Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Nomaden des Weltalls

Titel: Nomaden des Weltalls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
Vom Netzwerk:
zu gehen.
    Die Straße führte auf einen Marktplatz. An einem Galgen baumelten drei Erhängte. Unter ihnen zupfte ein schmuck gekleideter Erulani eine kleine Harfe. Es war eine fröhliche Melodie.
    Ilaloas Finger drückten die seinen. »Etwas bekümmert dich, Sean.«
    »Es ist dieser verdammte blutige Planet«, antwortete er. »Es ist alles so unnötig!«
    Ihr Blick wich nicht von seinen Augen, und ihre Stimme war ernst. »Du bist lange vom Leben abgeschlossen gewesen«, sagte sie. »Du weißt nicht mehr, wie schön der Regen ist oder eine Sommernacht. Es ist eine ... Leere in dir, Sean.«
    »Ich versteh den Zusammenhang nicht.«
    »Was hier um uns herum ist, ist Leben«, sagte sie. »Du hast vergessen, wie heiß und dunkel und grausam es sein kann. Ihr verbrennt eure Toten und vergeßt, daß Fleisch wieder zu Staub wird. Die Erde sollte Staub sein von euren Gebeinen, und wo ihr starbt, sollte alles blühen. Ihr möchtet, daß es immer nur Tag ist; von der Nacht und vom Sturm wollt ihr nichts wissen. Ihr lebt mit Geistern und Träumen in eurer eigenen Finsternis. Das ist falsch, Sean.«
    »Aber dies hier!«
    »Ja, das Leben ist wild hier und wüst, aber es spielt sich jetzt ab, verstehst du? Habt ihr Angst vor dem schneidenden Schmerz der Geburt? Fürchtet ihr euch davor, an das Raubtier zu denken, das bei Nacht Leben erwürgt, um seine Jungen zu füttern? Kennt ihr die Lust, die es bereitet, zu töten und zu herrschen?«
    »Du m-meinst doch nicht, daß das richtig ist, oder?«
    »Nein. Und doch ist es richtig. Oh, Sean, du kannst das Leben nicht leben, bis du selbst Leben bist, das ganze Leben, nicht wie es sein sollte, sondern wie es ist: Lachen und Weinen, Liebe und Grausamkeit, mehr als du selbst ... Nein, du verstehst das nicht.«
    Sie gingen weiter. Einen Augenblick sagte sie leise: »Oh, die Wirklichkeit kann man verbessern. Der endlose Kampf, das unaufhörliche Leid muß nicht sein. Aber so ist das Leben immer noch ... richtiger ... als das der Stadt Stellamont.«
    »Du meinst«, fragte er, »die Vernunft sei ... falsch? Dieser Instinkt ...«
    Sie lachte, doch mit einem nachdenklichen Unterton. »Du bist lieb, aber deine Liebe ist so weit ... so weit fort.« Plötzlich kam es dann fast wie ein Aufschrei: »Oh, Sean, könnten wir Kinder haben ...«
    Er vergaß das Gedränge um sich herum, zog sie an sich und küßte sie. Irgendwie fühlte er sich erleichtert. Sie hatten versucht, einander kennenzulernen, und selbst in ihrem Scheitern lag noch eine Art Sieg.
    Um die Mittagszeit leerten sich die Straßen; die Stadtbevölkerung zog sich zu einer Siesta zurück. Sie schlenderten durch ein Labyrinth verwinkelter Straßen und verirrten sich schließlich. Schlimm war das nicht; sie brauchten nur die allgemeine Richtung des Schlosses einzuhalten und würden es dann von einem offenen Platz aus sehen können.
    Am Ende einer Straße bemerkte Sean einen engen Tunnel zwischen schräg überhängenden Häusern. »Versuchen wir's da einmal?«
    Er bekam keine Antwort. Als er sich umwandte, war er zutiefst erschrocken.
    Er hatte Liebe in ihrem Gesicht gesehen, Fröhlichkeit, Besorgnis, Kummer, Einsamkeit, Abscheu, Furchtsamkeit und den leeren Ausdruck dessen, der allein für sich sein will. Aber niemals zuvor hatte er sie wirklich verstört gesehen.
    »Lo – was ist los?« Er flüsterte es, und seine Pistole schien von selbst aus ihrem Halfter zu gleiten.
    Ihre entsetzten Augen suchten die seinen. Sie hatte die Hand gegen den Mund gepreßt, als wollte sie einen Schrei unterdrücken. »Amuriho«, hauchte sie. »Hualalani amuriho.«
    Er zog sie mit sich zur Seite. Gegen eine Wand gedrückt, starrte er auf die Straße hinaus. Sie war leer.
    »Ein Gedanke. Ein Gedanke ... nein, Sean!«
    Er sah Ilaloa nicht an. Seine Augen suchten forschend die Straße ab, doch nichts schien sich zu bewegen. »X«, sagte er.
    »Es war kein Mensch ... nichts von Erulan«, hauchte sie zitternd. »Es war grausig ... eine schwarze, hohle Nacht voller Sterne ... und kalt, so kalt!«
    »Wo?«
    »Ganz in der Nähe. Hinter irgendeiner Mauer.«
    »Dann müssen wir weg von hier!«
    »Wieder – da ist es wieder!« Sie klammerte sich an ihn. Er fühlte, wie sie erschauderte.
    »K-kannst du Gedanken lesen?« stammelte er.
    »Dunkelheit«, stieß sie hervor. »Dunkelheit und Leere, eine dunkle Leere voller Sterne ... Sterne wie eine Sichel um ein schimmerndes Feld.«
    Der Pistolengriff war rutschig in seiner Hand. »Können sie uns wahrnehmen?«
    »Ich weiß es

Weitere Kostenlose Bücher