Nörgeln!: Des Deutschen größte Lust (German Edition)
Gequassel sagt mir, du willst mich reinlegen. Ich mach dir keine Komplimente. Du musst selber wissen, wie du aussiehst. Wenn deine Nase schief ist, sage ich das, und wenn du es nicht hören kannst, dann schaffst du es bei mir nicht. Wenn du es bei mir aushältst, bin ich ein Fels in der Brandung, wenn nicht, findest du mich im Bett mit deiner Schwester. Hasta la vista, baby.
007reloaded schickte Grobheiten an 30 wahllos ausgesuchte Frauen raus; an weitere 30 Frauen schickte Kuschelboy Komplimente.
Kuschelboys Komplimente lauteten etwa so: »Wow! Du siehst aus, als ob du weißt, wie man Spaß hat – macht mich neugierig!« Oder: »Dein Gesicht ist so ausdruckstark und faszinierend wie ein Roman – ich möchte mehr drin lesen.« Sobald sie auch nur ein bisschen lächelte, kommentierte er: »Deine Lebenslust steckt an!« War es ein Foto von einem Strandurlaub, hieß es: »Du bist wie das Meer – unergründlich, entspannend und inspirierend.« Hatte die Frau nicht einmal den Mut aufgebracht, ein Foto von sich online zu stellen, schrieb Kuschelboy: »Ich lasse mich gern von geheimnisvollen Frauen überraschen!«
007reloaded war da etwas anders: »Ich sehe schon, du stehst auf leicht verwackelten Bilder – hast du Angst davor, dich zu zeigen, wie du bist?« Und: »Du bist eine Poserin – nenn mir einen Grund, warum ich mich mal mit dir treffen sollte.« Oder: »Wenn du mal die Brille absetzen würdest, könnte es was werden.« Und: »Lächelst du nie?« Und: »Bevor wir weiterreden, muss das komische Ohranhängsel weg.« Handelte es sich um ein Schwarzweißfoto und guckte sie nur annähernd streng, schrieb er: »Du siehst aus wie Ulrike Meinhof, du musst was dagegen unternehmen.«
Doch nie vergaß er dabei gönnerhaft zu erwähnen: »Trotzdem würde ich mich mal mit dir treffen.«
Dumm war 007reloaded nicht. Bei jeder Beleidigung war möglichst ein halbes Kompliment durch die Hintertür dabei. Handelte es sich um eine Blondine auf einem Schwarz-Weiß-Foto, schrieb er: »Du willst Grace Kelly sein, bist es aber nicht.« Da hatte die Dame wenigstens Grund zu glauben, 007reloaded hätte irgendwas Grace-Kelly-haftes im Foto gesehen. Immerhin hatte er nicht geschrieben: »Du willst Cindy aus Marzahn sein und bist es auch.«
Als dann die Antworten auf Kuschelboy eintrudelten, sank mein Herz.
Die Frauen standen auf Kuschelboy. Kuschelboy hatte Charme! »Vielen Dank!«, schrieb eine, »würde mich freuen, wenn ich Dir ein Lächeln ins Gesicht zaubern kann!« Eine andere schrieb: »Oh sooo ein kranker hase!!!!!!!!!!!!!!!!! gute besserung!« Das verheerende Ergebnis: Sage und schreibe 100 Prozent der Antworten auf Kuschelboy waren positiv. Es war ein schwarzer Tag für die Welt der Nörgler.
Die Antworten auf 007reloaded waren dagegen empört, sarkastisch, zuweilen auch gemein. »Auf Arschlöcher wie dich kann ich gut verzichten!!«, schrieb eine Dame. »Danke. Ich habe keinen Bock, die Rechnung für andere – vermutlich nicht ganz dichte – Frauen zu bezahlen«, eine andere. Das tat weh. Kann es sein, dass die Damen von heute keine Affinität mehr zu Beleidigungen pflegen?
Dann passierte was Wundervolles. Die wütenden Antworten auf 007reloaded rissen nicht ab. Die sarkastischen Mails stapelten sich. Am Ende hatten 21 Damen geantwortet.
Aufgeregt, mit flatternden Fingern klickte ich durch die Antworten. Na sowas: »Dann wärst Du Deinem Profil nach zu urteilen also ’ne komplette Arschgeige? Noch interessiert?«, und: »Schlag mal was vor, Mister Bond«, hieß es da. Andere Frauen hatten sich, wie das manchmal so ist, nicht festgelegt. Wer aber sarkastisch schreibt, »logisch, ich flüchte vor mir selbst und versuche damit meine Belanglosigkeit auszugleichen«, oder gar, »… hahaha – du hastse definitiv nicht alle!« und dabei zu erwähnen vergisst, dass ich mich nicht mehr zu melden brauche, ist mindestens neugierig darauf, was jetzt noch kommen kann. Im Single-Geschäft würde man sagen, ich hätte sie neugierig gemacht.
007reloadeds endgültige Ausbeute: Auf 30 Anfragen kamen 21 Antworten zurück. Von denen waren fünf eindeutig positiv und weitere neun indigniert-interessiert. Nur sieben waren klare Absagen. Ach, ich wünschte, ich wäre wirklich ein Mistkerl!
Und Kuschelboy, dem ich charakterlich leider Gottes näher stehe? Bei ihm waren alle Antworten zu 100 Prozent positiv. Das ist beeindruckend, aber leider hatten sich nur fünf Damen überhaupt die Mühe gemacht, dem armen Kerl wenigstens
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