Nomaden des Weltalls
nicht.« Ihr Flüstern klang heiser. »Es denkt an Sterne jenseits der Sterne, aber immer ist da dieses Bild einer Sichel, die hineinschneiden will in ein helles Leuchten. Erhabenheit und Verachtung liegt darin, wie Stahl und ...« Ihre Stimme erstarb.
»Jetzt ist es wieder weg«, sagte sie in fast kindlichem Ton. »Jetzt spüre ich es nicht mehr.«
Er fing an zu laufen, hielt ihren Arm in einer Hand und die Pistole in der anderen. »Joachim hatte recht mit seiner Ahnung«, stieß er hervor. »Wir müssen diesen Planeten verlassen!«
11 – Konstellation
Niemand konnte behaupten, daß sich eine besonders intellektuelle Gesellschaft an Bord der Schiffe befand. Dennoch war Lesen als Zeitvertreib während der langen Reisen beliebt. Wie ihre Schwesterschiffe hatte die Peregrinus eine durchaus ansehnliche Bibliothek. Es war ein langer, mit zwei umlaufenden Galerien versehener Raum im äußeren Ring, ziemlich in der Mitte des Schiffes und nicht sehr weit vom Park entfernt. Seit dem Start von Nerthus hatte Trevelyan zahlreiche Stunden darin verbracht.
Als er jetzt die Bücherei betrat, war sie fast leer bis auf den dösenden Wärter und ein paar alte Männer, die lesend an einem der Tische saßen. An den Wänden standen Regale mit Mikrobüchern von zivilisierten Planeten: Sachbücher, Nachschlagewerke, Philosophie, Poesie, Belletristik – kurz, alles und jedes. Außerdem gab es noch dicke Folianten, verfaßt von den Nomaden selbst oder von den Eingeborenen hundert verschiedener Welten. Er nahm ein Kompendium der Geschichte der Schiffe und öffnete es.
Es begann mit den Memoiren von Thorkild Erling, dem ersten Nomadenkapitän. Die Fakten waren jedem gebildeten Menschen in der Union bekannt: Wie die erste Traveler, ein Emigrantenschiff in den frühen Tagen interstellarer Raumfahrt, in einen Gravitationswirbel geriet – ein damals noch völlig unbekanntes Phänomen, für das man bis jetzt keine hinreichende Erklärung gefunden hat – und etwa zweitausend Lichtjahre von ihrem Kurs abgetrieben wurde. Mit den Hyperdrive-Motoren der damaligen Zeit hatte man mehr als zehn Jahre gebraucht, bis wieder ein Gebiet erreicht war, wo die Sternbilder halbwegs vertraut aussahen. Fast ein weiteres Jahrzehnt war das Raumschiff dann noch umhergeirrt. Schließlich fand die Besatzung einen unbewohnten E-Planeten. Sie nannte ihn Harbor und kolonisierte ihn. Die meisten waren froh, die wilde Jagd durch die Tiefen der Ewigkeit vergessen zu können. Einigen freilich gelang es nicht; schließlich gingen sie mit der Traveler von neuem auf die Reise.
Das waren die historischen Fakten. Als Trevelyan jetzt Thorkilds Bericht las, teilte sich ihm etwas vom Reiz und der Schönheit jener frühen Jahre mit. Aber Träume verändern sich. Ein Ideal, das Wirklichkeit wird, ist keines mehr. In dem, was Thorkild dann später schrieb, lag ein Unterton von Enttäuschung; seine neue Gesellschaft entwickelte sich nicht so, wie er es sich gewünscht hätte. »So ist die Menschheit: Niemals imstande, der Logik ihrer eigenen Ideen zu folgen.«
Eilig durchblätterte Trevelyan das Buch, um vielleicht Hinweise auf die Entwicklung der Nomadenwirtschaft zu finden. Ein Raumschiff kann eine geschlossene ökologische Einheit sein, und die Nomadenschiffe erzeugten in hydroponischen Kulturen ihre eigene Nahrung und waren auch in der Lage, Schiffsbau-, -reparatur- und -wartungsarbeiten durchzuführen. Auf diese Weise konnten sie endlos lang durch den Weltraum treiben. Leichter und lohnender war es jedoch, Planeten anzulaufen und aus Handel mit ihnen Gewinn zu schlagen.
Zuweilen ging man auch über den Handel hinaus. Manchmal betrieben die Nomaden Bergwerke oder andere Industrien. Selbst Raub war nicht unbekannt, wenn man ihn auch nicht gern sah. Das, was sie sich so aneigneten, verwendeten sie zum Teil für ihre eigenen Bedürfnisse; mit dem Rest trieben sie Handel.
Solche Unternehmungen wurden, sobald der Captain die nötigen Voraussetzungen dazu geschaffen hatte, immer von einzelnen oder kleinen Gruppen durchgeführt. Eine geringe Steuer genügte zur Finanzierung der verschiedenen öffentlichen Abgaben.
Die Gesellschaft war demokratisch, wenngleich nur die erwachsenen Männer das Wahlrecht hatten. Politische Fragen von grundsätzlicher Bedeutung wurden bei den Treffen auf Rendezvous geregelt, wobei gewisse Entscheidungen dem Kapitänsrat überlassen waren, andere den ganzen Besatzungen. Die einzelnen Schiffsversammlungen beratschlagten alles, was der Kapitän nicht
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