann man sogar sagen, Mundart untergräbt die Idee des nationalen Zusammenhalts und feiert die regionale Abgrenzung, egal, wie ähnlich die Regionen sich in Wirklichkeit sind. Während Deutschland seit vielen Jahren nach Einigkeit strebt – seine politische und wirtschaftliche Stellung in der Welt kann das Land nur deshalb genießen, weil es ein großes Land ist –, sehnt sich die Mundart nach der Zeit der Kleinstaaterei zurück.
    »Der Oberbayer behauptet von sich, er sei der Ur-Bayer, aber das stimmt nicht«, grummelte der Oberpfälzer Eber. »Der Ur-Bayer stammt von nördlich der Donau, aus der Region um Regensburg. Aber der Oberbayer bleibt stur dabei, das ist die Arroganz an sich. Der Oberpfälzer würde das nie behaupten, auch nicht darüber sprechen, aber insgeheim weiß er, er ist eigentlich viel näher am ursprünglichen Bayer als der Oberbayer.«
    Der Mundartsprecher betrachtet anderssprechende Deutsche als eine Gefahr. »Nachdem der Oberpfälzer sich lange für seine Mundart geschämt hat, fand eine Verwässerung statt, wo das Hochdeutsche eingeflossen ist«, so Eber. »Und es gibt viele merkwürdige Mischformen. Auf der Schule gab es Mädchen, die sich für etwas Besseres hielten, sie sprachen nur eine Mischung aus Hochdeutsch und Oberpfälzisch, es war sowas von lächerlich, dass man es nicht hören konnte.«
    Während auf Hochdeutsch jede Art von Fremdenfeindlichkeit zu einem Aufschrei führt, macht die Feindschaft gegen andere Regionen in einer Mundart einfach Spaß.
    »Im Grunde meint man mit ›Preissn‹ alles, was nicht Bayerisch ist«, erklärt Barbara Lexa, Mundartkabarettistin, Musikalhumoristin und die andere Hälfte von »MundARTissimo«. »›Saupreiss‹: ist einfach ein Schimpfwort für ›Fremder‹. ›Du Saupreiss, du schwedischer; du Saupreiss, du französischer.‹ Das war mal gang und gäbe. ›Saupreissn‹ reden zu viel, sie mischen sich überall ein, sie müssen

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