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Nörgeln!: Des Deutschen größte Lust (German Edition)

Nörgeln!: Des Deutschen größte Lust (German Edition)

Titel: Nörgeln!: Des Deutschen größte Lust (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric T. Hansen
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verbindet eine Beleidigung mit einem Kompliment oder mindestens mit einem Ausweg aus der Beleidigung. Mit »zehn Stunden an der Kasse« hatte er genau das getan.
    Anstatt ihm eine zu scheuern, fragte die schöne Kassiererin perplex: »Woher wissen Sie, dass ich seit zehn Stunden hier bin?«
    »Weil Sie so schnell aufgebracht sind«, erwiderte er nicht uncharmant.
    Inzwischen hatte sie endlich das Sixpack-Problem gelöst. »Manchmal habe ich so’n langen Tag«, sagte sie und kassierte mich achselzuckend ab. Ich glaube, sie war rot geworden.
    Er nickte. »Ich kenn das. Ich hatte heute eine Neun-Stunden-Schicht.«
    Sie hatte ihm schon fast sein Wechselgeld gegeben, als sie lächelnd erwähnte: »Aber morgen hab ich frei.«
    Er lehnte sich lässig an die leere Nachbarkasse. Als ich frustriert den Laden verließ, plauderten sie noch immer miteinander.
    Was ich da mit eigenen Augen gesehen habe, war ein erstklassiger Stichel-Flirt. Weil man in der modernen Aufreiß-Szene viel zu viel Wert auf Komplimente legt, wird oft übersehen, dass eine gut gezielte, persönliche Kritik grundsätzlich effizienter und nachhaltiger wirkt als Komplimente. Und warum auch nicht? Als nachweislich überlegenere Spezies müssten vor allem Frauen in einem potentiellen Partner Intelligenz suchen, und wie wir alle wissen, ist Kritik ein Zeichen von Intelligenz.
    Das kann man prima am weit verbreiteten Ritual des Negging studieren.
    Die Theorie hinter Negging lautet: Jeder Arsch kann einer Frau Komplimente machen, und das wissen die Frauen. In der freien Wildbahn – in einer Bar, auf einer Party, im Internet oder gar bei Aldi – hat deshalb ein noch so verführerisches Kompliment bei einer balzwilligen Frau nur begrenzte Wirkung. Was sie aber nicht erwartet, ist eine charmante Stichelei.
    Negging hat nicht nur den Vorteil eines Überraschungsangriffs. Es gibt darüber hinaus der Frau das aufreizende Gefühl: »Der Typ hat es wohl nicht nötig.« Oder gar: »Was ist los mit mir, dass ich so ein Arschloch völlig kaltlasse?« Ist der Affront auch noch exakt auf die Frau zugeschnitten, beschleicht sie der Verdacht: »Der Mistkerl hat Dinge an mir gesehen, die sonst keiner sieht.« Das führt dazu, dass sie sich wider besseres Wissen anstrengt, den Mistkerl zu beeindrucken, denn sie findet diese Herausforderung, dieses perverse Projekt, ja diese faszinierende, so gut wie unlösbare Lebensaufgabe einfach unwiderstehlich: Einmal aus Scheiße Gold machen. Einmal nur. Davon scheinen Frauen manchmal wie magisch angezogen.
    Soweit die Theorie. Ich wollte wissen: Stimmt sie oder stimmt sie nicht? Die meisten Frauen, die ich kenne, sagen: »Um Gottes Willen! Komplimente wollen wir hören, keine Beleidigungen!« Allerdings sind Aussagen von Frauen über sich, das wissen auch die Frauen, notorisch unzuverlässig. Also musste ein definitives, wissenschaftlich nicht angreifbares Experiment her.
    Finya.de ist eine beliebte, kostenlose Singlebörsen-Website, wo Männer und Frauen miteinander in Kontakt treten. Das funktioniert so: Unter einem Nick stellt man ein Foto sowie ein paar Sätze über sich selbst, genannt »Statement«, auf die Seite. Das ist das sogenannte »Profil«. Man surft dann durch die Profile der anderen, bis man ein sympathisches Foto oder Statement findet. Dort hinterlässt man eine Nachricht und hofft, dass die Angesprochene darauf antwortet.
    Ich stellte gleich zwei Profile ein:
    »Kuschelboy« bestand aus einem computerbearbeiteten Foto von mir selbst (in große Kissen eingekuschelt) und dem folgenden Statement:
Ich suche eine Frau, die innen so schön ist wie außen; die genauso viel an Lachen, Spaß, Zweisamkeit und Ehrlichkeit geben kann, wie sie auch bei mir abholen will; die an einer ehrlichen, verbindlichen Beziehung genauso interessiert ist, wenn ich der Richtige bin, wie sie für einen heftigen liebevollen sexuellen Flirt offen ist, wenn ich der Falsche bin. Haarfarbe, Augenfarbe, Körpergröße – das ist Nebensache, weil es immer zu der Frau passt, die da drinnen wohnt.
    Mein zweites Profil hieß »007reloaded«. Das Foto war auch von mir, diesmal etwas weniger verändert, weil es in einer dunklen Kneipe aufgenommen worden war, mit Sonnenbrille und Zigarillo und einem besoffen-arroganten Gesichtsausdruck. Das Statement lautete so:
Ich bin einmal zu oft auf irgendwelche Tussis reingefallen, die es nicht wert waren. Den ganzen Scheiß von wegen Zweisamkeit und gegenseitigem Vertrauen und Respekt kannst du dir sparen. So ein

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