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Nonnen

Nonnen

Titel: Nonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Siefener
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gelocktem
Blondhaar saß. Sie schaute durch eine Hornbrille und sah
nicht sehr freundlich aus. Da sie keine Tracht trug, nahm ich an,
daß sie eine Laiin war. Sollte ich einfach zu ihr gehen und
fragen, was sie mir über die toten Nonnen sagen konnte? Das
war lächerlich. Aber ich mußte hineingelangen und
jemanden sprechen, der von der Sache wußte. Gab es
überhaupt eine ›Sache‹? Ich saß lange
unsicher auf der Bank, aber meine Neugier war stärker als
die Angst, mich dem Spott anderer auszusetzen.
    So stand ich auf und überquerte langsam den ruhigen
Platz. Ich stieg eine kleine Rampe hoch, und in diesem Augenblick
kam mir ein Rollstuhl nicht gerade langsam entgegen. Er wurde von
einer kräftigen Krankenschwester geschoben, und seine
Insassin, in Nonnentracht gekleidet, schien sich mit dem Rausch
der Geschwindigkeit nicht recht anfreunden zu können. In
ihrem Schoß sah ich eine Videokassette liegen, die sie mit
sehnigen, verkrampften Fingern hielt. Die beiden entfernten sich
in Richtung der Videothek. Ob es der neue Film von Stephen King
war? dachte ich und mußte kichern.
    Inzwischen hatte ich die Rezeption erreicht und machte
offenbar immer noch ein dümmliches Gesicht, denn die
Empfangsdame herrschte mich an: ›Zu wem wollen Sie
denn?‹
    Ich wurde rot, stotterte und druckste herum, und
schließlich ging ich aufs Ganze: ›Zur Schwester
Oberin, bitte.‹
    ›Haben Sie einen Termin?‹
    ›Nein, leider nicht.‹
    ›Dann ist die Schwester Oberin für Sie nicht zu
sprechen!‹
    Sie wandte sich ab und tat, als wäre ich nicht mehr
da.
    ›Es geht um eine Mitschwester, um einen Todesfall, um
Schwester Hildemarga‹ – das war der einzige Name,
der mir in der Eile einfiel –, ›denn es ist so,
daß ihre Hinterbliebenen, wie soll ich mich da
ausdrücken, es ist schon seltsam, nach der langen Zeit, es
geht um die Erbschaft und um Geld.‹
    Hinter den Brillengläsern blitzte es auf.
    Ich setzte nach: ›Um sehr, sehr viel Geld.‹
    ›Nun, dann berührt es also Belange des
Ordens‹, sagte die Frau, ›das ist natürlich
etwas anderes. Bitte verzeihen Sie. Aber die Schwester Oberin ist
nicht da. Sie müßten ihr begegnet sein. Eine
Krankenschwester hat sie gerade hinausgefahren. Sie wird bald
wieder zurück sein. Bitte warten Sie hier.‹
    Sie wandte sich von mir ab und ging einer Tätigkeit nach,
deren Sinn sich mir nicht erschloß. Ich beobachtete ihre
scheinbar ziellosen Bewegungen, bis ein kleiner Aufruhr vor der
Pforte Besuch ankündigte. Es war die Krankenschwester mit
der Oberin. Nun war der Schoß leer.
    Die Pförtnerin hielt die beiden auf, die sich wieder in
beachtlichem Tempo genähert hatten.
    ›Hier ist ein Herr für Sie, Schwester
Oberin‹, sagte sie mit Unterwürfigkeit in der Stimme.
›Es geht um wichtige Dinge, um eine Schwester Hildemarga
und eine Erbschaft.‹
    ›Ach ja?‹ fragte die Oberin schneidend kalt und
sah mich zweifelnd an. ›Wir hatten zwei Schwestern dieses
Namens in den letzten Jahren. Es stimmt, beide sind tot. Um
welche handelt es sich denn?‹
    ›Um…‹ Ich kramte in meinem
Gedächtnis nach dem vollständigen Namen. Jetzt war ich
festgelegt und mußte weiterspielen. ›Um Hildemarga
Elisabeth Laux, gestorben 1975.‹
    ›Nun, das ist aber doch sehr merkwürdig. Es ist
schließlich schon so lange her. Ich kann mich kaum
erinnern.‹
    Ich war auf der richtigen Fährte!
    Sie redete weiter: ›Aber das brauchen wir nicht hier
auf dem Flur zu besprechen.‹
    Sie starrte die Pförtnerin mit zusammengekniffenen Lippen
an, die nur noch ein Strich im faltigen, scharfen Gesicht waren.
Dann zischte sie: ›Los!‹, und die wilde Fahrt ging
durch einen langen Flur zu einem Aufzug an dessen Ende. Ich
mußte mich sputen, um mithalten zu können, und war
außer Atem, als wir in den obersten Stock fuhren. Die
Krankenschwester sah mich mit lachenden Augen an.
    Nach einer erneut raschen Fahrt hatten wir endlich das
Büro der Oberin erreicht. Die Krankenschwester ließ
uns allein, und die alte Nonne zerrte mit erstaunlicher Kraft an
den Rädern ihres Rollstuhls und drehte ihn mir zu.
    ›Also, junger Mann‹, sagte sie,
›erklären Sie mir, weshalb Sie hier sind!‹
    ›Das ist schwer zu sagen.‹
    ›Versuchen Sie es. Es kann um keine Erbschaft gehen,
denn Hildemarga Laux besaß nichts, und auch ist sie beinahe
zwanzig Jahre tot. Ich warne Sie, versuchen Sie nicht, mich
für dumm zu verkaufen!‹
    Sie sah mich an mit

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