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Nonstop in die Raketenfalle

Nonstop in die Raketenfalle

Titel: Nonstop in die Raketenfalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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die Knete gefunden. Und die steckt ja auch
regengeschützt unter meiner Nixnasstex-Jacke. Amigos, wir haben es vergeigt.
Der Täter wird sich hüten, jetzt noch mal beim Versteck anzueiern — zumal er
sich ja denken kann, dass dort nun eine Falle entsteht, nämlich polizeiliche
Observierung.«
    »Ich könnte mir in die
Kniescheibe beißen«, fluchte Karl. »Aber der Alte hat mir fast die Regentropfen
vom Ärmel gewischt. Nie war mir ein Opel so nahe.«
    »Dich trifft keine Schuld«,
bestätigte Klößchen. »Zwischen dich und den Wagen hätte keine Schokotafel
gepasst. Nicht mal die hauchzart-extra-dünne für einen Euro. Und der Schreck
dieser Todesnähe bläst den besten Biker aus dem Sattel.«
    »Falle Adieu!«, murmelte Tim.
    »Trotzdem, Häuptling«, sagte
Gaby, »hast du Kommissar Sondermann in den Schatten gestellt.«
    Tim wollte das Lob abschwächen,
wurde aber abgelenkt. Sein Handy meldete sich. Erfreut hörte er Indiras Stimme.
    »Tim, bei mir hat sich etwas
geändert, zeitlich. Ich fliege nun doch schon heute in meine Heimat, um den
Transport der Kunstschätze zu überwachen. Ich fliege am späten Abend. Dr.
Artfeyn kommt nach und am Freitag oder Samstag werden wir wieder hier sein mit
all den Herrlichkeiten. Zunächst mal fehlt mir dann die Zeit für alles andere.
Deshalb dachte ich, wir machen das Interview noch rasch vorher.«
    »Super!«, rief Tim. »Einen
Chilànum fürs Foto haben wir bereits. Wann sollen wir kommen?«
    »Geht’s gleich?«
    »So gut wie. Vorher müssen wir
nur noch kurz zum Präsidium, und Karl muss unser Tonbandgerät von zu Hause
holen, aber dann stehen wir bei dir auf der Matte.«

15. Warum
die Dolchschmiede ausstarben
     
    Wieder duftete Indiras
Reihenhaus nach indischem Tee und TKKG labten sich. Karl hatte das Tonbandgerät
eingeschaltet. Zu fünft saßen sie um den Tisch.
    Indira stellte ihre Tasse ab.
»Vielleicht ist es zweckmäßig, wenn ich referiere (vortrage). Falls ihr
dann noch Fragen habt, umso besser.«
    »Wir hängen dir an den Lippen«,
meinte Klößchen. »Ich meine, mit den Ohren. Nein, also... wir werden andächtig
lauschen.«
    »Er meint das Richtige«, sagte
Gaby.
    »Ich hab’s auch verstanden«,
lächelte Indira. »Also gehen wir in medias res (zum Wichtigen). Edle
Dolche, so hatte man seit Jahrtausenden geglaubt, werde es immer geben. Ein
Irrtum! Aus dem Alltag der Welt sind die Dolche verschwunden. Der Türke legte
Fes ( Filzkappe) und Bauchbinde ab und auch seine Dolche, Yatagan oder
Handschar. In Persien wurde der Jambiya durch die Maschinenpistole ersetzt. In
meinem Heimatland, in Indien, ging man früher mit dem Katar, dem Stoßdolch, auf
Tigerjagd. Heute hat der Jäger ein großkalibriges Gewehr. Vorbei auch die Zeit
der mit Silberdraht belegten Khanjars, der Krummdolche. Es gab keine Verwendung
mehr in der Moderne. Und inzwischen sind auch die Handwerker verschwunden.
Dafür ist die Gründung des Staates Israel verantwortlich zu machen. Und das
verhält sich so: Ein schöner Dolch ist fast immer das Werk mehrerer
Spezialisten. Und diese Fachleute sind oft Fremdlinge im Land: eine Kaste ( Gesellschaftsschicht) oder eine religiöse Minderheit. Die Dolchschmiede wurden überall abergläubisch
gefürchtet und auch verachtet. Sie waren ausgegrenzt. Zum Beispiel waren die
besten Gold- und Silberschmiede auf der arabischen Halbinsel keine Muslims,
sondern Angehörige jüdischer Stämme. Zu den berühmtesten gehören die Jemeniten.
Sie schufen die schönsten Stichwaffen überhaupt. Nach der Gründung des Staates
Israel sind alle diese Handwerker dorthin ausgewandert, um endlich eine
wirkliche Heimat zu haben. Die Ghettos in anderen Ländern, wo sie vormals
gelebt hatten, waren leer. In Israel aber wurden Dolche nicht gebraucht. Sie
gehörten auch nicht zur Tradition des Mannes. Und damit begann das Handwerk
auszusterben. Inzwischen sind die Spezialisten nur noch Geschichte.«
    Indira machte eine Pause.
    »Hochinteressant«, sagte Tim.
»Der Dolch ist also ein Überbleibsel alter Zeit. Es gibt keinen Nachschub. Das
macht ihn selten. Und damit kostbar.«
    Die Inderin nickte. »Die Dolche
werden immer kostbarer. In meinem Land gab es verschiedene Formen. Der Kharoll
hat eine gerade Klinge, beim Khanjar ist sie leicht geschwungen, beim Jambiya
noch krummer. Der Katar hat eine dicke, verstärkte Stoßklinge und einen
Doppelbügelgriff. Eine gefährliche Waffe. Trotzdem — sich damit dem Königstiger
zu stellen, das war Mannesmut. Die künstlerisch schönsten

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