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Nora Morgenroth: Der Hüter

Nora Morgenroth: Der Hüter

Titel: Nora Morgenroth: Der Hüter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Michelsen
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hinüber ins Bad und drückte die letzten drei Pillen aus der Packung ins Waschbecken. Auf dem Weg zurück ins Schlafzimmer streifte ich mein Shirt über den Kopf und trat ans Bett.
    « Dann mal los», sagte Oliver und grinste noch, als meine Lippen auf seine trafen.
     
    Später aßen wir noch den Wildreis mit Seezunge in Orangensauce, die Oliver am Nachmittag vorbereitet hatte. Wir prosteten uns mit einem vorzüglichen Grauburgunder zu, von dem Oliver jedoch nur kostete, da er ja noch fahren und arbeiten musste.
    Beim Essen kam ich endlich dazu, nach dem neuen Fall zu fragen, den sie bearbeiteten.
    «Darfst du darüber sprechen?»
    « Naja, du weißt ja, wie das ist. Keine Details. Aber soviel kann ich dir sagen: Wir versuchen herauszufinden, ob es zwischen dem Verschwinden mehrerer Frauen im Großraum Vallau einen Zusammenhang gibt.»
    Ich nahm einen Schluck von dem Wein und dachte nach.
    « Davon hast du doch vor ein paar Monaten schon mal erzählt, war das nicht so?»
    Oliver nickte.
    «Ja, das stimmt. Aber es gab dann nichts, was wirklich darauf hindeuten würde. Du weißt ja, wenn ein Erwachsener verschwindet und es keinen Anhaltspunkt für ein Verbrechen gibt, dann können wir eine Suchmeldung herausgeben, aber viel mehr auch nicht. Es kann ja durchaus sein, dass die vermisste Person aus freien Stücken verschwunden ist. Es ist ja nicht verboten, sich aus dem Staub zu machen. Aber in diesem Fall haben wir das Fahrrad gefunden, mit dem diese Frau zuletzt unterwegs gewesen sein soll.»
    «Und, was denkst du?»
    «Nun, das Rad lag an der Bundesstraße im Graben. Neben dem Radweg. Das ist kaum der Ort, wo man seinen Drahtesel abstellt, wenn man verreisen will. Außerdem hatte die Frau keinen Koffer dabei, keinen Pass, nur eine Handtasche. Vor allem: die Frau hat drei Kinder. Da geht man doch nicht einfach so, oder?»
    Ich nahm einen Schluck Wein und schüttelte nachdenklich den Kopf.
    «Nein. Wohl nicht. Naja, man weiß ja nie, es könnte auch eine falsche Spur sein, die sie gelegt hat. Aber du hast Recht. Wenn sie Kinder hat, klingt das ziemlich unwahrscheinlich. Und nun?»
    « Tja, die haben uns jetzt dieses Team aus Berlin zugeteilt. Die untersuchen die Vermisstenfälle der letzten Jahre, stellen alles auf den Kopf. Wir müssen unsere Akten neu durchgehen, von vorne bis hinten, eine nach der anderen.“
    « Und, was meinst du? Werden die etwas finden?»
    « Ich habe keine Ahnung, ehrlich. Ich weiß nicht einmal, was ich hoffen soll. Angenommen, die stellen fest, dass hier in unserer Gegend so etwas wie ein Serientäter unterwegs ist. Das wäre schrecklich! Andererseits könnte man dann wenigstens ermitteln. Aber wenn nicht – dann haben wir weiterhin nichts, um den Vermissten auf die Spur zu kommen. Die sind wie vom Erdboden verschluckt.»
    « Handelt es sich denn nur um Frauen?»
    « Nein, da sind auch Männer dabei. Überhaupt gibt es keine Gemeinsamkeiten, jedenfalls haben wir bisher keine erkennen können. Aber es muss ja auch nicht sein, dass alle Fälle miteinander zu tun haben. Vielleicht hängen ja nur ein paar von denen zusammen. Das kann auch mal Zufall sein, so eine Häufung, das kommt immer mal vor, überall. Nur welche das sein könnten, die eventuell zusammenhängen, das wissen wir nicht. Ganz schön verzwickt, die Sache. Jedenfalls müssen wir uns nachher noch einmal mit dem Team zusammensetzen. Kommst du denn klar hier?»
    Ich war angenehm beduselt von dem Wein und fühlte mich gut. Wo lag überhaupt das Problem? Ich wohnte in einem wundervollen Haus, liebte einen wundervollen Mann, der mich wundervollerweise ebenfalls liebte und in hoffentlich sehr naher Zukunft würden wir gemeinsam ein wundervolles Kind haben. Alles war wundervoll!
    « Kein Problem, ich bin ja schon groß!», sagte ich und kicherte.
    « Du bist vor allem ein bisschen betrunken, meine Liebe», sagte Oliver und schenkte mir noch einen kleinen Schluck ins Glas. Dann betrachtete er zweifelnd die fast leere Flasche.
    « Hilfe, ich heirate eine Schnapsdrossel!»
    « Damit ist ab sofort Schluss, versprochen. Ab morgen nur noch warme Milch mit Honig», gelobte ich und unterdrückte ein dezentes Rülpsen.
    Oliver sah auf die Uhr.
    «Verdammter Mist, gleich neun. Kann ich dich mit dem Aufräumen allein lassen? Ich muss wirklich los, die warten alle auf mich.»
    « Ja, sieh mal zu, dass du loskommst. Ich mache das schon. Und danke für das schöne Essen. Du bist der Beste!»

VIER
     
    Es dauerte dann aber doch noch mehrere Tage, bis

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