Nonnen
wir nun sitzen.
Dann verabschiedete ich mich von der Oberin, und ich war froh,
als ich wieder in der warmen Luft des Lindenplatzes stand.
Beinahe war mir der Spaß an der Lösung des
Rätsels vergangen, und in der Tat hatte ich kaum eine
Chance, das Schicksal der vier Nonnen aufzuklären.
Es war erst Mittag. Ich aß im EINSTEIN und beobachtete
dabei die Pforte des Konvents. Doch außer einigen alten
Leuten, die im Rollstuhl oder an der Hand einer Krankenschwester
hinausgeführt wurden, ereignete sich nichts. Das Essen war
durchschnittlich, und mißmutig fuhr ich mit dem
nächsten Zug nach Köln zurück.«
Benno kamen Bedenken, ob es statthaft sei, real existierende
Namen zu benutzen. Konnten die Angehörigen etwas dagegen
haben? Warum machst du dir darüber Sorgen? Wenn du es
willst, kannst du jeden, den du kennst, jeden, der im Telefonbuch
steht, auf dem Papier ermorden. Also stell dich nicht so an!
Solange es aus deinen Händen nicht in die
Öffentlichkeit gelangt, ist es völlig
gleichgültig. Aber warum lag ihm so sehr an Realismen, wenn
nur er allein sie nachvollziehen konnte und wollte? Wollte denn
nur er? Wollte er nicht vielmehr, daß er ein berühmter
Schriftsteller würde und endlich seinen verhaßten
Beruf aufgeben konnte? Unsinn. Vielleicht war er gut genug, doch
er kannte niemanden, der ihm helfen konnte, und als Neuling hatte
er sicherlich bei den Verlagen keine Chance. Es war aber
verlockend, sich vorzustellen, daß man von dem Verkauf der
Geschichten lebte. Andererseits: Tausende würden das lesen,
was er nur für sich selbst schrieb. Abgesehen davon,
daß sie es nie verstünden, wäre es schrecklich,
seine innere Welt vor der äußeren Welt ausgebreitet zu
sehen. Was ist denn daran meine innere Welt? Es sind doch nur
Gedankenspiele, die nichts damit zu tun haben, was ich erlebt
habe. Es gibt keine Berührungspunkte, es ist alles
abgehoben.
Und mehrere Tage später kam Herr Bandmann mit einem
Grinsen ins Büro. Er grinste und grinste, sagte aber nichts.
Nun sollte Benno wohl nach dem Grund dieses dümmlichen
Grinsens fragen, doch diese Genugtuung wollte er seinem Kollegen
nicht geben. Benno schwieg angestrengt.
»Sie haben es verdient«, sagte Bandmann
schließlich geheimnisvoll.
»Was habe ich denn verdient?« fragte Benno
vorsichtig.
»Sie haben das Glückslos gezogen, mein Lieber. Sie
wissen gar nicht, wie gut Sie es haben. Ich habe Ihnen ja schon
immer gesagt, wie sehr ich Ihre Geschichten schätze. Und Sie
müssen wissen, daß ich einen großen
Bekanntenkreis habe.«
Benno erschrak. »Haben Sie etwa alles
herumgezeigt?«
»Nein, nein, natürlich nicht, das hätte ich
mir nie erlaubt. Aber ich habe es jemandem gegeben, von dem ich
weiß, daß einer seiner Freunde mit einem Verleger in
Bonn bekannt ist. Was sagen Sie nun?«
Was sollte Benno dazu sagen?
Herr Bandmann schwärmte weiter: »Dieser Bekannte,
also der erste, hat die Geschichten auch gelesen, aber er fand
sie langweilig. Kann ich ihm nicht verdenken, denn er ist ein
sehr prosaischer Mensch. Und was sein Freund davon hält,
weiß ich nicht. Aber sie beide hatten halt meinen strikten
Auftrag. Und stellen Sie sich vor: Der Verleger hat sich die
Sachen durchgelesen.«
»Na und?« Benno wurde nervös; er spürte,
wie seine Hände naß wurden.
Herr Bandmann holte tief Luft, so als wolle er mit seinem
nächsten Satz alle Kerzen einer Geburtstagstorte auf einen
Schlag ausblasen. »Er will Sie sehen.«
Für einen Augenblick gaukelten Bilder durch Bennos
Gedanken, Bilder, wie er sie schon einmal flüchtig gesehen
hatte, wenn er ehrlich zu sich selbst war. Bilder vom Ruhm.
Herr Bandmann sprach weiter: »Da er Ihre Adresse nicht
kennt, hat er dem Freund meines Bekannten einen Terminvorschlag
unterbreitet, und so ging das dann zurück zu mir. Also, er
will Sie am nächsten Dienstag um zehn Uhr sehen. Ist das
nicht toll?«
»Dazu müßte ich mir freinehmen.« Benno
wußte nicht, wie er mit dieser neuen Situation umgehen
sollte. »Ich weiß nicht, ob das eine gute Idee
ist.«
»Werfen Sie diese einmalige Chance nicht einfach fort!
Gehen Sie hin!«
Für den Rest des Tages hatte Benno etwas, worüber er
grübeln konnte. Am Abend war er nicht einmal dazu in der
Lage, an seiner Nonnengeschichte weiter zu schreiben. Er war
verwirrt. Bot sich hier wirklich eine Gelegenheit, aus seinem
Lebensloch herauszukommen? Er sah Lesungen vor sich, eine
große Menschenmenge, Fans,
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