Nomaden des Weltalls
war scharf und kalt; hinter dem Schloß hoben sich Dächer und Türme dunkel vom Himmel ab.
Ilaloa war schon zu Bett gegangen. Sie richtete sich halb auf, als er den Schlafraum betrat. »Zu spät, um jetzt noch auszugehen«, sagte er. »Morgen früh also. Ist dir das recht?«
Sie nickte.
»Ich verstehe, daß du dir hier eingesperrt vorkommst«, sagte er. »Ich kann dir nicht sagen, wie leid mir das tut.«
»Mach dir doch keine Sorgen. Ich war nur in Gedanken, Sean.«
Er sah sie an. Seine Augen folgten der sanften Rundung ihres Körpers bis zu ihrem Gesicht und verweilten dort. »Du würdest lieber wieder auf Rendezvous sein, nicht wahr?«
Sie lächelte, und dann lachte sie plötzlich. Es klang, als läuteten Glöckchen. »Armer, dummer Sean. Du denkst zuviel.« Er zog sie an sich, und sie erwiderte seine Umarmung. Sein Mund berührte ihr duftendes Haar und drückte sich dann auf ihre offenen Lippen.
Ja, sie hat recht. Ich mache mir zu viele Gedanken. Und es bringt mir gar nichts.
Am nächsten Morgen legte er Nomadentracht an, zog sich aber noch ein dickes Hemd über. Er mußte warten, bis Ilaloa mit dem Duschen fertig war. An Bord des Schiffes badete sie immer sehr lange, als wollte sie irgendeine verborgene Unreinheit wegwaschen.
»Zieh dich dick an, Liebste«, riet er ihr mit der warmen Fürsorge des liebenden Gatten.
Sie rümpfte die Nase. »Muß ich das?«
»Wenn du da draußen nicht erfrieren willst, schon. Was hast du denn eigentlich dagegen?«
»Es ist ... Man ist so abgeschlossen von Sonne, Regen und Wind«, antwortete sie. »Man trägt eine tote Haut auf dem Körper, die einem den Kontakt mit dem Leben verwehrt, Sean.«
Der Morgen war kühl und nebelig; die Steinplatten unter ihren Füßen glänzten naß, als sie zu den äußeren Toren gingen. An hochragenden Türmen vorbei gingen sie den Hügel hinunter.
Die Stadt war bereits erwacht, und ihr Lärm wurde lauter, als sie die Straßen betraten – schrilles Stimmengeschrei, Hufegeklapper, ächzende Räder, Eisengeklirr. Auch der Geruch fehlte nicht. Sean schnaubte und sah Ilaloa an. Aber sie schien ihn nicht zu bemerken. Mit weit aufgerissenen Augen starrte sie Dinge an, die sie nie zuvor in ihrem Leben gesehen hatte.
Die engen Straßen mit dem rutschigen Pflaster wanden sich zwischen den hohen Mauern spitzgiebeliger Häuser. Die schweren Türen hatten Metallbeschläge; die Fenster waren nichts weiter als schmale Schlitze; vorragende Balkone verdeckten den Himmel. An ihrem Fuße befanden sich kleine Stände und Buden mit Töpferwaren, Werkzeugen, Kleidern, Waffen, Teppichen, Lebensmitteln, Wein. Händler priesen mit rauher Stimme ihre Waren an. Da und dort standen Tempel mit Minaretten, grotesk verziert mit blutverschmierten Götterbildern.
Die Menge um sie herum tat alles, um den geheiligten menschlichen Gestalten nicht zu nahe zu kommen, stieß aber dennoch manchmal gegen sie. Es war ein Schauspiel von der Art, wie es nur aus der Entfernung romantisch wirkt. Sean glaubte die um ihn herum lauernde Gewalttätigkeit spüren zu können.
Ilaloa zupfte ihn am Ärmel, und er blieb stehen, um bei diesem Lärm ihre Worte besser zu verstehen. »Kennst du diese Stadt, Sean?«
»Nicht sehr gut«, gestand er. »Ich kann dir ein paar interessante Dinge zeigen, wenn ...« Er zögerte. »Wenn du möchtest.«
»O ja!«
Vor ihnen erscholl ein Trompetensignal, und die Erulani drückten sich gegen die Mauern. Sean, der wußte, was kommen würde, zog Ilaloa mit sich zur Seite. Eine Schwadron von Gardisten galoppierte in Helm und Rüstung vorbei; Dreck spritzte von den Hufen der Pferde. Der Hornist hatte eine Peitsche, die er nach allen Seiten schwang. In ihrer Mitte war ein Mensch, der Befehlshaber, genauso gekleidet wie sie.
Eine Frau schrie auf, als sie vorbei waren. Ehe die Menge wieder die Straße überflutete, sah Sean, daß sie sich über ein kleines, pelziges Etwas beugte. Ihr Kind war nicht schnell genug gewesen.
Seine Kehle war so zugeschnürt, daß es ihm richtig weh tat. »Hierher, Ilaloa«, sagte er. »Komm mit mir.«
»Der Tod«, sagte Ilaloa ruhig.
»Ja«, antwortete er. »So ist Erulan.«
Sie betraten eine andere Hauptstraße. Ein Sklavenzug näherte sich. Die Männer waren von Hals zu Hals aneinandergekettet. Ihre Füße bluteten. Peitschenschwingende Soldaten trieben sie weiter, aber die Sklaven blickten nicht auf.
Wieder sah Sean Ilaloa an. Sie sah den vorüberziehenden Sklaven nach; irgendwie schien ihr Mitleid nicht sonderlich tief
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