Nonnenfürzle: Kriminalroman (German Edition)
gepinselte Altarblatt, das den braven, knienden Dominikus
zeigt, sein Gesicht und seine rechte Hand zu Maria, der Rosenkranzkönigin, erhoben,
die ihm einen Rosenkranz reicht, ließ die immer unruhiger werdende Gruppe weiterhin
kalt.
Der blaue
Schutzmantel der Madonna breitete sich über die schöne oberschwäbische Heimat aus,
und am Horizont war auf diesem mir so lieb gewordenen Bild die höchste Erhebung
der Region zu sehen. Der Bussen. Der Bussen mit Burg und Kirche. Der heilige Berg,
der schwanger macht. Die Nonnen wussten wohl nicht genau, was da so an die Wand
gepinselt worden war. Cäci hatte sich neben mich gestellt. Ich flüsterte ihr sachte
ins Ohr:
»Da kommt
unser Sohn her.«
Cäci hob
ihre rechte Hand und führte sie tippend an ihre rechte Schläfe. Es schien eine zwanghafte
Handlung zu sein. Hoffentlich wird so etwas durch eine Schwangerschaft nicht verstärkt.
In der rechten
Bildhälfte hing noch ein Mann in Rüstung herum, der Begründer des Kloster Sießen:
Ritter Steinmar von Strahlegg, der den frommen Damen von Saulgau 1259 seinen Stammsitz
schenkte. Auch er bekommt wie Dominikus aus der Hand des Jesuskindleins einen Rosenkranz
geschenkt. Ich musste wieder an meinen zukünftigen Sohn denken. Ob er mir auch mal
einen Rosenkranz schenken würde?
Ich machte
meine Schüler noch auf das Kreuz, das ganz vorn rechts mit der ersten Bankreihe
verankert war, aufmerksam. Selbst der naturalistisch dargestellte, hölzerne Gekreuzigte
konnte meine ignoranten Schüler nicht in seinen Bann ziehen. Gelangweilt durchkreuzten
sie das herrliche, barocke Gotteshaus.
In der sakralen
Stätte ging dann urplötzlich der Punk ab, die Schüler entdeckten das ›Skelett im
Aquarium‹. Die angeblichen Gebeine der Schwester Columba waren im gläsernen Sarkophag
ausgestellt. Brav lag sie in ihrem durchsichtigen Sarg unter dem linken Seitenaltar,
gewandet in ein rot-silbernes Kleid, das mit bunten Steinen besetzt war. In der
linken Hand hielt sie links neben ihrem Schoß ein güldenes Zweiglein. Die rechte,
mit unzähligen Ringen versehene Skeletthand, hielt im Schoß den Stängel des Gewächses.
Die Beine waren vom prächtigen Gewand bedeckt. Die Füße steckten in zierlichen,
weißen Schuhen, die mit einem Kreuz aus edlen Steinen verziert waren, vertikal bernsteinfarben-perlmuttartig
im Wechsel. Der Querbalken wurde von blauen Steinen geformt. Der grinsende Totenschädel
war mit einem transparenten Gazestoff überzogen. Das erschreckende Arrangement wurde
von einem auffallenden Kopfschmuck gekrönt. Goldglänzende Zweige vor steinbesetzten
Zacken formten eine herrliche Krone auf der toten Stirn. Auf einmal waren da sehr
viele Fragen, vor allem die Echtheit der Gebeine betreffend, und unsere Führerin
Schwester Tacite antwortete sehr gründlich. Als wir die barocke Kirche endlich wieder
verließen, war es dunkel, und der Wind hatte so viel Schnee hergeweht, dass nicht
daran zu denken war, den Heimweg mit der Schülergruppe anzutreten. Außerdem waren
Herbie und Herr Finsterle immer noch nicht zu uns gestoßen. Vermutlich saßen sie
am gemütlichen, knisternden Kaminfeuer in ihren langen Feinripp-Unterhosen mit Eingriff
unter freundlichen, aber gottesfürchtigen Schwestern, die andächtig unter Absingen
moderner christlicher Lieder – in der Nachfolge von Soeur Sourir, der Schwester
des Lächelns: Dominique, nique, nique, s’en allait tout simplement , und so
weiter – Klöppelarbeiten nachgingen mit christlichen Motiven wie die Dürerschen
Betenden Hände, Jesus geht über das Wasser und ertrinkt nicht, Die Gottesmutter
Maria fährt in den Himmel auf und stürzt nicht ab.
12
Durstlöscher
Wir bringen
gläubig Brot und Wein
Wir bringen
gläubig Brot und Wein, nimm
die Gaben
an!
Lass sie
ein Friedenszeichen sein, nimm die
Gaben an!
Kein Mensch
lebt ja vom Brot allein,
gib uns
Frieden, nimm die Gaben an!
Gekeltert
muss die Traube sein,
damit sie
aufersteht im Wein.
So nimm
uns selbst mit Brot und Wein,
lass uns
einander fruchtbar sein.
Komponist:
Josef Knapp (*1921)
Franz Joachim Finsterle, genannt
Jesus, war mit der Apfelsaftschorle zum improvisierten klösterlichen Not-Abendessen
und einer geliehenen dunkelblauen Trainingshose zwar zufrieden, aber nicht gänzlich.
Zu seinem kleinen Glück fehlte noch ein Gläschen Weißwein. So beschloss er, sich
und seinen Schülern etwas Gutes zu tun, und zog einfach los. In einem Kloster musste
es einen Weinkeller geben. Das hatte die Nonne
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