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Nonnen

Nonnen

Titel: Nonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Siefener
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die ein Autogramm von ihm haben
wollten, wunderschöne Frauen, die ihn anhimmelten und nur
auf ein Wort von ihm, dem Meister, warteten, und sie würden
alles für ihn tun, alles. Bandmann hatte recht. Er sollte es
wenigstens versuchen.
    Und bis zum Dienstag träumte er Träume, die er nie
zuvor geträumt hatte. Er vernachlässigte seine
schriftstellerische Arbeit, sie interessierte ihn nicht mehr. Er
sah das Ziel vor sich, und sein Ziel war es die ganze Zeit
über gewesen, das wußte er nun. Das verwirrte ihn.
    Und es ward Dienstag. Er fuhr mit dem Zug nach Bonn, hatte
sich von Bandmann die Adresse geben lassen, fand sie schnell
– und war enttäuscht. Sicher, er stand vor einem
riesigen blendendweißen Gründerzeithaus, das eine
stille Eleganz ausstrahlte. Doch es war nicht das Verlagshaus.
Die Klingel des Verlages war nur eine unter vielen, und das
handgeschriebene Schildchen verhieß nichts Gutes. Was hatte
er davon, sich mit einem kleinen Krauter einzulassen? Als er den
Namen des Verlages aus Bandmanns Mund hatte fallen hören,
war er ihm vage bekannt vorgekommen, doch er mußte sich
getäuscht haben. Benno nahm sich zusammen und klingelte.
    Es dauerte eine Weile, bis aufgedrückt wurde. Benno stieg
eine lange, knarrende Holztreppe hoch, erster Stock, zweiter
Stock. Da hinten, am Ende des Ganges, stand jemand. Benno konnte
nur die Silhouette erkennen. Sie war nicht hoch, aber breit. Er
ging mit gemischten Gefühlen auf sie zu, und plötzlich
fühlte er sich wie einer der Helden in seinen
Erzählungen, der sich anschickt, dem Grauen zu begegnen. Was
erwartete ihn da vorn? Er kam näher, das Zwielicht
löste sich auf, und nun stand er vor einem bärtigen,
nicht sehr großen Mann, dessen weiter Pullover eine gewisse
Körperfülle nicht verbergen konnte. Das fand Benno
sympathisch. Wenigstens stand er keinem der modernen Leibfeinde
gegenüber. Das Gesicht des Mannes war offen, hinter einer
runden, unmodernen Nickelbrille saßen wache, freundliche,
aber auch ein wenig spöttische Augen. Sein Haar fiel bis auf
die Schultern. Es war unmöglich, das Alter der Gestalt zu
schätzen. Es mochte fünfundzwanzig oder auch
fünfundvierzig Jahre betragen. Der Mann streckte die Rechte
aus, und Benno ergriff sie. »Benno Durst, wie ich
annehme«, sagte der Verleger mit näselnder Stimme.
»Kommen Sie doch rein.«
    Keine Vorzimmerdame, keine Sekretärin? Vielleicht hatte
sie sich freigenommen. Als Benno aber hinter dem Verleger in ein
etwa zehn oder zwölf Quadratmeter kleines Zimmerchen trat,
wurde er ernüchtert. Hier standen Regale, ein Arbeitstisch
mit einem großen Computer darauf, eine spanische Wand,
hinter der ein Kühlschrank brummte, und in einer Ecke hockte
ein zweisitziges Sofa, auf das Benno sich niederzusetzen
geheißen wurde. Es war hart und unbequem. Benno starrte
abwechselnd auf den stark fleckigen Boden, die Regale und die
Schränke, die den Raum fast erdrückten, und auf sein
wunderliches Gegenüber. Dieses grinste. »Es ist nicht
allzu fein hier, aber dafür sind meine Bücher
gut.« Er stand auf und reichte Benno einen Band. Er war in
englischer Broschur schwarz gebunden, besaß ein Titelbild
von Escher, einen Baum, und darüber stand in keltischer
Unzialschrift: »Michael Siefener. Bildwelten.« Der
Verleger sagte: »Nur damit Sie sehen, was ich so mache. Ich
bringe manchmal Phantastik heraus, wenn sie mir gefällt,
aber das ist selten.« Er sah Benno provozierend an. Dann
ließ er sich lang und breit über die Stärken und
Schwächen der phantastischen Literatur aus. Wenn Benno etwas
sagen wollte, fiel ihm der Verleger ins Wort, und
schließlich sagte Benno gar nichts mehr. Er hätte es
sich ja denken können. Warum sollte von Herrn Bandmann etwas
Gutes und Sinnvolles kommen? Wäre es überhaupt
erstrebenswert, ein Buch in diesem winzigen Verlag zu
veröffentlichen? Wer war dieser Siefener? Nie gehört.
Während der Verleger dozierte, blätterte Benno in dem
Bändchen. Nun, da gab es offensichtlich Gemeinsamkeiten,
doch der Autor erreichte nicht die Tiefe, die Benno in seinen
eigenen Werken besaß. Wann kam der Buchmacher endlich zum
Thema?
    Als er einmal Luft holte, bohrte sich Benno dazwischen:
»Und was halten Sie von meinen Geschichten?
    Ein Arbeitskollege von mir sagte, daß Sie mich deswegen
sprechen wollten.«
    »Das ist richtig, aber lassen Sie mich doch erst einmal
Grundsätzliches sagen.«
    Und er redete weiter.
    Endlich stand

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